Die Aufsteigerin
vernascht, aber da musste sogar Eamonn passen.
Er stand auf, löste fünf Hundert-Dollar-Scheine von der Geldrolle, die er in der Tasche hatte, und gab sie Carla mit der Aufforderung, sich für ein paar Stunden unsichtbar zu machen. Tommy merkte gar nicht, dass sie gegangen war, so höllisch breit war er. Er wollte nur über sich reden.
»Die Sache mit Cathy ist, also ich liebe sie, aber sie hat so hohe Erwartungen, verstehst du? Sie sieht sich fast wie eine Heilige, und alle müssen ihr nacheifern und ihr gerecht werden. Wenn in den Nachrichten was über Irland kommt, herrscht das große Schweigen. Sie macht mich wahnsinnig. Wenn sie nur irgendwas sagen würde. Irgendwas, damit ich reagieren könnte. Ich hab keine Chance. Sie braucht ja nicht mal mein Geld, denn mit ihren Clubs verdient sie mehr als genug. Ich weiß gar nicht, warum sie mit mir verheiratet bleibt. Glaub mir, das ist die reine Wahrheit. Aber ich muss sagen, Hörner hat sie mir noch nicht aufgesetzt, da bin ich sicher. Ich könnte niemals ohne Cathy leben. Bevor ich mit ansehen müsste, dass ein anderer sie bekommt, würde ich sie umbringen. Ist doch verrückt, oder? Ich würde sie lieber tot sehen als in den Armen eines Mannes,
den sie lieben könnte, der Gefühle in ihr weckt. Denn das krieg ich nicht hin, gottverdammte Scheiße!«
Eamonn war entsetzt. Während der zwölf Jahre ihrer Zusammenarbeit hatte Tommy nur in den höchsten Tönen von seiner Frau gesprochen. Niemals hatte er auch nur angedeutet, wie schlecht es anscheinend zwischen ihnen stand. Seine Worte waren unbegreiflich, das bestürzende Eingeständnis eines Mannes, sein Leben vergeudet zu haben.
Wie auch Eamonn sein Leben vergeudet hatte.
Tommy wäre mit der Hingabe Deirdras glücklich geworden, während Eamonn eine Frau wie Cathy brauchte, die stark war wie er selbst. Es war ihm nicht entgangen, dass Tommy trank, aber er hätte den Grund dafür ahnen müssen. Der Mann, den er vor sich hatte, tat ihm leid, aber er war gleichzeitig erleichtert, denn jetzt wusste er wenigstens, dass Cathy nicht glücklich war und auch keinen anderen Mann liebte. Also konnte er sich noch Hoffnung machen.
Später nahm er Tommy in einen Privatclub in Brooklyn Heights mit, den er fünf Jahre zuvor mit Petey gekauft hatte. Hier ließen sie ab und zu wichtige Geschäftspartner verwöhnen. Die Frauen waren erstklassig und Spezialistinnen in ihrem jeweiligen Metier. Das Etablissement war wie ein Folterkeller ausgestattet, und Barbarella, eine hochgewachsene Domina um die vierzig, mit einer roten Langhaarperücke und hohen Lederstiefeln, schwang das Zepter.
Sie bot etwas für jeden Geschmack und verlangte von ihren Gästen astronomische Preise dafür, in Gesellschaft williger Gespielinnen ihre abartigsten Fantasien ausleben zu können. Barbarella handelte mit Erniedrigung und Schmerzen, und sie kannte ihre Kundschaft gut. Im Halbdunkel der Zellen ihres Kellergewölbes prügelte sie die letzten Geheimnisse aus ihnen heraus.
Aber sie war auch den Gästen zu Diensten, die es genossen, Schmerzen zu verabreichen, und hatte eine Reihe von Frauen zu
bieten, die es genossen, sich auspeitschen zu lassen, und sich diese Lust obendrein mit vielen harten Dollars versüßen ließen. Sogar Barbarella war verblüfft, wie viele Männer es liebten, einer Frau Schmerzen zuzufügen, bis sie wimmerte und um Gnade flehte. Dass Tommy zu diesen Männern gehörte, wusste sie schon lange. Er liebte es, dominant zu sein, war aber für ihre Sklavinnen keine ernste Gefahr. An diesem Abend gab sie ihm eine Frau namens Fenella, eine Fellatioexpertin, die sich damit brüstete, über tausend Schwänze gelutscht und jeden einzelnen davon geliebt zu haben.
Als Tommy, bis zum Kragen voll von Koks und Cognac, mit Fenella in einem der kleineren Räume verschwand, ging Eamonn an die Bar und bestellte einen Drink. Irgendwie war er stolz auf diesen Club, und es erfüllte ihn mit Genugtuung, all den Berühmtheiten und vornehmen Bürgern Unsummen dafür abzuknöpfen, dass er ihnen sämtliche kranken Vergnügungen bot, nach denen sie gierten.
Er hatte zwei Drinks geleert und ein paar geringfügige Probleme mit Barbarella geklärt, als ein langhaariger junger Mann zu ihnen trat.
»Sie sollten sich vielleicht um Ihren Freund kümmern, Mr. Docherty«, sagte er eindringlich. »Ich glaube, es wird Zeit, dass er nach Hause geht.«
Der Anblick, der sich Eamonn bot, als er in Gegenwart des jungen Mannes die Tür zu Tommys Raum öffnete, konnte nur
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