Die Aufsteigerin
angemessene Bezahlung vergessen sie, was der Patient getan hat.« Sie sah ihn herausfordernd an. »Werden sie ihn auch nach Hause entlassen?«
Eamonn schüttelte den Kopf. »Er braucht besondere Betreuung. Sie sagen, er hat einen Zusammenbruch erlitten. Der Arzt meint, es hat sich im Laufe der Jahre aufgestaut, und der Vorfall im Club brachte alles zum Ausbruch.«
Cathy lächelte kühl. »Wann immer eine Bombe hochgeht, sehe ich ihn vorwurfsvoll an und kann ihn nicht in meiner Nähe ertragen. Er kann das Morden auch nicht mehr ertragen, aber aus der Sache kommt er nicht mehr raus. So hat er es mir jedenfalls schon vor Jahren erklärt.« Sie lehnte sich vor, so dass er durch den dünnen Stoff ihrer Bluse die Rundung ihrer Brüste sehen konnte.
»Bei all dem Reichtum seid ihr nicht mehr eure eigenen Herren und werdet es auch nie wieder sein. Aber ihr wollt das nicht einsehen. Ich hab dich vor vielen Jahren gefragt, ob du überhaupt noch schlafen konntest. Du kannst es vielleicht, aber Tommy konnte es nicht und ich auch nicht. Fast beneide ich ihn. Wenigstens ist er auf diese Weise alledem entronnen. Nicht einmal die IRA wird sich mit einem manischen Irren abgeben wollen, oder?«
Danach redeten sie kaum noch. In einem hatte sie Recht - Eamonn war nicht mehr sein eigener Herr. Aber was Tommy betraf, irrte sie sich. Er war alledem nicht entronnen. Noch nicht.
Nur mit seinem Seidenpyjama bekleidet, saß Tommy in dem luxuriösen Zimmer und starrte ins Leere. Cathy hatte sich zu ihm gesetzt und sah ihm in die Augen. Wo immer er sein mochte - er
war weit entfernt von diesem Krankenhaus und dem Leben, das er in der Vergangenheit geführt hatte. So viel erkannte sie sehr schnell.
Sie seufzte. »Wie viel kostet das alles hier?«
Eamonn beruhigte sie eilfertig. »Ich übernehme das. Mach dir keine Sorgen.«
Ihr Blick war mitleidlos kalt, als sie antwortete: »Ich hatte nicht die Absicht zu bezahlen. Ich frage mich nur, wie viel es kostet, wenn man der Verantwortung für einen Mord in einem diskreten Privatversteck entgehen möchte. Nein, mach nur, spiel den guten Samariter, die Rolle passt zu dir. Du hast all das verursacht, und jetzt darfst du es auf diese Weise wieder ins Lot bringen. Eine verdrehte Moral.«
Sie stand auf. »Ich möchte in ein Hotel gebracht werden, wenn du nichts dagegen hast.« Sie war so distanziert, dass sie ihm vorkam wie eine Fremde. Wie jemand, den er nie wirklich gekannt hatte.
»Ich habe ein Apartment, in dem du wohnen kannst, solange du hier bist«, schlug er vor.
Sie nickte. »Schön. Solange du nicht meinst, kommen und gehen zu dürfen, wie es dir gefällt.«
Er biss sich auf die Lippe, um nicht zu antworten. »Ich bring dich hin. Möchtest du noch mit dem Arzt sprechen, bevor wir fahren?«
»Wozu? Du hast mir alles erzählt, was ich wissen muss.«
Cathy saß in Eamonns Apartment, nippte an einem Napoleon Cognac und sah durch die gläserne Wand hinunter auf das Lichtermeer Manhattans. Der atemberaubende Anblick ließ sie für eine Weile allen Kummer und alle Sorgen vergessen. Sie war von der Luxuswohnung beeindruckt, wusste aber auch, dass Eamonn genau das bezweckt hatte. Er wollte sie wissen lassen, wie gut es ihm ging, wie reich er war. Sie lehnte sich zurück und blickte weiter hinaus. Doch sie hatte nur noch Eamonn vor Augen.
Jedes Mal, wenn sie ihre Tochter betrachtete, ging es ihr ähnlich: Sie hatte Eamonn vor Augen. Er war Kittys Vater, und Tommy hatte das nie herausbekommen. In all den Jahren war Cathy nie wieder schwanger geworden. Manchmal hatte sie sich allein deswegen sehnlichst ein Kind gewünscht, um ihrem Ehemann dieses Geschenk zu machen. Sie hatten oft miteinander geschlafen, aber Tommy hatte immer gewusst, dass sie eigentlich keinen Sex mit ihm wollte und sogar seine Berührungen nur widerwillig hinnahm.
Cathy unterdrückte die Tränen und schenkte sich noch einen Cognac ein. Sie musste sich heute Abend betäuben, denn wenn sie es nicht tat, würde sie Eamonn anrufen und ihn bitten zu kommen, weil sie so einsam war. Aller Verbitterung zum Trotz würde sie ohne Umschweife mit ihm ins Bett gehen, weil sie ihn begehrte, wie sie ihn immer begehrt hatte. Schließlich war er gleichsam ein Teil von ihr, sozusagen ihr zweites Selbst.
Sie hatte ihn ihr Leben lang geliebt und liebte ihn immer noch. Aber sie durfte es ihn niemals wissen lassen, weil er sie sonst ausnutzen würde. Er würde gar nicht anders können. Es lag in seiner Natur.
Eamonn saß in einer
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