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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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sie den Shannon hinab- und weit hinaus ins offene Meer trieben.

    Am nächsten Freitag sieht Declan Collopy von der Bruderschaft mich auf der Straße mit meinem Onkel Pat Sheehan beim Zeitungsaustragen. He, Frankie McCourt, was machst du da mit Abt Sheehan?
    Er ist mein Onkel.
    Du solltest bei der Bruderschaft sein.
    Ich arbeite, Declan.
    Du sollst nicht arbeiten. Du bist noch nicht mal zehn, und du machst die hundertprozentige Anwesenheit in unserer Sektion kaputt. Wenn du nächsten Freitag nicht da bist, kriegst du von mir ordentlich eins in die Fresse, verstanden?
    Onkel Pat sagt, geh weg, geh weg, sonst latsch ich über dich drüber.
    Seien Sie bloß still, Herr Blöd, der auf den Kopf gefallen ist. Er schubst Onkel Pat an der Schulter und haut ihn gegen die Mauer. Ich lasse die Zeitungen fallen und renne auf ihn los, aber er tritt beiseite, haut mir gegen den Nakken, und meine Stirn wird gegen die Mauer gerammt, und das bringt mich so in Wut, daß ich ihn nicht mehr sehen kann. Ich gehe mit Armen und Beinen auf ihn los, und wenn ich ihm mit den Zähnen das Gesicht zerfetzen könnte, würde ich das tun, aber er hat lange Arme wie ein Gorilla, und er schubst mich immer einfach weg, so daß ich ihn nicht berühren kann. Er sagt, du Schwachkopf, du Scheißkerl, du Irrer, in der
Bruderschaft mach ich dich fertig, und er läuft weg.
    Onkel Pat sagt, du sollst dich doch nicht so prügeln, und du hast alle meine Zeitungen fallen gelassen, und jetzt sind ein paar naß, und wie soll ich denn nasse Zeitungen verkaufen, und da will ich mich auch noch auf ihn stürzen, weil er von Zeitungen spricht, nachdem ich Declan Collopy die Stirn geboten habe.
    Am Ende des Abends gibt er mir drei Fritten aus seiner Tüte und Sixpence anstatt drei. Er beschwert sich, das ist zuviel Geld, und das ist alles die Schuld meiner Mutter, weil sie Oma in den Ohren gelegen hat, daß er mir so wenig zahlt.
    Mam ist entzückt, weil ich freitags von Onkel Pat Sixpence kriege und samstags Sixpence von Mr. Timoney. Ein Shilling pro Woche ist ein ziemlicher Unterschied, und sie gibt mir zwei Pence, damit ich mir im Lyric Sackgasse mit Humphrey Bogart ansehen kann, wenn ich mit Vorlesen fertig bin.
    Am nächsten Morgen sagt Mr. Timoney, warte, bis wir zu Gulliver kommen, Franziskus. Dann merkst du, daß Jonathan Swift der größte irische Schriftsteller ist, der je gelebt hat, nein, der Größte überhaupt, der je Pergament mit seiner Feder berührt hat. Ein Riese von einem Mann, Franziskus. Er lacht durch den gesamten Bescheidenen Vorschlag hindurch, und ich frage mich, was es
da zu lachen gibt, wenn es ausschließlich um das Kochen irischer Babys geht. Er sagt, wenn du größer bist, lachst du auch, Franziskus.
    Man soll ja nicht frech antworten, wenn Erwachsene etwas sagen, aber Mr. Timoney ist anders, und ihm macht es nichts aus, wenn ich sage, Mr. Timoney, das sagen uns die Großen immer. Wenn du größer bist, lachst du auch. Das verstehst du, wenn du mal größer bist. Alles kommt erst, wenn man größer ist.
    Er brüllt dermaßen vor Lachen, daß ich denke, gleich bricht er zusammen. Ach Muttergottes, Franziskus. Du bist ein Goldschatz. Was ist eigentlich mit dir? Hast du eine Biene im Arsch? Sag mir, was dich bedrückt.
    Nichts, Mr. Timoney.
    Ich glaube, du machst ein langes Gesicht, Franziskus, und ich wünschte, ich könnte es sehen. Geh hinüber zu dem Spieglein an der Wand, Schneewittchen, und sag mir, ob dein Gesicht lang ist. Na, laß nur. Sag mir, was los ist.
    Gestern abend hat mich Declan Collopy gesehen, und ich hatte eine Schlägerei.
    Ich muß ihm von der Bruderschaft berichten und von Declan und von meinem Onkel Pat Sheehan, der auf den Kopf gefallen ist, und dann sagt er mir, er kennt meinen Onkel Pa Keating, der im Krieg Gas abgekriegt hat und im Gaswerk arbeitet. Er sagt, Pa Keating ist ein Juwel von einem
Mann. Und ich werd dir sagen, was ich tu, Franziskus. Ich werde mit Pa Keating reden, und dann gehen wir zu den Katholen von der Bruderschaft. Ich persönlich bin ja Buddhist und verabscheue körperliche Gewalt, aber manchmal ist der alte Adam stärker. Sie werden sich nicht an meinem kleinen Vorleser vergreifen, o nein, bei Jesus, die nicht.
    Mr. Timoney ist ein alter Mann, aber er spricht wie ein Freund, und ich kann sagen, was ich meine. Dad würde nie so mit mir reden wie Mr. Timoney. Er würde sagen, och, aye, und dann würde er lange spazierengehen.
    Onkel Pat Sheehan sagt Oma, er will nicht mehr, daß ich ihm helfe,

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