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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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wünscht – den Engel auf der siebten Stufe.
    Malachy will wissen, wie man vom Engel auf der siebten Stufe einen neuen Bruder kriegen kann, wenn man in einem Haus ohne Treppe wohnt, und Dad sagt ihm, wer zu viele Fragen stellt, ist eine Heimsuchung.
    Malachy will wissen, was eine Heimsuchung ist.
    Heimsuchung. Ich will auch wissen, was das Wort bedeutet.
    Aber Dad sagt, och, Kind, die ganze Welt ist eine Heimsuchung und alles, was auf ihr drauf ist, setzt seine Mütze auf und geht ins Bedford Row Hospital, um Mam und Michael zu besuchen. Sie ist im Krankenhaus mit ihren Rückenschmerzen, und sie hat das Baby bei sich, um sicherzugehen, daß es gesund war, als es auf der siebten Stufe hinterlassen wurde. Ich verstehe das nicht, denn ich bin sicher, daß Engel nie ein krankes Baby auf der siebten Stufe liegen lassen würden. Es hat keinen Sinn, Dad oder Mam danach zu fragen. Sie sagen, du wirst schon genauso schlimm wie dein Bruder mit deinen ewigen Fragen. Geh spielen.
    Ich weiß, daß die Großen Fragen von Kindern nicht mögen. Sie können soviel fragen, wie sie wollen, wie war’s in der Schule? Bist du ein artiger Junge gewesen? Hast du gebetet? aber wenn
man sie fragt, ob sie gebetet haben, hauen sie einem vielleicht auf den Kopf.
    Dad bringt Mam mit dem neuen Baby nach Hause, und sie muß mit ihren Rückenschmerzen ein paar Tage im Bett bleiben. Sie sagt, dies Baby sieht seiner verstorbenen Schwester ähnlich wie gespuckt, mit seinen gewellten schwarzen Haaren, seinen schönen blauen Augen und den sagenhaften Augenbrauen. Das sagt Mam.
    Ich will wissen, ob das Baby spuckt oder ähnlich spuckt. Außerdem will ich wissen, welches die siebte Stufe ist, denn unsere Treppe hat neun Stufen, und ich wüßte gern, ob man von oben oder von unten zählt. Diese Frage beantwortet Dad gern. Engel kommen immer von oben herab, sagt er, und nicht von unten herauf, aus Küchen, die von Oktober bis April Seen sind.
    Also finde ich die siebte Stufe, indem ich von oben aus zähle.
     
     
    Das Baby Michael hat eine Erkältung. Sein Kopf ist verstopft, und er kann kaum atmen. Mam macht sich Sorgen, weil Sonntag ist und die Armenapotheke geschlossen hat. Wenn man dahin geht, wo der Arzt wohnt, und das Dienstmädchen sieht, daß man den unteren Schichten angehört, sagt sie einem, man soll zur Armenapotheke gehen, wo man hingehört. Wenn man ihr sagt, das
Kind stirbt in meinen Armen, sagt sie, der Doktor ist auf dem Land und reitet auf seinem Pferd.
    Mam weint,weil das Baby verzweifelt versucht, durch den Mund Luft zu kriegen. Sie versucht, ihm die Nasenlöcher mit etwas zusammengerolltem Papier freizumachen, aber sie hat Angst, sie schiebt das Papier zu weit rauf. Dad sagt, das ist doch nicht nötig. Man soll Kindern keine Sachen in den Kopf stopfen. Es sieht aus, als wollte er das Baby küssen. Statt dessen hat er den Mund auf die kleine Nase gedrückt, und er saugt, saugt, saugt Michael das schlimme Zeug aus dem Kopf. Er spuckt es ins Feuer, Michael stößt einen lauten Schrei aus, und man kann sehen, wie er die Luft einzieht, tief in seinen Kopf hinein, und er strampelt und lacht. Mam sieht Dad an, als wäre er gerade eben vom Himmel herabgestiegen, und Dad sagt, das haben wir in Antrim schon immer so gemacht, lange bevor es Ärzte gab, die auf ihrem Pferd ritten.
     
     
    Michael berechtigt uns zu ein paar Shilling Stempelgeld extra, aber Mam sagt, das genügt nicht, und jetzt muß sie wieder wegen Nahrungsmitteln zur Gesellschaft vom Hl. Vincent de Paul. Eines Abends klopft jemand an die Tür, und Mam schickt mich nach unten, damit ich nachsehe, wer es ist. Da stehen zwei Männer von der Gesellschaft
vom Hl. Vincent de Paul, und sie wollen meine Mutter und meinen Vater sprechen. Ich sage ihnen, meine Eltern sind oben in Italien, und sie sagen, was?
    Oben, wo es trocken ist. Ich werd ihnen Bescheid sagen.
    Sie wollen wissen, was das für ein kleiner Verschlag neben der Haustür ist. Ich sage ihnen, das ist das Klo. Sie wollen wissen, warum es nicht hinterm Haus steht, und ich sage ihnen, es ist das Klo für die ganze Gasse, und Gott sei Dank steht es nicht hinterm Haus, das würde uns gar nicht passen, wenn die Leute mit ihren Eimern durch unsere Küche latschen, denn von manchen Eimern kann einem richtig schlecht werden.
    Sie sagen, bist du sicher, daß es nur ein Klo für die ganze Gasse gibt?
    Ja.
    Sie sagen, heilige Muttergottes.
    Mam ruft von Italien herunter. Wer ist denn da unten?
    Die Männer.
    Was für Männer?
    Vom

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