Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)
falsche Eindruck entstanden, Manager und Reiche seinen identisch, als sei Josef Ackermann der Klassensprecher der gesamten Oberklasse. Tatsächlich sind aber nur fünf Prozent der HNWI s Angestellte eines Unternehmens, wozu auch Vorstände börsennotierter Unternehmen zählen. 19 Manager sind nur eine Randgruppe im Club der richtig Reichen.
Deren Vergütungen sind in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch schneller gewachsen als die der Arbeitnehmer. 1987, bei Einführung des DAX , waren die Bezüge der DAX -Vorstände etwa 14 Mal so hoch wie der Durchschnittslohn in den DAX -Unternehmen. 2007 gönnten sich die Vorstände im Schnitt 51 Mal so viel wie ihren Mitarbeitern. In nur 20 Jahren hat sich der Abstand also mehr als versechsfacht. 20
Etliche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren den Corporate Governance Kodex eingeführt und veröffentlichen die Vorstandsbezüge auf die Person bezogen. Allgemein wurde erwartet, dass die Transparenz das ungezügelte Wachstum bei den Managergehältern dämpfen würde. Das Gegenteil ist geschehen. Seitdem die Vorstände wissen, wie viel die Konkurrenz einstreicht, mag sich keiner mit dem Statusverlust eines unterdurchschnittlichen Gehalts abfinden. Die Transparenz hat die Gier gesteigert.
Dabei wird eine entscheidende Veränderung deutlich: Das Gehalt des Generaldirektors stand noch in Bezug zu dem des technischen Direktors, welches wiederum einen Bezug zu den Einkommen der Abteilungsleiter hatte. Die Rechtfertigungsrichtung der Managerbezüge war über viele Jahrzehnte vertikal und reichte hinunter bis zu den Arbeitern. Heute werden Managergehälter horizontal gerechtfertigt. Vorstandsvorsitzende vergleichen sich ausschließlich mit Vorstandsvorsitzenden, natürlich global. Der Bezug zu den Löhnen der Mitarbeiter in der Heimat ist Vergangenheit. In ihrer Orientierung auf die Welt sind die Manager typisch für die gesamte Oberschicht insgesamt. »Dort sieht man sich überwiegend als Global Player. Deutschland ist da nicht zentral«, sagt Elitenforscher Hartmann.
Ist die Leistung der Manager tatsächlich sechs Mal schneller gewachsen als die der Beschäftigten? Ihre Bezüge haben sich offensichtlich nicht nur von denen der Arbeitnehmer abgekoppelt, sondern auch von der erbrachten Leistung. Trotzdem: Die angestellten Chefs müssen ihr Einkommen durch Leistung rechtfertigen, sonst suchen die Eigentümer sich jemand anderen. In aller Regel ist Leistung noch immer der Maßstab für die Bezahlung.
Ungleichheit beim Einkommen ist schmerzlich und häufig nicht gerecht, doch sie ist für das Funktionieren der Leistungsgesellschaft unverzichtbar. Der Anreiz, durch höhere Leistung ein höheres Einkommen erzielen zu können, womöglich sogar reich zu werden, ist der Treibstoff der Marktwirtschaft. Und die hat – bei aller berechtigten Kritik – ihren segensreichen Einfluss auf den Wohlstand der Menschen immer wieder eindrucksvoll nachgewiesen. Der britische Wirtschaftswissenschaftler Angus Maddison hat herausgefunden: In den ersten 1800 Jahren nach Christi Geburt hat sich die weltweite Wirtschaftsleistung versiebenfacht. In den 200 Jahren danach hat der Kapitalismus seinen Siegeszug angetreten. Seitdem wuchs die globale Wirtschaftsleistung um das 70fache. 21
Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Politik ist gefesselt von der unwichtigsten Form des Reichtums, die zudem unverzichtbar ist: dem Einkommensreichtum. Das wird schon bei der Sprache deutlich: »Reiche« und »Besserverdienende« sind Begriffe, die synonym verwendet werden. Woher kommt diese Fixierung auf einen Nebenaspekt?
Lohn, Gehalt, Einkommen – das entspricht der Erfahrungswelt der deutschen Mittelschicht. Da kann jeder mitreden. Wie begütert die Begüterten hinter dem Gartenzaun tatsächlich sind, darüber kann sich die Mehrheit der Gesellschaft, die vom Verdienen lebt, kaum noch eine Vorstellung machen. Das Versteckspiel der Oberschicht zeigt Wirkung.
Über das kleine Geld, das Einkommen, wissen die Finanzämter fast alles, weil es versteuert werden muss. Auf die Vermögenssteuer hingegen verzichtet der Fiskus seit 1998. Seitdem erheben staatliche Stellen keine Informationen mehr über die Vermögen in Deutschland. Sie sind auf Daumenpeilungen angewiesen. »Wir bräuchten eigentlich eine Vermögensstatistik. Doch die gibt es nicht«, klagt Markus Grabka vom SOEP . Ansonsten erweisen sich staatliche Stellen in Deutschland als ausgesprochen wissbegierig, nur wenn es um die Vermögen geht, betreiben
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