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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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aus einem Horrorfilm stammen. Er hatte noch nie so viel Blut gesehen. Es war überall verspritzt, auf dem ganzen Bett, an den Wänden, auf dem Boden, ja sogar an der Decke. Tommy sah aus wie darin gebadet, und für einen kurzen Moment dachte Eamonn, er sei Opfer eines Auftragsmords geworden. Erst dann sah er die Frau mit aufgeschlitzter Kehle und schloss daraus, dass es ihr Blut sein musste.
    Eine Stimme riss ihn aus der Erstarrung. »Wir müssen sie hier wegschaffen, Mr. Docherty. Wir können uns nicht leisten,
dass die Polizei hier auftaucht. Ich habe Fenella immer wieder gewarnt, die Freier so anzumachen.«
    Die Stimme des Jungen klang verblüffend gelassen und überlegt. Eamonn hingegen glaubte sich in einem surrealen Alptraum gefangen.
    Tommy weinte Rotz und Wasser. Nackt von der Taille abwärts stand er in einer Blutlache.
    »Gott sei Dank hat Fenella wie die meisten Frauen, die hier arbeiten, keine Familie - zumindest nicht in der Nähe. Sie war eine Ausreißerin aus Kansas. Es kümmert niemanden, wenn sie verschwindet. So was ist an der Tagesordnung.«
    »Was ist denn passiert?«, erkundigte sich Eamonn widerwillig, und er musste dabei an die zu Tode geprügelte Caroline denken.
    »Wie ich Ihren Freund hier verstanden habe, muss sie ihn wohl immer mehr herausgefordert haben. Fenella war so. Sie war unterwürfig, aber manchmal trieb sie das Spiel auf die Spitze. Manche von den Männern gehen nur halbherzig ran, aber sie wollte gnadenlos geschlagen werden. Ich hab sie schreien gehört. Klar, hier wird andauernd geschrien, aber Barbarella hat mir selbst beigebracht, zwischen Lustschrei und Angstschrei zu unterscheiden. Ich hab den Hauptschlüssel, und es ist mein Job, alles zu kontrollieren. Ich bin reingegangen und hab sofort gesehen, dass er sie mit dem Glas aufgeschlitzt hat. Es liegt da unten auf dem Boden.«
    Eamonn nickte stumm.
    »Ich hole Barbarella, und dann regeln wir das«, fuhr der junge Mann fort. »Dort hinten ist ein Bad. Duschen Sie Ihren Freund ab, und ich besorge inzwischen was zum Anziehen, okay?«
    Tommy weinte noch immer und zitterte am ganzen Körper. Eamonn schaffte es nicht, den völlig verkrampften Mann unter die Dusche zu bugsieren. Nach ein paar Minuten kam Barbarella, ohne Perücke und Stiefel, aber mit zwei stämmigen Frauen. Sie brachten schwarze Müllsäcke und Reinigungsutensilien mit.

    Eamonn stand regungslos da und sah gebannt zu, wie Tommy schluchzte und wimmerte und weinte. Rotz lief ihm aus der Nase, Tränen rannen über seine Wangen.
    »Also, ich hätte Ihrem Freund im Leben nicht zugetraut, dass er so ausrasten könnte. Kam mir wie ‘n ganz normaler Typ vor«, sagte Barbarella. Sie schien tatsächlich die Contenance verloren zu haben. »Ich lass ihre Leiche zu Mario’s bringen - die beseitigen sie bei der nächsten Einäscherung. Seien Sie unbesorgt, morgen verweht sie schon der Wind.«
    In Eamonn stieg Übelkeit auf. Wann hatten die Menschen es aufgegeben, menschlich zu sein? Was war nur aus dieser Welt geworden? Obendrein fühlte er sich auch noch verantwortlich. Er hatte Tommy schließlich hergebracht und eingeweiht.
    Cathy hatte schon vor Jahren Recht gehabt, aber Eamonn hatte bis jetzt gebraucht, um klar zu sehen, was er war: Abschaum.

Kapitel siebenunddreißig
    Achtundvierzig Stunden waren seit dem Tod der jungen Frau verstrichen, und Tommy hatte immer noch kein Wort gesprochen. Er saß nur auf einem Stuhl in der Wohnung in Manhattan und starrte ins Leere. Eamonn hatte versucht, mit ihm zu reden, ihm eine Tasse Tee einzuflößen und ihm zu essen zu geben. Vergeblich.
    Er wusste, dass Tommy unter Schock stand, hatte aber keine Ahnung, was er tun sollte. Jack und Petey hatten ihm nahegelegt, einen aufgeschlossenen Arzt zu kontaktieren, der ihn behandelte und darüber Stillschweigen bewahrte. Eamonn hatte sehr schnell die richtige Adresse aufgetan, und bald kamen drei speziell ausgebildete Pfleger in einem unauffälligen Krankenwagen vorgefahren, um Tommy abzuholen. Eamonn blieb jetzt nur noch eins zu tun.
    Er wählte Cathys Nummer und sprach zum ersten Mal seit Jahren ein Gebet. Er war nicht sicher, ob er darin um Vergebung nachsuchte oder Gott bat, ihm endlich seine Cathy zurückzubringen.
     
    Als Cathy auf dem JFK den Zoll passiert hatte, wurde sie bereits von Eamonn erwartet. Am liebsten hätte er sie geküsst, aber ein Blick in ihr abweisendes blasses Gesicht verriet ihm, dass das keine gute Idee war. Er musste sich damit zufriedengeben, ihr die Hand zu

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