Die Aufsteigerin
oder?«
Desrae schnaubte. »Du meinst, du musst mal wieder so richtig rangenommen werden!«
Ein Lächeln umspielte Cathys Lippen.
Desrae schmunzelte ebenfalls.
»Du solltest dich reden hören«, sagte Cathy und legte einen Arm um ihren Freund. »Bitte, Desrae, ich brauche ihn. Es ist schwer zu erklären, aber wir gehören schon seit so vielen Jahren zusammen, und nur mit ihm zusammen habe ich das Gefühl, ein ganzer Mensch zu sein. Es ist, als wäre er ein Teil von mir, ohne den ich nicht leben kann. Ich weiß, was du von ihm hältst, und versteh dich auch, aber ich kann ihn nicht aufgeben - nicht für dich, nicht für Kitty oder für sonst wen.«
Diese Entschiedenheit traf Desrae wie ein Schlag ins Gesicht, und er fügte sich seufzend ins Unvermeidliche. In den letzten drei Jahren hatte sich Cathy aus ihrem Schneckenhaus befreit, und Desrae musste zugeben, dass die Frau, die er vor sich hatte, stark war, tüchtig und sehr, sehr entschlossen. Nichts konnte sie
von ihren Ausflügen nach New York abbringen. Einige Male hatte sie Kitty mitgenommen, und das Mädchen war begeistert gewesen. Aber meistens reiste Cathy allein, damit sie mit Eamonn zusammen sein konnte.
»Soll ich uns Tee machen?«, bot Desrae an.
Cathy nickte. »Das wäre lieb. Und verdünne meinen mit einem Schuss Scotch.«
Desrae ging in die Küche und bewunderte dabei einmal mehr, wie geschmackvoll seine Freundin sich eingerichtet hatte. Als es läutete, eilte er durch den Flur und öffnete die Eingangstür.
»Hallo, Mickey!«, rief er freudestrahlend. »Lange nicht gesehen.«
Mickey, eher als Michaela bekannt, trat ein, ohne Desraes Begrüßungslächeln zu erwidern. Im Fummel machte er ungeheuer viel her, aber heute, ohne Make-up, nur in Freizeithose und Pullover, sah er nicht anders aus als ein dreißigjähriger Mann, der sich gern feminin kleidete. Aber in erster Linie sah er betroffen aus.
»Was ist los?«, fragte Desrae.
Mickey seufzte. »Ist Cathy da? Ich sag es lieber euch beiden, okay?«
Desrae nickte, brachte ihn in den Salon und rief nach Cathy. Fünf Minuten später hatten sie alle ihre Tasse Tee, und Cathy und Desrae hörten mit größter Bestürzung, was Mickey zu verkünden hatte.
»Casper hat sich umgebracht.«
»Was?«
Mickey schlürfte seinen Tee und tupfte sich die Lippen ab. »Ja, meine Damen, ich sagte, Casper hat sich abgemeldet. Er wurde heute Nachmittag in seinem Auto gefunden. Hat einen Schlauch nach innen gelegt und sich mit Kohlenmonoxid vergiftet. Wohl schon letzte Nacht, nehm ich an. Er hat den Club gegen zwei Uhr verlassen, und sogar die alte Daniela sagt, dass er
ziemlich angegriffen aussah. Aber das tat er ja schon seit Wochen.«
»Wer hat ihn gefunden?«
»Seine Nachbarin. Anscheinend wollte sie seinen Rasenmäher leihen, und da hat sie Casper in der Garage gefunden. Sie hat erst die Schmiere angerufen und dann im Club.«
»Aber warum sollte Casper so was tun? Er war doch fit wie ‘n Turnschuh, und die Läden liefen wirklich gut.«
Mickey seufzte. »Ich hab mit einem der Jungs aus dem Laden in der Old Compton Street gesprochen. Er sagt, Casper hatte Ärger mit Terry Campbell. Terry muss ihn wohl öfter gesucht haben, und Casper hat sich verleugnen lassen.«
»Terry Campbell? Was sollte Casper denn mit dem zu tun gehabt haben? Der ist doch einer von den ganz miesen Zuhältern und hat sogar Frischlinge, ganz kleine Jungs, im Angebot.«
Desrae war anderer Meinung. »Wenn Terry Campbell hinter Casper her war, dann hat der hinter unserem Rücken krumme Geschäfte gemacht. Ich denke, wir sollten uns mal genau ansehen, was in den Läden lagert. Wir müssen unbedingt rauskriegen, ob Casper illegale Sachen unter dem Ladentisch verkauft hat. Terry jedenfalls macht in erster Linie Filme mit Kindern. Vor Jahren, das weiß ich noch, hat er in Soho junge Mädchen aufgerissen, indem er ihnen eine heiße Mahlzeit und ein Bett für die Nacht versprach. Dann hat er sie von fünf, sechs Männern gleichzeitig bumsen lassen und alles gefilmt. Die Typen haben heftig dafür gelöhnt und konnten ein Video als Andenken mit nach Hause nehmen. Jedenfalls ist der Mistkerl hier nicht erwünscht, und das weiß er auch.«
Desrae sah Cathy betrübt an. »Er muss Casper an Bord geholt haben.«
Cathy war entsetzt. Wenn solche Videos in ihren Läden vertrieben wurden …
Sie stand auf. »Ich sage meinen Flug ab. Wenn Casper unsere Läden benutzt hat, um diesen Dreck zu verkaufen, müssen wir
das selbst klären, bevor uns die Sitte
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