Die Aufsteigerin
Scotch, und dann schleif ich dich nach draußen, wo ich dich von oben bis unten ablecke, bis du schreist.« Er sprach ganz leise und sah mit Genugtuung, dass sie noch mehr errötete. Er lachte unbarmherzig und schämte sich gleich darauf, weil er immerzu versuchte, sie in Verlegenheit zu bringen. Es war reiner Selbstschutz.
Vor Jahren hatte er versucht, sie zu küssen, und trotz ihres Widerstands hatte er nicht nachgelassen und sie, wie Männer und Jungen es eben taten, an sich gepresst, um ihre Lippen zu küssen. Sie hatte ihn so heftig getreten, dass ihm die Tränen in die Augen geschossen waren. Seitdem war er wie besessen von ihr. In groben Zügen war er von seinem Vater aufgeklärt worden, was sie hatte durchmachen müssen, und obwohl er deswegen verstand, warum sie in Bezug auf Sex, Beziehungen und Männer so reagierte, konnte er es dennoch nicht lassen, sie zu reizen.
Sie war ihm unter die Haut gegangen. Er würde alles für sie tun, ja, für sie sterben, so stark waren seine Gefühle. Und doch wusste er, dass sie nichts für ihn empfand, nicht einmal schwesterliche
Zuneigung, und das schmerzte ihn mehr, als er je zugeben würde.
Oben am Büro kam er hinzu, wie sich sein Vater und Desrae umarmten. Der Anblick war ihm immer wieder unangenehm, obgleich er das Verhältnis der beiden Männer schon vor Jahren akzeptiert hatte.
»Ist ja gut, ihr Turteltäubchen. Daddys kleiner Soldat meldet sich zum Dienst, und können wir jetzt bitte mit der Knutscherei in aller Öffentlichkeit auf halblang machen?«, frozzelte er.
Desrae lachte. »Wenn dir unser öffentliches Liebesleben zu viel ist, solltest du erstmal das private erleben.« Dann verließ er diskret das Büro, weil er wusste, dass die beiden Männer eine Menge zu besprechen hatten.
Tommy sah seinen Vater an und sagte ohne Umschweife: »Ich kauf sie mir, Dad. Es muss sein. Inzwischen ist es auch eine persönliche Sache. Sie haben den alten Dicky Drake fertiggemacht. Ich mein, diese Kerle müssen zur Räson gebracht werden.«
Joey wusste nicht, wie er Tommy hätte umstimmen sollen. »Ich stehe hinter dir, so gut ich kann, mein Junge. Aber ich warne dich: Leicht ist die Bande nicht loszuwerden.«
Tommy zuckte leichthin die Achseln. »Du überlässt also alles mir?«
Joey musste plötzlich lachen. »Na ja, das ist es doch, was du willst, oder?«
Tommy nickte ernst. Sein Vater legte alles in seine Hände. Dies war ein großer Tag in seinem Leben, und doch schien etwas nicht zu stimmen. Als würde sich sein Vater drücken wollen.
»Ob ich will oder nicht, Dad, es sieht so aus, als würde ich’s sowieso bekommen, oder?«
Joey antwortete nicht.
Es gab nichts mehr zu sagen.
Kapitel siebenundzwanzig
Richard Gates saß in seinem Zivilfahrzeug und beobachtete die Leute, die in dem kleinen Club in der Wardour Street aus und ein gingen. Schwulenclubs interessierten ihn nicht. Was sich dort abspielte, geschah zwischen Erwachsenen und freiwillig. Im Gegensatz zu vielen der Männer, die für ihn arbeiteten, war er kein Schwulenhasser, kein Rassist und auch kein Frauenfeind. Er war hinter denjenigen her, die Verbrechen begingen und nicht einfach nur die allgemeinen Gesetze verletzten. Alle wussten, dass er bei vielen Dingen ein Auge zudrückte.
Er wollte die jungen Menschen von der Straße holen, diejenigen, die noch nicht den Weg ins Leben gefunden hatten. Er wollte, dass sie ein für alle Mal die Straße hinter sich ließen, denn er wusste sehr genau, wie schnell sich die Menschen an den Lebensstil der Straße und das Geld gewöhnen konnten. Besonders die jungen Frauen. Das Schlimme war, dass sie Drogen nahmen, um das Spiel besser zu ertragen, und dann dauerhaft auf den Strich gingen, um sich ihre Drogen leisten zu können. Ein Teufelskreis. Wenn sie für Frauen wie Susan P. arbeiteten, war ihnen zumindest ein gewisses Renommee sicher, und sie konnten etwas Geld zur Seite legen. Susan gab sich nicht mit Drogensüchtigen ab und machte das ihren Mädchen unmissverständlich klar.
Gates beobachtete den Club gut zwei Stunden lang und schrieb sich die Namen aller Personen auf, die ihm bekannt waren. Er war beeindruckt von der Klientel und ahnte, dass Susan P. die Hälfte davon gern zu ihren Kunden gezählt hatte. Desrae
hatte klug geplant. Ungehobeltes Benehmen duldete er nicht, Grobiane mussten draußen bleiben, und selbst bessere Leute fanden keinen Einlass, wenn sie sich pöbelhaft aufführten.
Gates stieg aus dem Wagen und folgte einem Obersten Richter und
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