Die Aufsteigerin
rann ihr über die Lippen.
Nachdem sie sich aufgerappelt hatte, schleppte sie sich zum Telefon. Die große Panoramascheibe bot einen atemberaubenden
Blick über Manhattan, aber die teuren weißen Möbelstücke im Raum wirkten im Morgenlicht schmuddelig grau.
Maria ließ sich auf den dunkelbraunen Flauschteppich sinken, hob den Telefonhörer ab und wählte die Nummer ihres Vaters. Paul, den die hysterische Stimme seiner Tochter aus dem Schlaf riss, schloss nochmal die Augen und seufzte.
Petey war bei Eamonn in der Wohnung und erlebte erstaunt, dass der andere Mann völlig die Fassung verloren hatte und wie ein kleines Kind wegen einer jungen Hinterwäldlernutte aus dem gottverlassenen Oklahoma schluchzte. Eamonn hatte darauf bestanden, die Beerdigung des Mädchens zu bezahlen. Die Polizisten, die bereits von den Mahoneys großzügig entlohnt wurden, hatten den Schauplatz mit noch mehr Dollars in den Taschen und ohne weitere Fragen zum Tod des unbekannten Mädchens verlassen. Die offizielle Darstellung lautete jetzt, dass Schüsse aus einem vorbeifahrenden Auto abgegeben worden waren, um einen Straßenraub einzuleiten. Dabei sei das Mädchen versehentlich erschossen worden. So würde es irgendwo im Lokalteil der New York Times gemeldet werden und am nächsten Tag bereits wieder vergessen sein.
Petey servierte Eamonn Kaffee mit einem großzügigen Schuss Whiskey. »Okay, du wärst beinahe getroffen worden«, sagte er. »Wir müssen also herausfinden, wer hinter dir her ist, und zuerst zuschlagen. Ist doch kein Ding.«
Eamonn blickte in Peteys Mondgesicht und schüttelte den Kopf. »Sie war doch noch ein Kind, Petey. Ist es dir denn völlig egal, dass sie sterben musste?«
Der andere Mann zuckte die Achseln. »Ehrlich gesagt, ja. Mann, sie war ‘ne Nutte. Bei jedem neuen Freier hat sie ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen.«
Eamonn sah seinen Freund an, und weil er dessen Worte gerne glauben wollte, nickte er zustimmend. Aber er allein wusste,
dass er die Kleine als Schutzschild vor sich gezerrt hatte, damit sie die für ihn bestimmte Kugel abfing. Aber das würde er niemals jemandem eingestehen.
Peteys Stimme durchbrach seine Gedanken. »Wir müssen rauskriegen, wer der Schütze war, okay? Das ist jetzt am wichtigsten, denn du bist immer noch in Gefahr. Irgendwelche Vermutungen? Bist du jemandem auf die Füße getreten? Hast du irgendwelche Drohungen bekommen?«
Eamonn strich sich durch den dunklen Haarschopf und schüttelte den Kopf. »Es kommen nur zwei Leute infrage: Marias Vater, Paul Santorini, und ihr Mann, John Castellano. Das sind die Einzigen, die mir nach dem Leben trachten könnten.«
Petey pfiff leise durch die Zähne. »Die Italiener also, hm? Ich sollte die Geschichte Jack erzählen, ist vielleicht besser so. Du kennst ihn ja. Er wird versuchen, es für dich zu regeln. Für uns alle. Du weißt ja, wie diese Itaker sind - nehmen alles gleich persönlich.«
Eamonn musste zustimmen, und langsam wurde ihm klar, wie tief er in der Tinte saß.
Jack Mahoney würde toben.
Jack tobte bereits. Um Viertel vor sieben hatte er einen Anruf von Paul Santorinis Nummer zwei bekommen, und der hatte ihn informiert, was los war. Und jetzt sah es so aus, als würde er einen seiner besten Männer verlieren, und zwar wegen eines Weibsstücks. Was ihn mehr wurmte als alles andere. Dass Eamonn eines Tages seine Tochter heiraten sollte, spielte keine Rolle: Männer waren Männer, und eine Frau, die erwartete, dass ihr Mann ihr treu blieb, war eine Närrin. Aber seine Töchter waren allesamt Närrinnen, denn dafür hatte er selbst gesorgt. Wenn Santorini seine Mädchen vernünftig erzogen hätte, wäre das alles gar nicht passiert.
Das sprach er jedoch nicht aus. Er wusste sehr wohl, dass man
die Italiener besser nicht herausforderte. Das konnte schnell zum Krieg führen.
Jetzt waren sein Bruder und dieser irische Heißsporn Eamonn auf dem Weg zu ihm, und er musste versuchen, sich einen Reim auf den Vorfall zu machen. All das kam zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, denn die Jungs vom FBI schnüffelten herum, und die Steuerfahndung saß ihnen auch im Nacken. Jetzt musste er sich mit den Italienern und mit der verfluchten Regierung abplagen. Hinzu kam, dass sich sein Magengeschwür mit Macht meldete.
John Castellano wollte vor dem Club am Broadway gerade in sein Auto steigen, als er seinen Schwiegervater auf sich zukommen sah.
Er wusste augenblicklich, dass ihm Ärger
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