Die Aufsteigerin
Verhandlungssache. Er hatte den Verführungskünsten einer Rothaarigen mit Brüsten wie Betonklötzen widerstanden und war schließlich besinnungslos auf seinem Sessel zusammengesunken.
Als die Putzkolonne vor zehn Minuten angerückt war, hatte er die Augen aufgeschlagen. Petey lag auf dem Boden neben einer Schwarzen mit blondem Haar, ohne Brüste und mit Hasenzähnen. Er blieb seinem Typ eben treu.
Nachdem er sich einigermaßen hergerichtet hatte, ging
Eamonn in den Club zurück. Es stank nach Zigarettenqualm, Testosteron und Mundgeruch. Petey schlief selig und sah dabei mit seinem entspannt lächelnden Gesicht wie das irische Landei aus, das er ja auch war. Eamonn bemerkte angeekelt, dass die Frau sich nass gemacht hatte. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass seine Brieftasche noch da war, verließ er die Bar und trat hinaus ins grelle Morgenlicht, das seinen Augen wehtat.
Er ging nach rechts um die Ecke und huschte in ein Schnellrestaurant am Broadway, um einen Kaffee zu trinken und einen Happen zu frühstücken, bevor er sich ein Taxi nahm. Um halb sechs Uhr morgens waren bereits allerhand Leute unterwegs. Er bestellte einen großen Kaffee und ein Plunderstück, außerdem Spiegeleier, gewendet, und Pfannkuchen. Er brauchte dringend etwas Festes im Magen, der vom vielen Alkohol revoltierte.
Während er aß, dachte er an Maria, seinen Job und Deirdra. Aber das dauerte nur, bis eine scharfe kleine Mieze in kurzem Rock, mit verwischtem Lidschatten und einem bunten Kaftan hereinkam. Schon nach fünf Minuten hatte er sie zum Frühstück eingeladen und hörte sich ihre kurze Lebensgeschichte an.
Zumindest die sorgfältig zensierte Version.
Er wusste gleich, dass sie auf den Strich ging. Man sah es ihr bereits an, obwohl sie doch erst achtzehn war. Es stand in ihren Augen, die bei aller staunenden Offenheit doch argwöhnisch und unergründlich wirkten, als wüssten sie etwas, was sonst niemand wusste. Wenn Petey sie zu Gesicht bekam, würde er für sie leicht einen Einsatzort finden, und dann verdienten sie alle. Er eingeschlossen.
Was seine Tätigkeiten betraf, kannte Eamonn keine Skrupel und hatte schon vor langer Zeit die Absicht aufgegeben, ein normales Leben zu führen. Damit war einfach kein Geld zu machen.
John Castellano war die ganze Nacht wach gewesen und hatte mit einer Knarre und einem Paar Handschellen vor dem Haus
seines Rivalen an der Lower East Side gewartet. Außerdem spürte er brennende Wut in den Eingeweiden, die ihn jeden Moment zu zerreißen drohte.
Immer wenn er sich seine Frau mit diesem Mann vorstellte, überkam ihn pure Mordlust. Maria sei nichts vorzuwerfen, hatte ihm ihr Vater gesagt. Sie sei verhext worden von diesem Iren, dieses naive katholische Mädchen, erzogen, den Menschen zu vertrauen und in ihnen nur das Gute zu sehen. Jetzt hatte dieser Mann ihren Schatz, das reine Geschöpf, besudelt. Sie war zu weltfremd gewesen, um zu durchschauen, was mit ihr geschah. Docherty hatte sie obendrein umgarnt, ihm einen Wohnungsschlüssel zu überlassen.
Der Schwiegervater war überrascht gewesen, dass der Ehemann seiner Tochter tatsächlich alles zu schlucken schien, was er ihm auftischte, und John war diese Überraschung auch irgendwie aufgefallen. Er wusste insgeheim, bei wem die Schuld wirklich lag, aber er liebte seine Maria, und es war so viel leichter, diesen irischen Hundesohn zu verfluchen!
Ingrimmig knirschte John mit den Zähnen. Er hatte gehofft, sein Opfer auf Anhieb zu finden, aber Docherty war gar nicht so leicht zu erwischen.
Nun, John war ein Mann mit Geduld. Er konnte warten. Er würde seine Beute aufspüren, und wenn es seine letzte Tat sein sollte. Er steckte sich eine Zigarette an, machte es sich in seinem Auto bequem und beobachtete den Eingang zum Apartmenthaus seines Feindes. Er würde den Iren umpusten und dabei laut lachen. Dieser Gedanke besserte sofort seine Laune.
Cara Bowman war eigentlich siebzehn, noch keine achtzehn, und schon fast ein Jahr lang auf den Strich gegangen. Sie war aus einer kleinen Stadt in Oklahoma ausgerissen und im Big Apple mit dreißig Dollar und einem Koffer mit unmöglichen Klamotten angekommen. Kaum acht Stunden, nachdem sie aus dem Bus gestiegen war, hatte sie ihren ersten Freier bedient.
Aufgenommen von einem schwarzen Zuhälter namens Alphonse hatte sie sehr bald zu spüren bekommen, wie hässlich das Leben in New York sein konnte, wenn man kein Geld, keine Familie und keine hilfreichen Freunde hatte.
Die Bekanntschaft
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