Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
Vom Netzwerk:
können nicht hinein, weil Mrs. Leibowitz schon drin ist und summt und singt. Sie sagt, wartet, Kinderlach, wartet, Darlinks, nur noch anderthalb Sekunden. Malachy klatscht in die Hände und tanzt und singt, wartet Kinderlach wartet Darlinks. Mrs. Leibowitz macht die Klotür auf. Seht ihn an. Schojn itzt a kleiner Versteller. So, Kinder, wie geht’s eurer Mutter?
    Sie ist im Bett, Mrs. Leibowitz. Der Doktor hat Margaret mitgenommen, und mein Vater ist Zigaretten holen gegangen.
    Ach, Frankie, Frankie. Ich hab doch gesagt, das Kind ist krank.
    Malachy hält es nicht mehr aus. Muß mal klein, muß mal klein.
    Nu, so pisch doch. Ihr Jingalach pischt, und dann werden wir sehen nach eurer Mutter.
    Nachdem wir gepischt haben, kommt Mrs. Leibowitz, um nach Mam zu sehen. Oh, Mrs. McCourt. Oy wäj, Darlink. Seht euch das an. Seht euch an diese Zwillinge. Nackt. Mrs. McCourt, was ist denn los, nu? Das Baby, ist es krank? Reden Sie mit mir. Arme Frau. Hier, drehnse sach um, Missis. Oy, asuj a Schlimasl. Reden Sie mit mir, Mrs. McCourt.
    Sie hilft meiner Mutter, daß sie sich aufsetzt und gegen die Wand lehnen kann. Mam wirkt viel kleiner als sonst. Mrs. Leibowitz sagt, sie wird etwas Suppe bringen, und mir sagt sie, ich
soll Wasser holen, um meiner Mutter das Gesicht zu waschen. Ich tunke ein Handtuch in kaltes Wasser und betupfe ihr die Stirn. Sie preßt meine Hand gegen ihre Wangen, mal die eine, mal die andere. O Jesus, Frankie. O Jesus. Sie läßt meine Hand nicht wieder los, und ich habe Angst, weil ich sie noch nie so gesehen habe. Sie sagt nur Frankie, weil sie gerade meine Hand hält, aber in Gedanken ist sie bei Margaret und nicht bei mir. Deine wunderschöne kleine Schwester ist tot, Frankie. Tot. Und wo ist dein Vater? Sie läßt meine Hand fallen. Wo ist dein Vater? habe ich gesagt. Säuft. Da ist er nämlich. Kein Penny ist im Haus. Er kriegt keine Arbeit, aber er findet Geld für Getränke, Geld für Getränke, Geld für Getränke. Sie bäumt sich auf, knallt den Kopf gegen die Wand und schreit, wo ist sie? Wo ist sie? Wo ist mein kleines Mädchen? O Jesus, Maria und Joseph, steht mir bei in dieser Nacht, sonst werd ich noch ganz verrückt.
    Mrs. Leibowitz kommt hereingerauscht. Missis, Missis, was ist denn? Das kleine Mäjdelach? Wo ist es?
    Wieder schreit meine Mutter, tot, Mrs. Leibowitz. Tot. Ihr Kopf sinkt vornüber, und sie wiegt sich auf und ab. Mitten in der Nacht, Mrs. Leibowitz. In ihrem Kinderwagen. Ich hätte auf sie aufpassen sollen. Sieben Wochen waren ihr vergönnt auf dieser Welt, dann stirbt sie mitten in
der Nacht, allein, Mrs. Leibowitz, ganz allein in diesem Kinderwagen.
    Mrs. Leibowitz hält meine Mutter in den Armen. Nu scha, nu scha. So gehen Babys eben. Es geschieht, Missis. Gott nimmt sie.
    Im Kinderwagen, Mrs. Leibowitz. Ganz nah an meinem Bett. Ich hätte sie nehmen können, und sie hätte nicht sterben müssen, stimmt’s? Gott will keine kleinen Babys. Was soll Gott denn mit kleinen Babys anfangen?
    Ich weiß es nicht, Missis. Ich weiß nichts von Gott. Nehmen Sie Suppe. Gute Suppe. Wird Sie machen stark. Ihr, Jingalach! Holt euch tiefe Teller. Ich geb euch Suppe.
    Was sind tiefe Teller, Mrs. Leibowitz?
    O Frankie! Du kennst keinen tiefen Teller? Für die Suppe, Darlink! Ihr habt keinen tiefen Teller? Dann hoi Tassen für die Suppe. Ich hab gemischte Erbsen- und Linsensuppe. Ohne Schinken. Iren mögen den Schinken. Kein Schinken, Frankie. Trinken Sie, Missis. Trinken Sie Ihre Suppe.
    Sie löffelt meiner Mutter die Suppe in den Mund, wischt ihr das Gekleckerte vom Kinn. Malachy und ich sitzen auf dem Boden und trinken aus den großen Teetassen. Wir löffeln den Zwillingen die Suppe in den Mund. Sie ist wunderbar und heiß und schmeckt nach was. Meine Mutter macht nie solche Suppe, und ich frage mich, ob Mrs. Leibowitz je meine Mutter werden könnte.
Dafür könnte dann Freddie meine Mutter und meinen Vater kriegen, und Malachy und die Zwillinge könnte er zu Brüdern haben. Margaret kann er nicht mehr haben, denn die ist wie der Hund auf der Straße, den sie weggeschafft haben. Ich weiß nicht, warum sie weggeschafft wurde. Meine Mutter hat gesagt, sie ist in ihrem Kinderwagen gestorben, und das ist wohl so, als würde man vom Auto überfahren, denn hinterher schaffen sie einen weg.
    Ich wünsche mir, daß Margaret wieder da ist, wegen der Suppe. Ich könnte sie mit einem Löffel füttern, so wie Mrs. Leibowitz meine Mutter füttert, und sie würde glucksen und lachen wie bei Dad. Sie

Weitere Kostenlose Bücher