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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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hob einige der flachen Steine hoch, die unterunseren Füßen lagen. Die Schicht darunter war mit dunklem Schlamm bedeckt. Als ich ihn berührte, gerieten die Finger in eine ekelhafte Masse. Ich wollte rasch die Hand zurückziehen, stieß jedoch auf einen runden, harten Gegenstand. Bald darauf holte ich unter den Steinen etwas hervor, was auf den ersten Blick wie ein abgebrochener Ast aussah, genaugenommen aber mit einem Ast nicht viel gemein hatte. Es war ein kurzer, ziemlich dicker Zylinder, der sich in drei dünnere teilte, die sich wiederum mehrfach teilten und so in Bündeln von dünnen, steifen Ruten ausliefen. Das Ganze wog etwa fünfzehn Kilogramm und war ungefähr einen Meter lang. Der dickste Zylinder zeigte an der Grundfläche eine Reihe konzentrischer Ringe, die abwechselnd aus grauem und gelbem Metall bestanden.
    »Es sieht aus wie eine Aluminiumweide«, sagte ich. »Nicht wahr, Professor?«
    Arsenjew betrachtete den Fund sehr aufmerksam, nahm jede Abzweigung einzeln zwischen die Finger und näherte sie, übrigens ohne jedes Resultat, dem Meßgerät. Dann blickte er sich um.
    »Wir werden über die Schlucht fliegen und der Spur des Rohres folgen.«
    »Dieser Magnetit wird verteufelt stören«, wandte ich ein.
    »Das schadet nichts. Das Rohr meldet sich ja von jetzt an selbst.«
    Wir kehrten zum Hubschrauber zurück. Dort blieb Arsenjew stehen, überlegte einen Augenblick und stieg auf einen der Felsblöcke.
    »Wartet, ich muß noch etwas untersuchen.«
    Er schaltete den Apparat ein und umschritt den Landeplatz. »Das Rohr liegt hier dicht an der Oberfläche ... Dieser freie Platz ... Irgend etwas stimmt nicht ... Wenn man nur wüßte, was. Ich verstehe nicht ...«, murmelte er vor sich hin.
    »Professor«, fragte ihn plötzlich Rainer, »was meinen Sie, kann dieser Abgrund dort, über den wir geflogen sind, tatsächlich ein erloschener Vulkan sein?«
    »Nach den Felsen zu urteilen, würde ich auf der Erde antworten: Ausgeschlossen! Auch ein tektonisches Beben ergibt ein völlig anderes Bild. Hier jedoch kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht.«
    »Warum tritt denn aber dieses Rohr zutage? Sollte das ein Zufall sein?«
    »Ich glaube zu verstehen, um was es Ihnen geht«, sagte Soltyk. »Das Rohr müßte Ihrer Meinung nach tiefer liegen, nicht wahr?«
    »Wenn ich als Ingenieur eine so gewaltige Energieleitung zu bauen hätte, würde ich sie mindestens sechs Meter tief legen.«
    »Das habe ich eigentlich nicht gemeint«, erwiderte Arsenjew, »aber diese Tatsache ist wirklich auffallend und der Überlegung wert ... das ist wirklich auffallend ...«, wiederholte er. »Es drängt sich einem unwillkürlich die Annahme auf, daß sich das Gelände erst verändert hat, nachdem die Rohrleitung bereits gelegt worden war. Wißt ihr was? Gehen wir doch bis hinter diese große Biegung. Vielleicht läßt sich von dort aus mehr erkennen.«
    Wir stiegen einige hundert Schritte abwärts, über schwärzliches Gestein. Ich war schneller als die anderen und stand als erster in dem Felsenschlund, zu dem sich die Schlucht verengte. Etwas tiefer, in einer Entfernung von vielleicht zweihundert Metern, erblickte ich eine Öffnung, die von den letzten Felsen der Schlucht dunkel umrahmt war. Dahinter lag im hellen Tageslicht ein weiter Talkessel, in dessen Mitte sich ein großer See ausbreitete. Keine Welle kräuselte seine düstergraue Oberfläche, die von dünnen Nebelschleiern verhüllt war. Von allen Seiten liefen Schutthalden am Ufer zusammen und umgaben wie ein ungeheurer steiler Trichter den See. Zwischen Steilwänden und Geröll ragten Gruppen unregelmäßig geformter Felsnadeln empor. Auf der rechten Seite zeichnete sich ein kleiner weißer Kreis leuchtend gegen den dunklen Hintergrund der zerrissenen Felsen ab. Jemand trat so nahe an mich heran, daß er meine Schulter berührte; aber ich achtete nicht darauf. Fast gleichzeitig mit dem Gefährten, es war Arsenjew, setzte ich den Feldstecher an die Augen. Ich kniff ein paarmal die Lider zusammen, weil ich mich zu täuschen glaubte. Aber nein, die Schärfe des Glases war völlig einwandfrei.
    Dort drüben blinkte tatsächlich eine weiße Kugel. Sie hob sich unglaublich scharf von dem Gewirr der Felstrümmer ab.
    »Könnten Sie dort unten landen?« fragte der Astronom.
    Ich antwortete nicht sofort, sondern prüfte erst mit dem Feldstecher das Gelände.
    Überall türmten sich Gesteinsbrocken mit scharfen, brüchigen Kanten aufeinander, überall schoben sich unendliche

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