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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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strich sich über die Stirn und seufzte. Madge sah zu, wie er sich eine Zigarette ansteckte und ausgiebig daran zog.
    »Du willst also sagen, Madge, das Mädchen, deine Tochter, hat Ron erstochen, als ihr beide euch gezofft habt?«
    Sie nickte heftig, reine Unschuld unter verschmierter Wimperntusche. »Sie wollte es ja gar nicht, Mr. Gates, aber sie verliert so schnell die Beherrschung. Er hat mich fast totgeschlagen, und da kam sie rein und hat wohl rot gesehen. Ich hab mein Lebtag so was nicht gesehen.« Madge schloss die Augen in gespieltem Grauen.
    Gates lachte leise. »Du hast den Beruf verfehlt, Madge. Du hättest Schauspielerin werden sollen. Jetzt hören wir aber mit den Albernheiten auf - und du unterschreibst mir eine hübsche kleine Aussage, in der du gestehst, Ron vom Leben zum Tode befördert zu haben. Dann können wir alle nach Hause gehen und uns ‘ne Mütze Schlaf gönnen, hä? Bis auf dich natürlich.« Jetzt klang seine Stimme tief und bedrohlich.
    Madge zündete sich eine Zigarette an und stieß hörbar die Luft aus. »Tut mir leid, Mr. Gates, aber ich kann Sie nicht anlügen. Ich weiß, was passiert ist. Verstehen Sie? Ich war nämlich dabei und Sie nicht.«
    Richard Gates ging um den Tisch herum und sah der alten Schabracke mitleidlos in die Augen. »Erinnerst du dich, Madge, dass da vor ein paar Jahren bei den Docks ein Seemann erstochen wurde?«

    Sie nickte geistesabwesend. »Ja, irgendwie war da was. Aber was hab ich damit zu tun?«
    Gates drückte seine Zigarette aus und lächelte. »Ich hab dich damals verhört, Madge, zusammen mit diesem Klappergestell, das sich deine Freundin schimpft, und der großen schwarzen Schnepfe.«
    »Scheißdreck, Gates. Wenn Sie meinen, ich hätte damit was zu tun, müssen Sie bekloppt sein. Ich kannte den Kerl nicht, keine von uns hat ihn gekannt. Das können Sie mir nicht anhängen. Unfair wär das.«
    Gates rieb sich den fast kahlen Schädel, spürte die restlichen dünnen Haare und lächelte.
    »Wenn’s nach mir ginge, Madge, wärst du schon bald hinter Gittern. Man nennt mich Ganovenfreund. Ich kenn den Spitznamen sehr wohl und hab ihn mir auch verdient. Aber ich loche auch jeden ein, den ich einlochen will, kapiert? Weil ich’s nämlich kann. Ich kann Leute hinter Gitter bringen; ich kann sogar dafür sorgen, dass sie ganz verschwinden. Und wenn ich hier und da durchblicken lasse, dass du zu singen angefangen hast, könnte ich dir dadurch das Leben zur Hölle machen … Keine drei Meter entfernt von hier ist ein junges Mädchen eingesperrt. Deine Tochter. Ich will, dass sie noch eine kleine Chance im Leben hat. Ich will sie hier rausholen und weg von dir. Vielleicht wird sie dann diese Chance tatsächlich bekommen.«
    Madge sah den Mann verblüfft an. »Wieso sollte Ihnen an der was liegen - an ihr oder sonst jemand? Ich kenn Ihren Ruf. Freund der Huren und Kumpel der Ganoven. Nicht abgeneigt, sich ab und an mal einen blasen zu lassen, so für lau. Die Huren einzuschüchtern, dass sie nach seiner Pfeife tanzen. Und wieso sollten gerade Sie sich plötzlich Sorgen machen um meine Kleine?«
    Sie stützte sich auf den Holztisch und richtete sich auf. Abschätzig grinsend schüttelte sie den Kopf. »Ich mach das nicht. Nicht für die Kleine und ganz besonders nicht für Sie. Mich kriegt man nicht hinter Gitter. Und das geht auch einfach nicht
für mich. Ich bin dafür zu alt. Sie wird wieder draußen sein, bevor sie sich’s versieht, und dann läuft bald wieder alles ganz normal. Ist ja nicht so, dass ich’s nicht machen will, aber ich kann’s nicht. Es geht einfach nicht.« Ihre Stimme brach, und sie ließ den Kopf hängen, während sie zuhörte, was der Mann ihr noch zu sagen hatte.
    »Ich kenne Huren, die würden für ihre Kinder töten, aber zu denen gehörst du nicht«, fauchte er sie an. »Du bist menschlicher Abschaum der allerschlimmsten Sorte. Die Kleine werden sie im Bau mit Haut und Haaren vernaschen, und das weißt du genau. Sie ist noch keine vierzehn. Zu jung für eine Mordanklage, aber alt genug, um viele verdammte Jahre hinter Schloss und Riegel zu kommen. Willst du das für dein Kind? Dass es in die Mühle der Justiz gerät? Weggeschlossen und vergessen? Genau das wird nämlich mit ihr passieren. Sie wird allen und jedem ausgeliefert sein. Um Ron geht’s dann gar nicht mehr. Ich kenn mich in diesen Dingen aus, Madge. Sie wird bestimmt nicht glimpflich davonkommen. Du wirst es aber, denn im Knast wird man dich als Mörderin respektieren,

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