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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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angenommen, aber er lichtete sich. Als wir wieder den sanft abfallendenWeg hinabgingen, konnte ich bereits den letzten von uns mühelos erblicken.
    Das Gelände wurde nun verhältnismäßig eben, so daß wir die nächsten zehn Kilometer ziemlich schnell zurücklegen konnten. Dann schien der Boden wieder anzusteigen. Es konnte aber auch eine Täuschung sein ... Plötzlich ertönte vor mir aus dem Nebel ein unterdrückter Ruf, dem ein dumpfes Echo folgte. Ich sprang vorwärts.
    Arsenjew lag, auf die Hände gestützt, am Boden. »Stehenbleiben, stehenbleiben!« rief er und hob warnend seinen Pickel. Vor ihm öffnete sich eine finstere Kluft, deren Grund im Nebel verschwand. Den gegenüberliegenden Rand konnte man selbst mit Hilfe des Radargerätes nicht erkennen. Rainer meinte, daß womöglich überhaupt keiner da sei und daß wir am Rande eines Steilhanges stünden, der die Hochfläche von der Ebene trennt.
    »Bis zur Rakete sind es keine dreißig Kilometer mehr«, sagte Arsenjew und versuchte, sich auf der Karte zu orientieren. Diese war leider sehr skizzenhaft und hatte uns während des Marsches schon einige Male irregeführt.
    »Hinabsteigen müssen wir. Je tiefer wir sind, um so besser. Vielleicht finden wir dort einen Unterschlupf.«
    Bereits einige hundert Schritte weiter fiel die Wand nicht mehr senkrecht ab. In den Schirmen der Radargeräte glomm das grünliche Bild schräger Flächen auf, die zum Abstieg ermunterten. Ich übernahm wieder die Spitze. Um mich herum wanden sich dichte, geschmeidige Dunstballen. Es wurde immer dunkler, der Nebel färbte sich tiefblau, dann schwärzlichgrau und schließlich violett. An einigen Stellen mußten wir die Hände zu Hilfe nehmen, da die eisenbeschlagenen Schuhspitzen an den glatten Schollen keinen Halt fanden. Es ging nicht ohne leichte Stürze ab. Weiter unten war die Wand weniger steil, dafür aber von tiefen, sich kreuzenden Rinnen durchschnitten. Wir mußten scharf aufpassen; denn ein Fehltritt konnte einen gebrochenen Fuß zur Folge haben.
    Mich überholte jemand, ich glaube, es war Arsenjew. Ich sah in das weiße, von vielfachen Regenbogen umgebene Licht seines Reflektors. Das Strahlenbündel schwankte eine Weile im Gleichmaß der Schritte, senkte sich zu Boden und stand still. Ich war geblendet und stürzte bis über die Knie in einentiefen Spalt. Eine gezerrte Sehne schmerzte. Ich setzte mich hin, um den Fuß zu untersuchen. Das Seil scheuerte kurze Zeit an den Steinen, dann spannte es sich.
    »Hallo, Professor, bleiben Sie eine Weile stehen!« rief ich hinunter.
    Niemand antwortete. Ich erhob mich und ging leicht hinkend auf den Lichtschein zu, in dem sich verschwommene Gestalten bewegten.
    Plötzlich erlosch das Licht des Reflektors.
    »Da kann man nichts machen, wir müssen hinkriechen«, hörte ich Rainer sagen.
    »Warten Sie.« Das war die Stimme Arsenjews. Der Reflektor flammte wieder auf, und sein Licht wurde im Dunst zu einem zitternden, farbigen Strahlenkranz. Ich bemerkte nun, daß sich beide vonüber beugten. Zu ihren Füßen brach der feste Boden schroff ab. Dort schwammen nur dunkle Nebelstreifen.
    In diesem Augenblick tauchte der Helm Soltyks aus der Tiefe auf. Rainer half dem Gefährten, sich auf den Rand des Felsens zu schwingen.
    »Hinuntersteigen kann man«, sagte der Ingenieur. »Das Gefälle nimmt ab, aber es wird immer heißer, je tiefer man kommt.«
    »Heißer wird es? Da sind wir wohl auf dem besten Wege ins Innere des Planeten«, meinte Rainer. Unwillkürlich rückten wir näher zusammen. Der Reflektor beleuchtete vier schwarze Riesen in faltigen Gewändern. In den Gläsern der Helme glitzerten Funken.
    »Wir werden eine Magnesiumpatrone opfern müssen«, sagte Arsenjew und zog ein flaches Magazin aus der Tasche. Es waren die Patronen der Leuchtpistole, die in dem Hubschrauber zurückgeblieben war. »Hat jemand von euch zufälligerweise ein Taschentuch in der Außentasche?«
    Rainer hatte eines. Der Astronom befestigte die Ecken des Tuches mit ein paar Fäden an der Patrone. In meinem Kopf dämmerte es: Der Professor wußte sich auch ohne Leuchtpistole zu helfen. Ein-, zweimal schlug er mit dem Messergriff auf die Zündkapsel der Patrone. Als es zischte, warf er das Päckchen über den Felsenrand.
    Gespannt verfolgten wir es mit unseren Blicken. Das blendendeMagnesium zerteilte den Nebel. Der Abhang, auf dem wir standen, löste sich aus dem Dunkel, auch die gegenüberliegende Wand wurde sichtbar; sie war vielleicht sechzig Meter von uns

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