Die Aufrichtigen (German Edition)
heiß.
»Was ist geschehen, Herr Professor. Sie können mir alles anvertrauen, was Sie auch Herrn Dr. Albertz sagen würden. Möchten Sie ein Glas Wasser.«
Der alte Mann schien ihn gar nicht zu beachten.
»Ich habe einen unverzeihlichen Fehler gemacht, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Ich muss dafür büßen, die Strafe annehmen. Das Gericht wird schrecklich sein!« Der Professor seufzte. »Hören Sie, junger Mann, ich bin nicht mehr sicher. Ich habe mich auf ein fatales Spiel eingelassen!«
Der Professor legte den Hut vor sich auf den Schreibtisch und bedeckte mit der Hand die Augen. Leo rieb die feuchten Hände an den Armlehnen.
»Dr. Albertz war meine letzte Hoffnung. Nun gut, so ist es entschieden.
›Führen Sie das Gespräch, Blum. Sie müssen immer führen!‹ Er richtete sich auf.
»Sagen Sie mir, um Gottes Willen, was geschehen ist!«
Der Professor legte den Umschlag auf den Tisch und schlug mit der flachen Hand darauf.
»Herr Rechtsanwalt, sehen Sie, in diesem Umschlag ist eine Sache von äußerster Wichtigkeit. Ich flehe Sie an, nein, ich befehle Ihnen, diesen Umschlag nicht anzurühren. Er ist nur und ausschließlich für Dr. Albertz bestimmt. Hören Sie, geben Sie den Umschlag auf keinen Fall, auf gar keinen Fall an jemand anderen heraus. Er weiß, was er damit zu tun hat, wenn ich tot bin.«
»Warum denn tot?«
Leos Hals war trocken. Was, wenn er einfach aufstehen und weggehen würde? Da der Professor nichts mehr sagte, griff er langsam nach dem Umschlag.
»Nein!«, rief der Professor. Leo zuckte zusammen. »Haben Sie nicht zugehört? Niemand anderes als Dr. Albertz darf den Umschlag haben. Es ist viel zu gefährlich. Begreifen Sie denn nicht? Ich werde bald sterben, sehr bald und dann kennt niemand mehr die Wahrheit!«
Der reinste Albtraum! Entweder war der Professor wahnsinnig oder schwebte in größter Gefahr. ›Wir bieten Lösungen, Blum, Probleme haben die Leute selbst genug!‹ Sicherlich würde der Chef diesen Mann mit einem einzigen Satz beruhigen.
»Herr Professor, ich verstehe jetzt, was Sie meinen«, versuchte Leo, »Sie schweben in Gefahr, weil Sie Informationen haben, wegen derer man Sie verfolgt. Ist es nicht so? Sie dürfen sich mir anvertrauen, glauben Sie mir. Wir werden eine Lösung finden.«
»Ich habe die Lösung doch schon gefunden.«
Leo zog sich im Chefsessel zusammen. Der Professor stand auf und legte den Umschlag direkt vor ihn hin.
»Schwören Sie, diesen Umschlag nur Dr. Albertz auszuhändigen.«
»Aber Herr Professor!«
»Schwören Sie!«
Leo schaute zu ihm auf.
»Schwören Sie«, hörte er noch einmal.
Er legte seine Hand auf den Umschlag.
»Also gut, ich schwöre.«
»Ich danke Ihnen, Herr Rechtsanwalt. Ich habe mich nicht getäuscht. Sagen Sie Dr. Albertz, er darf den Umschlag erst öffnen, wenn ich tot bin.«
»Herr Professor«, protestierte Leo kraftlos, doch der schnitt ihm das Wort ab.
»Nichts weiter! Ich finde den Weg.«
Leo blieb wie gelähmt zurück. Noch ehe er reagieren konnte, fiel die schwere Kanzleitür ins Schloss. Professor Spohr war gegangen.
Das Konzil
Der Begriff ›Einheit der Kirche‹ ist Programm, keine historische Wahrheit. Die katholische Kirche, aggressiv in der Verfolgung ihrer Gegner wie keine andere, gefällt sich in ihrer Selbstdarstellung als einheitliche, allgemeine Kirche. Dazu beruft sie sich auf die von Kaiser Konstantin mit der ›Konstantinischen Schenkung‹ angeblich verliehenen Insignien.
Tatsächlich brauchte Kaiser Konstantin die Christen zur Legitimation seiner Politik. Daher schlichtete er im Jahr 325 den Machtkampf zwischen dem römischen Bischof, den Bischöfen Alexandriens und Karthagos und dem Patriarchen Konstantinopels auf dem von ihm initiierten Konzil von Nicäa. Dort befassten sich die Führer der Christenheit mit den Thesen des Arius, der von Eusebius von Nicomedia, dem Patriarchen von Konstantinopel, protegiert wurde. Arius vertrat, entgegen der Dreifaltigkeitslehre der römischen Kirche die Auffassung, dass Jesus nicht selbst Gott, sondern nur Gott im metaphorischen Sinne sei, ein Zwischenwesen, die aus dem Nichts geschaffene erste Kreatur, worüber eine heftige Streitigkeit entbrannte. Die Bischöfe beugten sich dem Kaiser und verständigten sich auf das nicäaische Glaubensbekenntnis, das eine Klärung der theologischen Frage mit der Formulierung ›eines Wesens mit dem Vater‹ jedoch vermied.
Doch Konstantin ließ sich auf dem Sterbebett von Eusebius von Nicomedia nach
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