Die Aufsteigerin
steckte sich eine Zigarette an. »Gab es vielleicht irgendwelche Freunde, zu denen er sich abgesetzt haben könnte?«
Brian schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Der Junge ist zierlich und sieht besonders feminin aus. Ein Blick genügt, und man weiß, von welchem Ufer er ist. Seine Stimme klingt wie eine schlechte Tonaufnahme von Judy Garland. Er hat schon ziemlich viel einstecken müssen, und er hatte außer der Arbeit im Laden und dem Zusammensein mit mir kein anderes Leben. Ich hab mich um ihn gekümmert und dafür gesorgt, dass es ihm gutging.« Seine Stimme brach, und er hüstelte, um seinen Kummer zu verbergen.
Richard verdrehte die Augen. »Es gab also niemand anders?«, beharrte er gefühllos. »Viele von den Jungs hatten doch außer ihren Daddys nebenbei noch einen Lover, oder? Sind Sie ganz sicher, dass da niemand war?«
Brian dachte kurz nach, bevor er antwortete. »Mann, der Junge war ein Einzelgänger, und ich hab nichts im Sinn mit Jungs, die ein Doppelleben führen. Auf die Art holt man sich Aids, verstehen Sie? Er hat nicht rumgevögelt, das weiß ich, und dafür leg ich die Hand ins Feuer. Er hatte mich, und mehr als mich wünschte er sich nicht.«
»Hat er denn gar nichts zurückgelassen?«
Brian schüttelte den Kopf. »Es ist, als habe er nie existiert. Nicht einmal Unterhosen im Wäschekorb. Ich hab extra nachgesehen.«
Richard drückte seine Zigarette aus. »Haben Sie mal von einem gewissen Terry Campbell gehört?«
Brian nickte. »Gehört auf jeden Fall, aber kennen tu ich ihn nicht. Ich steh auf Bizarres, Mann, das geb ich ja zu, aber das, was Campbell anbietet, ist absolut nicht mein Fall.« Er hielt inne und sagte dann betroffen: »Wollen Sie andeuten, dass Peter mit dem zu tun hatte?«
Richard sah die Furcht und den Abscheu im Blick des
Mannes und schüttelte den Kopf. »Er wohl nicht, aber eventuell Casper, sein Kollege. Der hat sich das Leben genommen.«
»Ist das wahr? So ein netter alter Mann. Wollte wohl auch mal was von Peter, Videoaufnahmen und so. Aber Peter war so feminin und viel zu schüchtern, um sich filmen zu lassen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Jedenfalls vielen Dank für Ihre Hilfe. Und wenn Peter sich meldet, dann lassen Sie uns das wissen, okay?«
Brian nickte und stand auf, um zu gehen, drehte sich aber nochmal zu Gates um. »Es wird ihm doch hoffentlich nichts zugestoßen sein, oder? Ich meine, wenn Campbell mit von der Partie ist, ist doch Übles zu erwarten, oder?«
»Wir werden ihn finden, keine Bange«, versprach Richard.
»Das kann ich nur hoffen.« Auf dem Weg zur Tür fiel ihm noch etwas ein. »Ich weiß nicht, ob es Ihnen hilft, aber ich hab läuten hören, dass Campbell eine Wohnung in Norwood hat. Er soll sie für seine Schwester gekauft haben. Sie wissen doch, dass die schwarz ist, nicht so hellhäutig wie er?«
Cathy schüttelte den Kopf.
»Ja, schwarz wie die Nacht, Mann. Und ich hab auch noch ein anderes Gerücht gehört. Seine Schwester hat zwei Kinder, und man hört, die sind von Campbell. Und da sagen manche Leute, unsereiner sei abartig - wenn Sie wissen, was ich meine.«
Als er zur Tür hinaus war, sagte Richard erleichtert: »Gott sei … wenn er noch einmal ›Wenn Sie wissen, was ich meine‹ gesagt hätte, wär ich ihm an die Gurgel gegangen.«
»So ist er eben. Ein netter Kerl. Offenbar macht er sich genau wie ich große Sorgen um Peter. Meinst du, der Junge weiß etwas?«
»Entweder weiß er was, oder er hat einen Verdacht. Aber Spekulationen nützen uns nichts. Mich interessiert im Moment eher diese Schwester von Campbell. Ich hab diese Gerüchte schon vor Jahren gehört. Campbell ist hellhäutig und sieht südländisch aus, aber sein Vater war ein Schwarzer. Die Schwester muss wohl umwerfend aussehen, und er schien schon immer
ein bisschen zu intim mit ihr zu sein. Die Eltern waren geschieden. Sein Vater war ein Rausschmeißer von der alten Schule: groß, schwarz und fies. Seine Mutter ist eine kleine Frau, aber ein knallhartes Miststück. Ich kann mich erinnern, dass ich vor Jahren mit ihr zu tun hatte, als Terry langsam flügge wurde. Fing an als Zuhälter für seine Cousine und baute sein mieses Geschäft ziemlich schnell weiter aus. Sein richtiger Name ist Trevale, aber er bevorzugt Terry, jedenfalls für seine Geschäfte. Er ist ein jamaikanischer Weißer und bildet sich viel drauf ein. Fühlt sich in beiden Kulturen zu Hause und nutzt beide zu seinem Vorteil. Ich denke, seine Mama sollte besucht werden
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