Die Aufsteigerin
und desgleichen Peters Schwester. Ich mach mich jetzt auf den Weg. Willst du mitkommen?«
Cathy nickte. »Das alles ist schon verrückt. Wir vermuten doch nur, dass etwas nicht stimmt, oder?«
Richard lächelte spontan, wie es nur selten vorkam, und Cathy stellte einmal mehr fest, wie gut er aussehen konnte, wenn er nicht den unbarmherzigen Polizisten spielte.
»Hör mal, Cathy, wenn es um Campbell geht, ist nichts undenkbar. Der Mann ist der personifizierte Alptraum. Er hat unzählige Menschenleben zerstört. Ein Beamter von der Sitte hat mal einen Stricher aufgegriffen, der mehr Narben am ganzen Körper hatte, als du dir vorstellen kannst. Und wie sich herausstellte, war er von Terry Campbell gefoltert worden, und zwar mit Zigaretten, mit Messern und allen möglichen anderen Instrumenten. Wenn ich es dir näher beschreiben würde, Cathy, müsstest du dich übergeben, glaub mir, ich hätte es nämlich beinahe auch getan. Kurz darauf haben wir ein Haus gestürmt, und da sahen wir auf einem Video, wie eben dieser Junge gefoltert wurde. Hätte ich Campbell an jenem Tag zu fassen bekommen, hätte ich ihn zertreten wie einen Wurm. Wir waren einige Male dicht an ihm dran, aber er ist uns immer wieder durch die Lappen gegangen. Jetzt werde ich mir den Dreckskerl kaufen und ihn für immer aus dem Verkehr ziehen.«
Richard hatte sich so aufgeregt, dass Cathy ihn am liebsten in den Arm genommen und beruhigt hätte. Stattdessen sagte sie nur leise: »Du bist ein guter Mann, Richard Gates, und das weißt du auch, oder?«
Er sah sie an. »Das behalten wir aber lieber für uns, einverstanden?«
»Ich hol meinen Mantel.«
»Mach das, es sieht nach Regen aus.«
Er half ihr in den Mantel und genoss dabei das Gefühl, ihr so nahe zu sein. Genoss es, sie berühren zu dürfen, ohne dass daran Anstoß zu nehmen war.
Gemeinsam verließen sie ihre Wohnung und machten sich auf den Weg zum Haus von Trevales Mutter in der Railton Road.
Kapitel einundvierzig
Lächelnd betrachtete Terry Campbell den Jungen neben sich. Der Junge erwiderte das Lächeln jedoch nicht. Er starrte nur unverwandt auf Terrys Handy und überlegte krampfhaft, wie er es wohl zu fassen bekäme. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand oder was mit ihm geschehen würde. Er konnte sich nur daran erinnern, dass er zusammen mit diesem Mann etwas getrunken hatte und dann hier aufgewacht war.
Johnny Cartwright war fast achtzehn, sah aber viel jünger aus. Sein Haar trug er lang, seine Augen waren dunkelgrün und seine Zähne weiß und ebenmäßig.
Er wusste, dass er gut aussah, und seit über zwei Jahren lebte er bereits als Stricher auf den Straßen Londons. Er hatte viel von Terry Campbell gehört. Als der ihn am Abend zuvor angesprochen hatte, wollte Johnny nur die Einladung zu einem Drink annehmen und sich dann bei der ersten Gelegenheit davonmachen. Er hatte nämlich flüstern hören, was den Jungs passierte, die Campbell aufriss.
Doch Campbell war keiner, den man vor den Kopf stieß; am besten mied man ihn, so gut es ging.
Jetzt ging Terry hinüber in eine Ecke des Raums und öffnete einen kleinen Kühlschrank, in dem sich Bier, Wein und Milchshakes befanden. Er nahm einen Erdbeershake heraus und reichte ihn dem Jungen. Dann ging er zum Fenster und schaute hinaus.
Der Junge blieb auf dem Bett liegen. Er hatte einen Brummschädel und wusste genau, dass es die Nachwirkung einer Droge
war, denn er spürte auch die typisch apathische Trägheit. Er nahm an, dass Campbell ihm K.-o.-Tropfen in den Drink gemischt hatte.
Terry wandte sich ihm kurz zu. »Wenn du Klebstoff schnüffeln willst, da drüben ist was im Schrank. Ansonsten hab ich auch andere feine Sachen für dich. Jedenfalls wirst du heute Abend ein paar Freunden von mir zum Vergnügen dienen, und wenn du deine Sache gut machst und nicht in Panik gerätst, erwartet dich ein Bonus von zweihundert Pfund. Okay? Wenn du aber einen Aufstand machst, dann blüht dir eine mächtige Tracht Prügel. Hast du mich verstanden?«
Als Johnny seinen Milchshake schlürfte und dabei die Videokameras und den großen Fernsehmonitor sah, wurde ihm mulmig zumute. Auf einem Tisch am Bett lagen zudem auch noch Handschellen und andere Sexspielzeuge. Er ahnte, welch ein Alptraum ihm bevorstand. Er hatte von Partys dieser Art gehört und wusste, dass manche Jungen, die daran teilgenommen hatten, später nie wieder gesehen wurden.
Doch insgeheim musste er grinsen. Er war HIV-positiv, und vielleicht konnte er später am Abend ein
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