Die Assistentin
ging vollkommen in dem auf, was er tat, und schien sie gar nicht zu bemerken. Auch das gefiel ihr. Es war cool, wenn ein Mann sich so stark konzentrieren konnte. Sie wünschte nur, dass sie im Mittelpunkt seines Interesses stünde. Oder doch nicht?
Sie schaute ihn an, und ihr Lächeln verschwand. Sie könnte ihm die Schultern massieren, er sah so verspannt aus. Aber sie konnte sich nicht dazu aufraffen. Wie schräg war das denn, dass sie nur daran dachte, wie sie ihm Vergnügen bereiten könnte, obwohl sie bereits spürte, dass er sie höchstwahrscheinlich nur verletzen würde?
Sie war von Männern schon ziemlich übel hereingelegt worden. Ihr letzter Freund hatte ihr sogar mehr als nur das Herz gebrochen. Er hatte den rechtmäßigen Vertrag mit ihr verletzt, um die Gewinne aus seinen Veröffentlichungen nicht mit ihr teilen zu müssen. Und das, obwohl sie die Heldin für seine Comicserie mitentwickelt hatte. Sie hatte nicht genug Geld, um ihn deswegen vor Gericht zu bringen, und auch keine anderen einflussreichen Kontakte. Sie gehörte nirgendwo dazu. Sie war allein, und zwei Jahre später immer noch verbittert.
Männer hatten immer ihr gutmütiges Wesen ausgenutzt, und ein paar andere Dinge dazu. Aber Darwin war irgendwie anders. Sie liebte seine schlaksige Gestalt und seine braunen Augen, die sie an einen Welpen erinnerten. Und diese Spalte in seinem Kinn war total scharf. Aber konnte sie diesem Kerl wirklich vertrauen? Wollte er ihr Herz? Die meisten Männer hatten daran kein Interesse. Sie waren auf verschiedene Körperteile scharf, aber ihr Herz übersahen sie immer.
Sie seufzte. Mit besorgtem Gesicht drehte er sich zu ihr um. “Alles in Ordnung? Es tut mir leid. Manchmal verliere ich mich regelrecht, wenn ich vor dem Computer sitze.”
“Ich weiß”, sagte sie. Er lächelte traurig. Verlier dich in mir, dachte sie. “Es ist schon okay. Ich muss sowieso los.” Sie hörte das Bedauern in ihrer Stimme und gab ihm einen raschen Kuss auf den Nacken. Dann musste sie über sich lachen. Normalerweise schlief sie recht bald mit einem Mann, der ihr gefiel. Bei Darwin konnte sie sich kaum noch daran erinnern, wann sie sich kennengelernt hatten. Es war ewig her, auf einer Comicausstellung, aber bis vor ein paar Monaten waren sie einfach nur Freunde gewesen. Heute Abend hatten sie sich zum ersten Mal geküsst. Dieses Mal wollte sie es ganz langsam angehen lassen, und für ihn schien das auch in Ordnung zu sein.
“Bist du dir sicher?”, fragte er. “Ich brauche nicht mehr lange. Nein, Unsinn, das stimmt nicht. Das kann gut die ganze Nacht dauern. Tut mir leid.”
“Ist schon in Ordnung, wirklich. Ich muss morgen früh aufstehen. Die Zeitarbeitsfirma hat angerufen, sie haben einen Job für mich.” Sie hatte eine Zeitlang als Model gearbeitet, doch im Moment hielt sie sich mit Aushilfsjobs über Wasser. Sie würde auch ein paar Kurse am College belegen, damit sie ihr Leben besser in den Griff bekam.
Darwin sah aus, als wollte er ihre Hand nehmen oder sie aufhalten. “Wann sehe ich dich wieder?”
“Bald”, sagte sie und war entschlossen, möglichst beruhigend zu klingen.
“Wie bald?”
Sie wollte ihn nicht anlügen, aber sie wusste nicht, ob sie ihm trauen konnte. Oder sich selbst. Oder irgendjemandem. Sie war sowieso nicht vollkommen ehrlich zu ihm gewesen. Ihm die wahre Janet zu zeigen, ungeschminkt und mit all ihren Fehlern, war ein zu großes Risiko.
Warum muss das immer alles so kompliziert sein?
Sie nahm seine Hand und spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog. “Schon bald. Du wirst sehen.”
“Hier ist die Mailbox von Happy Carr. Wenn ich bis jetzt noch nicht rangegangen bin, bin ich wahrscheinlich unterwegs, um meinen wunderbaren Mann zu unterstützen, den Kongressabgeordneten Burton Carr. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piep. Danke!”
Burton Carr knallte den Hörer so heftig auf, dass er sich einen Nagel abbrach. An dem Riss sammelte sich etwas Blut, doch der Schmerz war nichts im Vergleich zu seiner ohnmächtigen Wut. Doch als er sich vom Telefon abwandte, die Treppe in seinem Haus im Benedict Canyon herabstieg und in jedem Zimmer das Licht anmachte, füllten sich seine Augen mit Tränen. Er brauchte das Licht, weil er sich in diesem riesigen Haus so furchtbar allein fühlte. Und weil er nicht wusste, was er sonst machen sollte.
Gott, auf wessen Seite stehst du? Wie kannst du zulassen, dass die Bastarde damit durchkommen? Sie haben alles, Geld und Macht. Sie brauchen dich
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