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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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    »Was schlägst du jetzt vor ?«
    Jamil fährt sich mit der Zunge über seine blassen Lippen.
    »Weiß nicht. Das hab ich so nicht erwartet .«
    Wir fahren bis zum Verkehrskreisel zurück, treffen dort auf zwei Rotkreuzfahrzeuge, folgen ihnen mit etwas Abstand. In der Ferne explodiert eine Granate, gleich darauf eine zweite. Am staubverhangenen Himmel brummen zwei Helikopter, ausgerüstet mit Raketen. Wir rücken mit äußerster Vorsicht im Windschatten der beiden Krankenwagen vor. Ganze Häuserblocks wurden hier von Panzern und Bulldozern planiert oder in die Luft gesprengt. An ihrer Stelle breitet sich Niemandsland aus, grauenhaft entstellt und aufgequollen durch Schuttberge, Geröllhaufen und zerbrochenes Eisen. Dazwischen haben sich Rattenkolonien niedergelassen, die nur darauf warten, ihren Herrschaftsbereich weiter auszudehnen. Die Ruinenreihen zeugen von den Straßen, die es hier einmal gab und die nur noch aus verstümmelten Fassaden bestehen, verziert mit hasserfüllten Graffiti, die schärfer hervorstechen als die Löcher in den Mauern. Und überall, vor den Abfallbergen, inmitten der von den Panzern platt gewalzten Autos, zwischen den vom Dauerbeschuss zerlöcherten Palisaden, den verunstalteten Plätzen – überall herrscht das Gefühl, erneut dieses Grauen zu durchleben, das man längst überwunden glaubte, und die schreckliche Ahnung, dass die alten Dämonen uneingeschränkt die Macht übernommen haben, um für immer zu bleiben.
    Die beiden Krankenwagen biegen auf ein Feld ein, das von bleichen Gespenstern bevölkert ist.
    »Die Überlebenden«, erklärt Jamil. »Die zerstörten Häuser haben ihnen gehört. Jetzt haben sie sich hier niedergelassen .«
    Ich sage nichts; ich bin entgeistert. Meine Hand tastet nach der Zigarettenschachtel.
    »Gibst du mir eine ?« Die beiden Krankenwagen halten vor einem Gebäude, wo Mütter mit Scharen von Kleinkindern am Rockzipfel schon ungeduldig warten. Die Fahrer springen zu Boden, reißen die Wagenschläge auf und beginnen, mit vollen Händen Lebensmittel zu verteilen, begleitet von Schubsen und Stoßen.
    Jamil hat eine Reihe von Abkürzungen gefunden, nicht ohne immer wieder umzukehren, sobald ein Schuss oder eine suspekte Gestalt auftaucht und unseren Atem stocken lässt.
    Endlich erreichen wir die vergleichsweise verschonten Stadtviertel, in denen Milizionäre in Drillich und allerlei andere Vermummte in hektischer Geschäftigkeit hin und her eilen. Jamil erklärt mir, dass er den Wagen in einer Garage abstellen muss und wir von jetzt an zu Fuß weitermüssen.
    Wir klettern endlose Gässchen entlang, die voll aufgeregter, empörter Menschen sind, bevor wir die Unterkunft von Khalil erblicken.
    Jamil klopft mehrmals an die Tür. Keine Antwort.
    Von einem Nachbarn erfahren wir, dass Khalil vor ein paar Stunden mit seiner Familie nach Nablus aufgebrochen ist.
    »Mensch, so ein Pech !« , ruft Jamil. »Hat er gesagt, wohin genau er in Nablus wollte ?«
    »Er hat keine Anschrift hinterlassen … Wusste er, dass du kommen würdest ?«
    »Ich hab ihn nicht erreichen können !« , antwortet Jamil, wütend darüber, den ganzen weiten Weg umsonst gemacht zu haben. »Dschenin ist vom Rest der Welt abgeschnitten … Darf man wissen, warum er nach Nablus aufgebrochen ist ?«
    »Na ja, er ist weg, mehr ist da nicht zu sagen. Was soll er auch noch hier? Wir haben kein Leitungswasser mehr und keinen Strom, haben nichts mehr zu essen und können kein Auge mehr zumachen. Wenn ich jemanden wüsste, der mich bei sich aufnehmen könnte, hätte ich mich auch davongemacht .«
    Jamil bittet mich nochmals um eine Zigarette.
    »Ein verdammtes Pech aber auch !« , flucht er. »Ich kenne in Nablus keine Menschenseele .«
    Der Nachbar lädt uns in sein Haus ein, um auszuruhen.
    »Nein, vielen Dank«, entgegne ich. »Wir haben keine Zeit zu verlieren .«
    Jamil versucht nachzudenken, aber seine Enttäuschung behindert sein Denkvermögen. Er kauert sich vor die Tür seines Bruders, zieht nervös an seiner Zigarette, presst die Kiefer zusammen.
    Jäh springt er auf. »Also, was machen wir jetzt? Ich kann nicht länger bleiben. Ich muss nach Ramallah zurück und dem Besitzer seinen Wagen zurückgeben .«
    Ich sitze genauso in der Klemme. Khalil war mein einziger Anhaltspunkt. Den letzten Neuigkeiten zufolge war Adel bei ihm untergeschlüpft. Ich hatte gehofft, über ihn an Adel heranzukommen.
    Wir drei sind Cousins, Khalil, Jamil und ich. Den ersten kenne ich nicht besonders gut, er ist

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