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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Broten und Kaffee. Zusätzlich hatte er eine
    zusammengeklappte Campingliege dabei. Die stellte er gleich vor der Tür ab.

    »Ich bring’ dir nachher noch ’ne Decke runter «

    sagte er, während er zum Arbeitstisch ging und das Tablett darauf abstellte. Die letzten Stunden hatten sie innerlich ganz hohl gemacht. Und dabei vibrierte jeder Nerv, wartete auf das Kommando von oben. Aber die Kommandos zuckten nur im
    Kopf herum, ganz nutzlos, irgend etwas war blockiert.
    Sie löschte mit einem mechanischen Griff die Flamme und ging ebenfalls zum Tisch, betrachtete das Tablett und den Teller darauf mit leichtem Widerwillen. Sie schaffte es nicht einmal mehr zu lächeln, und das wäre doch so wichtig gewesen.
    Lächeln, ein bißchen wie das kleine Mädchen, das er von früher kannte, und ein bißchen wie die Frau, die vor Sehnsucht fast umkam.
    Statt dessen fragte sie in fast mürrischem Ton:

    »Gibt es hier nur belegte Brote? «

    fügte hinzu, noch bevor er ihr antworten konnte:

    »Eine Suppe wäre nicht schlecht. Oder wenigstens eine Bouillon statt Kaffee, damit wäre ich auch schon zufrieden. «

    Das Reden schien die Blockade im Hirn aufzuheben. Eds Stimme huschte an den Nerven entlang. Es war fast so, als ob Ed die Befehle gab. Nicht auf die Polizei warten, auch den Beamten konnte ein Fehler unterlaufen. Niemand war
    vollkommen. Und wer sich selbst hilft, dem hilft Gott. Sie zeigte zur Esse hinüber, sprach weiter:

    »Ich habe sehr geschwitzt. «

    Nur ein dezenter Hinweis. Das mußte reichen. Er mußte von ganz alleine darauf kommen, daß sie frische Sachen brauchte. Er hatte doch immer so großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres gelegt. Früher! Jetzt reagierte er nicht.
    Und sie wagte es nicht, ihn direkt auf den Koffer
    anzusprechen. Sie redete weiter, eifrig und hastig wie ein Kind, das gelobt werden möchte.

    »Aber jetzt habe ich genügend Planschen. Ich kann morgen früh gleich mit dem Auswalzen beginnen, aber vorher mache ich mir am besten eine Zeichnung.
    Ich habe da etwas ganz Bestimmtes im Sinn. Du wirst staunen.
    Wenn du mir die Decke bringst, bist du wohl so lieb, und bringst mir auch Papier und Stifte? «

    Er nickte, und sie horchte angestrengt zur Tür hinaus. Da war kein Laut zu hören. Totenstille, schoß es ihr durch den Kopf.
    Für einen Augenblick zogen sich ihre Schultern zusammen, etwas kroch scharf und kalt an ihrer Wirbelsäule entlang.
    Totenstille! Es gelang ihr trotzdem, noch einmal zu lächeln.

    »Ich werd’ Peter sagen, daß er dir ’ne Suppe macht «, sagte er.

    »Was für ’ne Suppe? Rind oder Huhn oder lieber was Kräftiges?
    Erbsen, Bohnen? «

    »Eine klare Suppe. Aber tu mir einen Gefallen. «

    Sie schaute ihn an, ein bißchen so, als sei ihr die Bitte peinlich.

    »Es wäre mir lieb, wenn Frau Retling kochen würde. Ich will mich nicht schon wieder über deinen Freund beschweren, ich habe ja auch nichts mit ihm zu tun. Nur, weißt du, er machte auf mich nicht gerade einen sauberen Eindruck. Ich bin vielleicht ein bißchen empfindlich, ich weiß. Aber Frau Retling kocht bestimmt, wenn
    du es ihr sagst. Das ist für dich doch gar kein Problem. Sag ihr einfach, dein Kumpel möchte zum Abendbrot eine klare Suppe mit Ei und Nudeln. «

    Noch ein Lächeln, es reichte nicht ganz bis zu den Augen hinauf. Damit er das nicht bemerkte, mischte sie ihrer Stimme einen Hauch von Nostalgie bei.

    »Die hat sie uns früher immer zu Mittag serviert, als Vorspeise. Ich war ja immer hier in der Mittagspause. Für die Stunde hätte es sich nicht gelohnt, heimzufahren. Sie ist eine gute Köchin, sie kann auch ganz ausgefallene Sachen auf den Tisch bringen. Ein paar von ihren Rezepten habe ich selbst schon ausprobiert. «

    Einfach drauflos reden. Ob er ihr zuhörte, war nicht
    ersichtlich. Sie plapperte weiter wie das Kind, das er anscheinend sehen wollte, kam von Kochrezepten der Frau Retling über die Hitze in der kleinen Werkstatt auf die beruflichen Fähigkeiten ihres ehemaligen Lehrherrn. Gute Vorarbeit zählte. Zuerst die Idee.
    Papier und Stifte für eine Zeichnung. Sie schwärmte ihm von einer filigranen Fassung für einen Rubin vor, von dem sie nur annahm, daß er im Tresor lag. Nachgeschaut hatte sie noch nicht. Trotzdem, dieser Rubin würde das Herzstück eines Colliers werden, rund herum Diamantensplitter.
    Mehrfach nickte er, sichtlich amüsiert über ihren Eifer. Dann drehte er sich der Tür zu.

    »Ich geh’ mal rauf und kümmer’ mich drum, daß du ’ne Suppe

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