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Die Augen der Mrs. Blynn

Die Augen der Mrs. Blynn

Titel: Die Augen der Mrs. Blynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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und ließ den Apparat stehen. Wie sollte er wissen, wohin David seine Sachen haben wollte?
    Auf der Fahrt hinunter nach Stonebridge mußte Penn einsehen, daß er sich weder über seine Gefühle im klaren war noch darüber, wie er sich verhalten sollte. Ginnie: Es lohnte sich wohl kaum, sie zur Rede zu stellen, weder um mit ihr zu rechten, noch um ihre Beweggründe zu erfahren.
    David: Es würde ihm schwerfallen, sich eine Bemerkung zu verkneifen, wie: »Hoffentlich hatten Sie Ihren Spaß an Ihrem kleinen Scherz. Haben Sie vor, den für ein nächstes Buch auszuschlachten?« Penn drückte das Gaspedal durch, doch gleich darauf drosselte er das Tempo wieder. Du darfst nicht die Beherrschung verlieren, befahl er sich, hol einfach deine Sachen und verschwinde.
    Im Wohnzimmer brannte Licht und oben, in Ginnies Zimmer, ebenfalls. Es war gegen neun. Um diese Zeit hatten sie gewöhnlich schon zu Abend gegessen. Manchmal saßen sie noch eine Weile im Wohnzimmer beim Kaffee, doch in der Regel zog David sich gleich wieder in sein Arbeitszimmer zurück. Dessen Fenster konnte Penn vom Eingang aus nicht sehen. Er klingelte.
    Hanna öffnete ihm. »Mister Knowlton!« rief sie erstaunt.
    »Man hat mir gesagt, Sie hätten uns verlassen!«
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    »Stimmt«, sagte Penn. »Will bloß noch meine Sachen holen.«
    »Ja, kommen Sie doch herein, Sir. Die Herrschaften sind im Wohnzimmer. Ich sag gleich Bescheid, daß Sie da sind.« Und sie schlurfte davon, bevor er sie zurückhalten konnte.
    Penn folgte ihr durch die geräumige Diele. Er wollte einen Blick auf David werfen, nur einen einzigen Blick.
    Kurz vor der Tür blieb er stehen. David und Ginnie saßen eng beieinander auf dem Sofa, mit dem Gesicht zu ihm.
    David hatte den Arm über die Sofalehne ausgestreckt, und als Hanna meldete, daß Mr. Knowlton gekommen sei, ließ er den Arm sinken und schlang ihn um Ginnies Taille.
    Ginnie ließ sich nichts anmerken, sondern nahm lediglich einen Zug aus ihrer Zigarette.
    »Nur herein mit Ihnen, Penn!« rief David lächelnd.
    »Warum denn so schüchtern?«
    »Durchaus nicht.« Penn stand jetzt auf der Zimmer-schwelle. »Ich wollte nur meine Sachen abholen, wenn's erlaubt ist.«
    »Wenn's erlaubt ist!« äffte David ihn spöttisch nach.
    »Aber selbstverständlich, mein Lieber!« Er stand auf und hielt nun Ginnies Hand, als wolle er sich vor Penn mit ihrer plötzlich aufgeflammten zärtlichen Zweisamkeit brüsten.
    »Sag ihm, er soll seinen Kram packen und verschwinden.«
    Ginnie zerdrückte ihre Zigarette im Aschenbecher. Aber sie klang nicht böse; ihre Stimme war im Gegenteil ganz sanft, allerdings hatte sie auch schon einiges getrunken.
    David kam auf Penn zu. Sein hageres, faltiges Gesicht 311
    lächelte. »Ich begleite Sie. Vielleicht kann ich ja was helfen.«
    Penn wandte sich brüsk um und ging den Flur hinunter zu seinem Zimmer. Dort zerrte er einen großen Koffer aus dem untersten Schrankfach und packte als erstes Socken und Schlafanzüge ein, die er in einer Kommode aufbewahrt hatte. Er spürte förmlich, wie David ihn amüsiert lächelnd beobachtete. Dieses Lächeln grub sich wie die Krallen eines Raubtiers in seinen Rücken. »Wo haben Sie sich denn letzte Nacht versteckt, David?«
    »Versteckt? Nirgends!« David lachte leise. »Bin bloß ein bißchen spazierengegangen und hab auf Ihr Rufen nicht geantwortet. Es hat mich interessiert zu sehen, was passieren würde. Das heißt, ich wußte, was passieren würde. Alles ist genauso abgelaufen, wie ich es vorausge-sehen hatte.«
    »Wovon reden Sie?« Davids Hände zitterten, als er die oberste Kommodenschublade aufzog.
    »Na, von Ginnie«, sagte David. »Ich wußte, sie würde sich gegen Sie und wieder mir zuwenden. Das war nämlich nicht das erstemal. Sie waren ein Idiot zu glauben, wenn Sie nur brav auf sie warten, dann würde sie sich von mir scheiden lassen und zu Ihnen kommen. Ein Vollidiot!«
    Penn fuhr herum, einen Stapel Hemden im Arm. »Hören Sie, David, ich habe nicht auf Ginnie gewartet. Ich wollte raus aus dieser –«
    »Komm mir nicht so, du Schleicher! Hinterm Rücken seines Arbeitgebers mit dessen Frau rumzupoussieren, das ist –«
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    Penn warf seine Hemden in den Koffer. »Was heißt das, es war nicht das erstemal?«
    »Mit meinem letzten Chauffeur war's genau die gleiche Geschichte. Und mit Ihrem Vorgänger auch. Ich würde mir ja eine Sekretärin zulegen, aber Ginnie liebt nun mal diese kleinen Spielchen. Sie bringen uns einander näher, und außerdem vertreiben sie ihr

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