Die Astronauten
der einen Hand die Karte fest, die im Winde flatterte, und zeigte mit der anderen auf den Weg, den wir bis zum Ort der Katastrophe zurückgelegt hatten. »Die Sache ist so einfach, daß sie ein Kind begreifen müßte, und wir haben uns wie Dummköpfe verhalten! Das Rohr, das sonst überall in einer Tiefe von einigen Dutzend Metern liegt, verläuft hier beinahe an der Oberfläche der Felsen. Auf der einen Seite ist der freie Platz, auf der anderen – liegen große Haufen von Felstrümmern. Es handelt sich nicht um taubes Gestein, es ist Magnetit, Eisenerz! In dem Augenblick, in dem es von Strom durchflossen wird, entsteht rund um das Rohr ein elektromagnetisches Feld. Solange sich die Spannung im Leiter nicht ändert, bleibt es unbeweglich. Beim Anwachsen der Spannung beginnt das Feld in Übereinstimmung mit der Oerstedschen Regel zu wirbeln.«
»Teufel!« rief ich. »Die Korkenzieherregel!«
»Jawohl! Sie besagt, daß sich das Feld im Sinne eines Korkenziehers um den Leiter dreht, wenn der Strom in der entgegengesetzten Richtung fließt. Bei Laboratoriumsversuchen benutzt man als Leiter einen Kupferdraht und als Körper, die das Feld in Bewegung versetzen sollen, Eisenfeilspäne. Hier waren es eine unterirdische Leitung und Magnetitbrocken. Wenn der Strom eine entsprechend hohe Spannung erreicht hat, wirft das elektromagnetische Feld diese Brocken von der einen Seite des Rohres nach der anderen. Auf diese Weise entstand östlich des Rohres der Trümmerwall und westlich davon der freie Platz.«
»Das Rohr ist aber oberhalb dieses Punktes unterbrochen«, wandte ich ein.
»Das macht nichts. Es ist ganz einfach geerdet, und der Strom tritt in den Felsen ein. Bedenken Sie doch, daß der Boden dort aus Eisenerz besteht, das dem Strom fast keinen Widerstand bietet.«
»Natürlich! Da wurde also der Hubschrauber ebenfalls gegen den Trümmerwall geschleudert?«
»Jawohl.«
»Und dann trat eine Explosion des Treibstoffes ein? Ich hatte doch die Zündung ausgeschaltet.«
»Infolge der Induktion mußten innerhalb der Metallkonstruktion Wirbelströme von so ungeheurer Kraft entstehen, daß das Metall in einem Augenblick schmolz«, erklärte der Ingenieur.
Ich ließ den Kopf hängen. »Da bin ich aber gut gelandet«, sagte ich niedergeschlagen. »Fein bin ich gelandet ... der ebene freie Platz war eine Falle ... aber wer konnte das wissen?«
»Jeder von uns!« entgegnete Arsenjew scharf. »Wir hatten alle Beweise dafür in den Händen. Wir wußten, daß der Teil des Rohres unter Strom stand ... wenn auch, als wir dort waren, unter schwachem Strom, der sich aber jeden Augenblick verstärken konnte. Weiter hatten wir erkannt, daß der freie Platz von einem Trümmerfeld aus Eisenerz begrenzt war ... Warum? Wer hatte es dort hingeworfen und wozu? Zu unserer Bequemlichkeit? Nachdenken hätten wir müssen, nachdenken!«
»Richtig«, sagte Soltyk. »Aber nun genug davon; lassen wir die Sache ruhen. Überlegen wir, was zu tun ist.«
Vier Helme beugten sich über die Karte.
»In der Luftlinie trennen uns von der Rakete ungefähr neunzig bis hundert Kilometer schwierigen Geländes, sehr schwierigen Geländes, kann man sagen. Wir haben nur wenig Wasser, Lebensmittel und Sauerstoff ...«
Arsenjew blickte auf das Manometer des Sauerstoffapparates.
»Es reicht für etwa vierzig Stunden«, sagte ich.
»Vielleicht nicht einmal für vierzig Stunden – wenn wir zu größeren körperlichen Anstrengungen gezwungen sein sollten. Ihr wißt, was wir mit unseren Gefährten in der Rakete besprochen haben: Sind wir bis acht Uhr abends nicht zurückgekehrt, so fliegt Oswatitsch mit dem Flugzeug die akustische Spur entlang. Wenn er sie nicht vorher verliert, gelangt er bis zum Krater, bis dorthin, wo die Spur abreißt.«
Der Astronom schaute mich an.
»Kann man mit dem Flugzeug in die Schlucht hineinfliegen?«
Ich schloß die Augen. Die schwarzen, zerklüfteten Felswände standen wieder vor mir.
»In die Schlucht fliegen, das ist möglich«, erwiderte ich, »aber ...«
»Aber?«
»Aber wenden – nicht. Ein Flugzeug kann nicht unbeweglich wie ein Hubschrauber in der Luft hängen.«
»Das bedeutet also, daß jeder Versuch mit einer Katastrophe enden müßte.«
»Jeder.«
»Hoffen wir, daß Oswatitsch vernünftig ist«, meinte der Astronom trocken. »Gut. Im besten Fall wird er also über dem Rande der Kluft Behälter mit Lebensmitteln abwerfen können.«
Das, wovon der Astronom sprach, war ein Teil des Rettungsplanes, den wir vor
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