Die Augen der Toten 02 - Die Augen der Toten Teil 2
Stunden. Kommt dir das nicht auch ein wenig spanisch vor?“
„Wieso?“
„Stell dich nicht so begriffsstutzig an, Karl. Der Mörder hat genau gewusst, dass wir die Leiche finden würden. Er wollte , dass wir sie finden.“
„Aber das ergibt doch keinen Sinn.“
Rensing überging den Einwand. „Was ist mit Kramers Kumpel aus der Drogenszene? Diesem Kevin Siegmann. Habt ihr den schon auftreiben können?“
„Scheint ausgeflogen zu sein. Aber wir bleiben am Ball. Sollen wir nach ihm fahnden lassen?“
„Nicht nötig. Hat keine Eile.“
Hagner marschierte zur Kaffeemaschine, füllte zwei Tassen und reichte eine seinem Chef. „Jetzt, wo du zwei Nächte drüber schlafen konntest: Bist du dir immer noch sicher, dass es richtig war, Bernhard Laurenz einfach so laufen zu lassen?“
„Laurenz ist schon genug gestraft. Wofür hätte ich ihn verhaften sollen? Leichenschändung? Pape war schon lange tot, als Laurenz ihm die Augen ausgestochen hat. Und für die Morde an Beekmann, Marcks und Geerts hat er Alibis. Nein, Karl, Papes Tod war ein tragischer Unfall. Bei den anderen Fällen haben wir es mit kaltblütigen, akribisch geplanten und vorsätzlichen Morden zu tun.
„Und Philip Kramer? Was hältst du von den Laborergebnissen?“
„Der Schuhabdruck und die Zigarettenkippe?“ Rensing lachte verächtlich. „Hast du im Ernst daran gezweifelt, dass die Untersuchung positiv ausfallen würde?“
„Wie meinst du das?“
„Kramer hatte völlig Recht. Man hat ihm eine Falle gestellt.“
Hagner sah seinen Chef zweifelnd an. „Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?“
„Marcks lockt Kramer an den Aasee und sorgt dafür, dass Philip Spuren hinterlässt: Einen Schuhabdruck am Wasser. Eine selbstgedrehte Kippe. Für uns sollte es aussehen, als habe Philip bei der Planung der Tat mitgewirkt. Als habe er sich absichtlich verhaften lassen, um für den nächtlichen Mord ein Alibi zu haben. Keine Ahnung, was man Stefan Marcks für eine Räuberpistole über das nächste Opfer aufgetischt hat. Er war wohl eh nur ein kleiner Laufbursche. Marcks erstattet Bericht: ‚Alles ist vorbereitet. Es kann losgehen.‘ Und dann erlebt er die größte – und letzte – Überraschung seines Lebens. Er selbst ist das nächste Opfer.“
„Ich blick da einfach nicht mehr durch“, stöhnte Hagner. „Die Pape-Nummer geht auf das Konto von Frank und Bernhard Laurenz. Einverstanden. Laurenz Junior ist tot. Der Senior hat für alle anderen Morde ein Alibi. Stefan Marcks ist als Verdächtiger wie geschaffen, aber auch er ist tot. Philip Kramers Name taucht irgendwie überall auf, aber beim Mord an Marcks hat er hier in einer Zelle gesessen. Wer bleibt denn da noch übrig? Dieser Lohoff?“
„Könnte ein heißer Kandidat sein. Aus dem werde ich einfach nicht schlau.“
„Geht mir genauso.“
„Und dank Strathaus dürfen wir ihn nicht in die Mangel nehmen.“
„Woran du dich wohl kaum halten wirst.“ Hagner grinste.
Rensing nickte nur geistesabwesend. Jan Lohoff könnte in der Tat noch zu einer wichtigen Informationsquelle werden. „Karl, was sind die klassischen Motive für einen Mord?“
Hagner überlegte. „Schwer zu sagen. Eifersucht und Habgier würde ich meinen.“
„Was ist mit Angst? Hass? Neid?“
„Dürften auch weit oben auf der Hitliste stehen.“
„Macht?“
Hagner zuckte die Schultern. „Denkbar.“
„Ist eines dieser Motive auf alle Morde anwendbar? Was meinst du, Karl?“
„Sieht nicht danach aus. Wieso fragst du?“
„Ist es denkbar, dass der Täter für die Morde unterschiedliche Beweggründe hatte? Eifersucht oder Neid bei Frank Laurenz?
Angst vor Verrat bei Stefan Marcks und Henning Geerts? Machtzuwachs bei Walter Beekmann?“
„Scheint mir ziemlich abwegig zu sein.“
„Und wenn es mehrere Täter sind? Eine Gruppe Gleichgesinnter mit jeweils rein persönlichen Motiven, aber einem gemeinsamen, übergeordneten Ziel? Einer ist eifersüchtig oder neidisch, ein zweiter wird von Hass getrieben, ein dritter strebt nach Macht. So was in der Art. Wäre dann nicht alles viel einfacher? Vergleich doch nur mal die Taten: Henning Geerts ist mit äußerster Brutalität zusammengedroschen worden. Die Kölner haben mir inzwischen den Befund gefaxt. Ich sag dir, Karl, der Täter hat das genossen. Der hat das regelrecht zelebriert. Der Mord an Walter Beekmann war anders. Der erste Stich ist beinahe zaghaft geführt worden, danach werden die Wunden tiefer und tiefer. Da hat sich jemand in einen
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