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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Blutfaden rann über die Nasenwurzel nach unten. Ed wischte ihn behutsam weg, hielt sie im Arm, bis sie sich beruhigt hatte. Auch das dauerte.

    Sie weinte nicht, schluchzte nicht, murmelte selbst an seiner Schulter nur immer wieder diesen einen Satz.

    »Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid! «

    Er sprach leise auf sie ein, wußte gar nicht, was er sagte. Er konnte sich nur darauf konzentrieren, sie im Arm zu halten. Es war ein sonderbares Gefühl. Und ein sehr intensives. Ed hatte etwas Derartiges seit Ewigkeiten nicht mehr empfunden und kostete jede Sekunde aus. Er hätte sie gerne geküßt in diesem Augenblick, aber das hätte sie wohl nicht verkraftet. Er begnügte sich damit, mit einer Hand über ihren Rücken zu streichen. Fünf Minuten, zehn Minuten, ehe er sie zurück in den Sessel drückte. Es fiel ihm schwer, sich ihr wieder gegenüber zu setzen.
    Bevor er es tat, holte er Verbandszeug und verarztete ihre Stirn. Es war nur eine oberflächliche Wunde. Es waren noch einmal ein paar Sekunden Nähe.
    Als sie an dem Tag die Praxis verließ, war Ed sich seiner eigenen Gefühle völlig sicher. Den ganzen Abend dachte er über ihre Gefühle nach. Über die, die vielleicht schon im Ansatz vorhanden waren, die man beliebig erweitern konnte.
    Das Pflichtgefühl den Retlings gegenüber, Haß auf Heiko Schramm. Und die Abhängigkeit, aus der sich mit ein bißchen Geschick Liebe entwickeln konnte. Und die wollte er für sich.
    Ausschließlich!

    Trotz ihrer Erleichterung darüber, daß es den Retlings offenbar gutging, starb sie um die sechstausend Tode. Es war der Gedanke an Ed, die Erwartung, daß es jeden Augenblick an der Haustür läuten konnte. Daß er da draußen stand, unbewaffnet.
    Und dann war alles vorbei. Aber es wurde sechs, und nichts geschah, und sie beruhigte sich wieder. Ed war vernünftig, er war immer vernünftig gewesen. Er würde es der Polizei überlassen, und die Polizei hatte ihre eigenen Mittel und
    Methoden.
    Bis um sieben fragte sie sich unentwegt, ob es nicht besser sei, den Koffer zu vergessen und sich ganz auf die Polizei zu verlassen. Und auf Ed natürlich. Er wußte immer, was gut und was richtig war. Er würde den Beamten sagen, was in diesem Fall getan werden konnte und was auf keinen Fall getan werden durfte.
    Wie ging die Polizei normalerweise vor in solch einer Situation? Das Haus mit einem Großaufgebot umstellen?
    Scharfschützen postieren? Wußten sie überhaupt, daß sie es mit zwei Männern zu tun hatten? Das mußten sie wissen, Ed würde es ihnen gesagt haben, was es bedeutete, daß sie jeweils zwei Teile in den kleinen Koffer gepackt hatte. Und wenn sie die Bedeutung nicht auf Anhieb sahen, dann mußten sie nur nachdenken. Es lag doch auf der Hand.
    Schramm alleine hätte sie niemals dazu veranlassen können, mit ihm zu gehen. Der mußte ein Druckmittel gehabt haben.
    Denn selbst wenn Schramm ganz offen damit gedroht hätte, den Retlings etwas anzutun, für den Fall, daß sie ihn nicht begleiten wollte, ohne einen Komplizen, der dieser Drohung erst den richtigen Nachdruck verlieh, hätte sie ihn doch ausgelacht.
    Nein, das vielleicht nicht! Aber so getan als ob.

    »Was meinst du, Heiko, es ist ein bißchen Geld im Haus, oben, mein Mann hat es in seinem Schrank. Ob ich das
    mitnehmen soll? «

    Und dann die Waffe in der Hand.

    »Und jetzt verschwinde. «

    Und sofort zum Telefon, die Polizei um Hilfe für die Retlings bitten. Die beiden Adressen durchgeben. Die in Raderberg und die von dem Wochenendhaus. Mehr hätte sie doch nicht tun müssen, wäre da nicht dieser Kumpel gewesen, den er so beiläufig erwähnte, den er nur im Gefängnis kennengelernt haben konnte. Auch ein Verbrecher. Eine von diesen Bestien, die vor keiner Gewalt und keiner Grausamkeit

    zurückschreckten.
    Und wenn die Polizei nicht auf Ed hörte? Guter Gott, sie würden es doch nicht so machen, wie man es manchmal in Filmen sah, das Haus stundenlang belagern. Schramm und seinen Kumpan über Megaphon zur Aufgabe auffordern.
    Ed würde nicht zulassen, daß die so vorgingen. Er würde ihnen klarmachen, daß ihr Leben und das der Retlings gleich nach dem ersten Ton zu Ende war. Die Angst brachte sie fast um.
    Neben der Esse stapelten sich die gegossenen Bleche.
    Gold, ein magisches Wort. Und ein unheilvolles, es waren schon so viele Menschen dafür gestorben. Und für die Steine, denen es als Rahmen dienen sollte, fast noch mehr.
    Kurz vor acht kam Schramm noch einmal zu ihr, wieder mit belegten

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