Die Auserwaehlte
Kleidern eingeengt wurde.
Nacoya kämpfte gegen die Müdigkeit an. Das Alter und die Anspannung hatten den Tag unerträglich in die Länge gezogen. Erst die lange, anstrengende Reise, dann die Hitze in der großen Halle und schließlich der Schock über Maras unerwartetes Verhalten hatten die alte Amme an den Rand der Erschöpfung gebracht. Dennoch war sie eine Tsurani und eine Acoma, genauso wie Erste Beraterin, und sie hätte sich lieber bewußtlos aus der Halle tragen lassen, als daß sie ihr Haus beschämte, indem sie um die Erlaubnis bat, sich zurückziehen zu dürfen.
Das traditionelle Verlobungsfest war so aufwendig, wie es der Feier für einen Sohn der Anasati entsprach. Dennoch lastete ein merkwürdiger Druck auf der Veranstaltung, denn niemand war so ganz sicher, was denn eigentlich wirklich gefeiert wurde. Mara war während des ersten Teil des Festes ruhig gewesen, sie hatte zu niemandem etwas von Bedeutung gesagt. Ihre Offiziere Keyoke, Papewaio und Tasido behielten ihre formelle Haltung bei, tranken nur wenig oder gar keinen San-Wein. Zumindest kommt jetzt etwas Wind auf, dachte Nacoya. Zwar war es noch immer warm in der großen Halle, aber nicht mehr so drückend wie den ganzen Tag hindurch.
Die Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf den Tisch, an dem die Tochter der Acoma saß. Die Gäste waren entweder Mitglieder des Haushalts der Anasati oder Verbündete, und sie alle versuchten die möglichen Folgen zu erkennen, die mit Maras Entscheidung verbunden waren. Nach außen hin schien das Mädchen die Kontrolle über ihr Haus aufgegeben zu haben, zugunsten der Garantie von Sicherheit. Es war ein Schritt, den zwar niemand freudig begrüßen würde, dem es aber nicht völlig an Ehre mangelte. Wenn auch die Acoma für viele Jahre Mandanten der Anasati sein würden, könnte in der Zukunft ein junger Lord der Acoma sich erheben, einen eigenen Platz im Spiel des Rates einnehmen und neue Bündnisse schmieden. Und in der Zwischenzeit würde der Name der Acoma den Schutz erhalten, den er benötigte. Aber für die Mitglieder des gegenwärtigen Haushaltes war Maras Verlobung ein bitteres Eingeständnis der Schwäche. Nacoya fröstelte trotz der Sommerhitze, und sie zog einen Fransenschal um ihre Schultern.
Sie blickte auf das Kopfende des Tisches und betrachtete Tecuma. Auch der Lord der Anasati gab sich das ganze Fest hindurch zurückhaltend; für einen Mann, der gerade einen in dieser Form niemals erhofften Sieg über einen alten Rivalen errungen hatte, waren seine Gespräche ziemlich nüchtern und ernst. Sicher mochte es für Buntokapi im Spiel des Rates von Vorteil sein, daß er die Herrschaft über die Acoma erlangt hatte, doch sein Vater schien über diese Heirat so besorgt wie Nacoya, wenn auch aus anderen Gründen. Er konnte seinen Sohn nicht einschätzen.
Nacoya wandte ihre Aufmerksamkeit von Tecuma ab. Der einzige, der sich wirklich auf dieser Feier amüsierte, schien Buntokapi zu sein. Eine ganze Stunde lang hatte er seinen Brüdern immer wieder betrunken erklärt, daß sie um nichts besser wären als er; dann hatte er über den Tisch hingweg Jiro zugerufen, daß nun der zweitgeborene Sohn sich vor dem drittgeborenen würde verbeugen müssen, wann immer sie sich träfen. Dem gequälten, eisigen Lächeln des älteren Bruders nach zu urteilen würde das höchst selten geschehen. Als der Abend sich in die Länge zog, war Buntokapi dazu übergegangen, nur noch seinen Teller anzustieren und vor sich hin zu murmeln; anscheinend hatten reichlich San-Wein zum Essen und Acamel-Brandy danach dafür gesorgt, daß er sich kaum noch bewegen konnte.
Nacoya schüttelte leicht den Kopf. Als Buntokapi zum ersten Mal von seiner Überlegenheit gegenüber seinen Brüdern gesprochen hatte, hatte Jiro einen langen, durchdringenden Blick auf Mara geworfen. Während des Essens hatte sich dann deutlich herausgestellt, daß das Mädchen einen neuen Feind gewonnen hatte. Es mochte nur ein kurzer Augenblick gewesen sein, den Jiro geglaubt hatte, Lord der Acuma zu werden, doch diese kurze Hoffnung genügte ihm, sich betrogen zu fühlen und zu glauben, daß Buntokapi einen Mantel trug, der rechtmäßig ihm zustand. Es spielte dabei keine Rolle, daß der Grund für Jiros wütende Enttäuschung die Zerstörung von Erwartungen war, die er selbst aufgebaut hatte. Statt dessen machte er Mara dafür verantwortlich. Als Tecumas Bedienstete den Gästen den zeremoniellen San-Wein brachten, hatte Jiro kaum daran genippt, sondern sich zum
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