Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Zeitungen auszutragen, er kann einen anderen Jungen viel billiger kriegen, und er findet, ich muß ihm von meinen Samstagvormittagssixpence was abgeben, weil ich ohne ihn nie den Vorlesejob gekriegt hätte.
Eine Frau, die im Haus neben Mr. Timoney wohnt, sagt mir, ich verschwende nur meine Zeit, wenn ich an die Tür klopfe, Macushla hat den Briefträger, den Milchmann und eine Nonne, die gerade des Weges kam, gebissen, alles am selben Tag, und Mr. Timoney konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen, aber als sie kamen und den Hund abholten, um ihn einzuschläfern, hat er geweint. Man kann nach Belieben Briefträger und Milchmänner beißen, aber der Fall mit der des
Weges kommenden Nonne geht bis ganz nach oben zum Bischof, und er unternimmt Schritte, besonders wenn der Eigentümer des Hundes als Buddhist bekannt ist und eine Gefahr für die guten Katholiken ringsum darstellt. Dies wurde Mr. Timoney gesagt, und er hat so heftig geweint und gelacht, daß der Doktor kam und gesagt hat, er sei für immer hinüber, also haben sie ihn ins Städtische Heim gekarrt, wo sie alte Leute verwahren, die hilflos oder verrückt sind.
Das ist das Ende meiner Samstagssixpence, aber ich werde Mr. Timoney vorlesen, ob ich Geld dafür kriege oder nicht. Ich warte unten auf der Straße, bis die Frau von nebenan reingeht, ich klettere bei Mr. Timoney zum Fenster hinein, hole mir Gullivers Reisen und gehe meilenweit bis zum Städtischen Heim, damit er seine Vorlesestunde nicht verpaßt. Der Mann am Tor sagt, was? Du willst reinkommen und einem alten Mann vorlesen? Willst du mich vergackeiern? Hau ab, bevor ich die Wärter rufe.
Könnte ich das Buch vielleicht für jemanden hierlassen, der es dann Mr. Timoney vorliest?
Laß es hier. Laß es hier und laß mich um Jesu willen zufrieden. Ich werd’s ihm hochschicken.
Und er lacht.
Mam sagt, was ist denn los mit dir? Warum bläst du Trübsal? Und ich sage ihr, wie Onkel Pat mich nicht mehr will und wie sie Mr. Timoney
wegen Lachens ins Städtische Heim geschafft haben, nur weil Macushla den Briefträger, den Milchmann und eine des Weges kommende Nonne gebissen hat. Da lacht sie auch, und ich bin sicher, daß die Welt verrückt geworden ist. Sie sagt, ach, tut mir leid, wie schade, daß du gleich zwei Jobs verloren hast. Da kannst du auch wieder zur Bruderschaft gehen, dann haben wir nicht das Aufgebot oder, noch schlimmer, den Direktor, Pater Gorey, am Hals.
Declan sagt mir, ich soll direkt vor ihm sitzen, und wenn ich irgendwas Niederträchtiges mache, bricht er mir den Scheißhals, denn solange er Präfekt ist, wird er mich im Auge behalten, und kein kleiner Scheißer wie ich wird ihn um sein Leben im Linoleum prellen.
Mam sagt, das Treppensteigen macht ihr Mühe, und sie zieht mit ihrem Bett in die Küche. Sie lacht, ich komm zurück nach Sorrent, wenn die Wände feucht sind und der Regen unter der Tür reinschwappt. Die Schule ist aus, und sie kann so lange im Bett in der Küche bleiben, wie sie will, weil sie nicht für uns aufstehen muß. Dad macht Feuer an, kocht den Tee, schneidet das Brot, paßt auf, daß wir uns das Gesicht waschen, und sagt uns, wir sollen spielen gehen. Er läßt uns auch im Bett bleiben, wenn wir wollen, aber man will doch nicht im Bett bleiben, wenn keine Schule ist. Sobald wir aufwachen,
sind wir bereit, auf die Gasse zu rennen und zu spielen.
Dann sagt er eines Tages im Juli, wir dürfen nicht runterkommen. Wir müssen hier oben bleiben und spielen.
Warum, Dad?
Darum. Spiel jetzt hier oben mit Malachy und Michael, und später könnt ihr runterkommen, wenn ich es euch sage.
Er stellt sich an die Tür, falls es uns einfallen sollte, treppab zu wandern. Wir heben unsere Decke mit den Füßen hoch in die Luft und tun, als wären wir in einem Zelt, Robin Hood und seine muntere Schar. Wir jagen Flöhe und zerquetschen sie zwischen den Daumennägeln.
Dann hört man den Schrei eines Babys, und Malachy sagt, Dad, hat Mam ein neues Baby gekriegt?
Och, aye, mein Sohn.
Ich bin älter, also sage ich Malachy, das Bett steht in der Küche, damit der Engel hinunterfliegen und das Baby auf der siebten Stufe lassen kann, aber Malachy versteht nichts, weil er erst acht ist und neun wird und ich nächsten Monat schon zehn werde.
Mam ist mit dem neuen Baby im Bett. Es hat ein großes, dickes Gesicht und ist überall rot. In der Küche ist eine Frau in Schwesterntracht, und wir wissen, daß sie da ist, um das Baby zu waschen,
weil Babys von der langen Reise mit dem
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