Die Astronauten
Eisenkruste am Ufer. Überlegen wir, ob es sich nicht lohnen würde, das andere zu suchen.«
Schon am frühen Morgen öffneten sich die Klappen und der Hubschrauber, der mit seinen weit auseinandergespreizten »Beinen« einer Heuschrecke ähnelte, rollte auf den Rücken der Rakete. Wir nahmen zu viert in der von allen Seiten verglasten Kabine Platz. Der dreiflügelige Propeller begann um seine Achse zu wirbeln, verwandelte sich in eine durchsichtige Scheibe, und die Maschine erhob sich, wie ein Käfer brummend, in die Luft. Ein frischer Wind jagte den Nebel über dem See auseinander; die Sicht wurde besser. Ich flog nur wenige Meter über dem schwarzen Wasser und steuerte zuerst das eiserne Ufer an. Bei jedem Windstoß färbte sich der Nebel rotbraun, es war, als rauchten die Rostschichten. Unter dem Hubschrauber war ein empfindliches Induktionsgerät befestigt, das sofort auf vorhandene Metallablagerungen oder -adern reagierte. Es war durch ein Kabel mit meinen Kopfhörern verbunden, so daß ich über dem eisernen Ufer ein durchdringendes Klirren und Pfeifen vernahm. Wie ein beutegieriger Raubvogel begann ich zu kreisen, bis ich einen charakteristischen, immer wieder abreißenden, feinen Ton hörte – das elektrische Echo, das durch das Metallrohr hervorgerufen wurde. Wir folgten nun dieser sicheren Spur und flogen, immer in gerader Linie, zuerst über den See, dann über die Geröllhalden. Auf der Oberfläche des Bodens verriet auch nicht das geringste Anzeichen das Vorhandensein des Rohres. Ich achte darauf, daß die Stärke des Tones in den Hörern immer gleichblieb, und steuerte so das Flugzeug ruhig und sicher. In der Nähe des Engpasses geriet der Hubschrauber in eine starke Luftströmung. Von beiden Seiten schoben sich riesenhafte, dunkle, bis in die Wolken reichende Steilwände heran. Unter dem Kamm der Felsen verdichtete sich das Gewölk zu weißen Knäueln wie Gischt an einem Wellenbrecher. Dann verbreiterte sich der Engpaß wieder, und der Hubschrauber flog, vom Wind in die Höhe gedrückt, auf die Ebene hinaus. Im ständigen Kampf mit den Luftwirbeln verlor ich die akustische Spur und brauchte Minuten, bis ich sie wiedergefunden hatte. Als ich einen Kreis beschrieb, sah ich am Ausgang des Felsentores noch einmal den See durch die tief herabhängenden Wolken glänzen; schäumend schlugen die Wellen an das Ufer. Dann versperrte der Felsriegel die Sicht.
Länger als eine Stunde flogen wir bereits über welliges Hügelland.Da ich ständig auf das elektrische Echo achten mußte, erhielt Soltky die Radioverbindung mit der Rakete aufrecht. Von Zeit zu Zeit verständigte er mich durch ein Zeichen, daß alles in Ordnung sei. Arsenjew machte Aufnahmen mit dem Teleobjektiv, und Rainer überwachte die Instrumente, die die Spannung der kosmischen Strahlung anzeigten. Scheinbar unbeweglich stand die flimmernde Scheibe des Propellers schräg über uns. Nur ihr monotones Pfeifen schwächte sich manchmal ab und verstärkte sich dann wieder. Zuerst flogen wir in der Richtung des Toten Waldes, später machte jedoch das Rohr einen weiten Bogen nach Nordwesten. Der Boden stieg langsam, aber stetig an. Die vereinzelten schroffen, wunderlich geformten Felsen schlossen sich zu eckigen, kantigen Massiven zusammen. Immer häufiger verlor ich die Spur und mußte kreisen, um sie wiederzufinden. Unter den Fenstern der Kabine zogen steinige, mit Felstrümmern besäte Hänge, steile Klüfte und Schluchten vorüber. Die akustische Spur führte entlang einer abschüssigen Bergkette zu einer ausgedehnten Hochebene, die von bauschigen Wolken bedeckt war. Zuweilen hüllte der milchige Dunst die ganze Kabine ein, dann wieder tauchte nur der Propeller darin unter, und seine glasige Scheibe wurde matt und trübe.
Unvermittelt lichteten sich die Wolken. Wie von dem Fausthieb eines Giganten in den Fels geschlagen, gähnte ein dunkler Abgrund, ein Krater unter uns. Der Hubschrauber ging bis zu dem schwarzen, zu Glas geschmolzenen, von Hunderten Sprüngen zerrissenen Rand der Kraterwand hinunter. Ein Stück weiter, hinter den überhängenden Basaltplatten, war gähnende Leere. Dort verlor sich die Spur. Zarte dahinsegelnde Dunstschleier blieben an den Rändern des Abgrundes hängen und spannen lange, flatternde Netze an die Wände. Ich drehte mich zu Soltyk um. Der schüttelte den Kopf und zeigte auf das Bordsprechgerät; seit einer ganzen Weile schon gab es keinen Ton mehr von sich. Zwischen uns und dem »Kosmokrator« lag der Tote Wald; wir
Weitere Kostenlose Bücher