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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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Ich glaub, ich bin ein bisschen überreizt, wegen Casper und so.« Ihm traten Tränen in die Augen, seine Brust bebte, und Leyla und Desrae tätschelten ihn, beruhigten ihn, rieten ihm, sich zu setzen und zu sich zu kommen. Schließlich habe er einen schlimmen Schock erlitten, wie Desrae wieder und wieder betonte.
    Mickey ließ sich umsorgen, aber als Desrae den Raum verlassen hatte, um ihnen allen einen kräftigen Brandy zu holen, warf er Leyla einen bitterbösen Blick zu und flüsterte: »Was du denkst, behältst du besser für dich, okay? Sonst könntest du sehr schnell mächtig Ärger kriegen.«
    Leyla, dessen wirklicher Name Ronald McVey war, bekam es mit der Angst zu tun. Michaela war schon immer etwas anders gewesen und hatte Distanz gewahrt. Nach der Arbeit war man
oft gemeinsam in einen Club in der Tavistock Street gezogen, hatte dort im Kostüm und geschminkt Party gemacht und für die normalen Männer und Frauen, die Spaß an Travestie hatten, eine Show hingelegt. Michaela hatte nie mitgemacht. Wenn er so darüber nachdachte, hatte Michaela außerhalb des Clubs nur sehr selten Kontakt mit seinen Kolleginnen gepflegt. Einige der anderen Mädels vermuteten, dass er einen geheimen Liebhaber hatte, vielleicht einen Prominenten. Das passierte manchmal. Sie angelten sich einen Politiker oder Fernsehstar und zogen sich zurück.
    Jetzt fragte sich Leyla, worauf Mickey sich wohl eingelassen hatte, dass er so finstere Drohungen ausstieß. Casper hatte sich gerade umgebracht, oder? Das passierte im Sexgeschäft immer wieder. Vielleicht hatte er was mit Michaela laufen. Was auch immer es sein mochte, es beunruhigte Michaela und machte Leyla höllische Angst.
     
    Cathy trank mit Richard in ihrer Wohnung Tee, wobei sie fieberhaft überlegten, wo Casper Dinge versteckt haben mochte, die er als gefährlich ansah. Die Dielenbretter waren gelöst und angehoben worden, und in den Läden hatten sie das Unterste nach oben gekehrt, aber nirgends einen Anhaltspunkt gefunden.
    »Ich hab sein Haus von meinen Jungs auseinandernehmen lassen. Nichts! Vielleicht sind wir auf dem Holzweg«, sagte Richard finster.
    »Es gibt also keinen Abschiedsbrief?«
    »Vielleicht bringt ja die Obduktion etwas zutage. Von Beihilfe zum Selbstmord hat man doch schon öfter gehört, oder?«
    Cathy machte große Augen. »Du meinst, er wurde ermordet?«
    »Es wäre nicht das erste Mal. Wenn Terry Campbell mit drinsteckt, würde ich nichts ausschließen. Wann hat Peter den Laden verlassen? Vielleicht bringt der uns ja auf eine Spur.«
    Cathy warf einen Blick zur Uhr auf dem Kaminsims. »Schon
vor ungefähr einer Stunde. Peter ist noch jung und hat vermutlich Schiss vor der Schmiere. Also geh bitte behutsam mit ihm um. Er hat sich erst vor einem Jahr geoutet und ist höchstens neunzehn und furchtbar mädchenhaft. Schüchtere ihn bitte nicht so ein. Okay?«
    Bevor er antworten konnte, klingelte es an der Tür. Als Cathy zurückkam, war sie in Begleitung von Peters Freund, einem kleinen rundlichen Mann in den Fünfzigern. Er hieß Brian Hacker und machte Auslandsgeschäfte. Sein permanentes Lächeln ließ zahllose Goldzähne blitzen, und seine dunkle Haut schimmerte wie frisch geöltes Ebenholz.
    »Wo ist Peter?«, verlangte Richard unverblümt zu wissen.
    »Er ist weg, hat seine ganze Garderobe mitgenommen, einfach alles. Außerdem meinen Schmuck und Bargeld.« Brian wirkte erbost. »Ich hab immer so ungefähr tausend in der Wohnung. So zum Ausgeben, wenn Sie verstehen, was ich meine. Das Geld ist weg. Er ist weg.«
    »Glauben Sie, er hat sich davongemacht, oder glauben Sie, dass ihn jemand entführt hat?«
    Brian überlegte kurz. »Also, ich vermute, er ist getürmt. Er sah heute Morgen so verängstigt aus. Ich kann es nicht erklären, aber etwas stimmte nicht mit ihm. Ich glaube, irgendwas oder irgendwer hat ihn verscheucht. Wir waren glücklich miteinander, keine leidenschaftliche Liebesgeschichte oder so, aber wir verstanden uns gut. Ich hab mich um ihn gekümmert und er sich um mich. Ich treib’s ganz gern mal ein bisschen bizarrer, und das hat Peter mir gegeben.«
    »Können Sie sich vorstellen, wohin er sich abgesetzt hat?«
    Brian überlegte angestrengt. »Seine Schwester wohnt noch in Essex, in Little Dunmow oder so, wo sie geboren sind. Aber Sie wissen ja, wie es mit uns Schwulen ist. Wenn wir in unser neues Leben gefunden haben, lassen wir die Familie hinter uns. Ich weiß, dass seine Eltern nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten.«

    Richard

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