Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
ein wenig Angst davor hatte, bot er Minho an, dass er einen Abschnitt allein übernehmen könne. Doch der Hüter lehnte ab. Dafür gab es acht erfahrene Läufer. Thomas sollte ihn begleiten – worüber er so erleichtert war, dass er sich fast schämte.
Er und Minho packten ihre Rucksäcke. Sie nahmen mehr Vorräte mit als sonst; keiner wusste, wie lange sie da draußen bleiben würden. Trotz aller Befürchtungen war Thomas sehr neugierig – vielleicht würden sie ja heute einen Ausgang finden.
Er und Minho dehnten am Westtor die Beine, als Chuck vorbeikam, um sich zu verabschieden.
»Ich würde ja mitkommen«, sagte er flapsig, »aber ich will keinen schrecklichen Griewertod sterben.«
Zu seiner eigenen Überraschung lachte Thomas. »Danke für deine ermutigenden Worte.«
»Seid vorsichtig«, sagte Chuck ernsthaft besorgt. »Ich wünschte, ich könnte euch helfen.«
Thomas war gerührt – wenn es drauf ankäme, würde Chuck tatsächlich mitkommen. »Danke, Chuck. Wir passen auf jeden Fall gut auf.«
Minho grunzte. »Vorsicht hat uns bisher nicht weitergebracht. Jetzt heißt’s alles oder nichts, Kleiner.«
»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte Thomas. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und er wollte einfach nur los , statt weiter darüber nachzudenken. Draußen im Labyrinth zu sein war schließlich auch nicht schlimmer, als mit offenen Toren auf der Lichtung zu bleiben. Aber der Gedanke munterte ihn auch nicht sonderlich auf.
»Ja«, sagte Minho ungerührt. »Gehen wir.«
»Tja«, sagte Chuck, den Blick auf seine Füße gerichtet, bevor er wieder zu Thomas hochschaute. »Viel Glück. Falls deine Freundin dich vermisst, tröste ich sie.«
Thomas verdrehte die Augen. »Sie ist nicht meine Freundin, du Neppdepp.«
»Wow«, sagte Chuck. »Du benutzt schon Albys Schimpfworte.« Er bemühte sich offensichtlich sehr sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst ihm die jüngsten Ereignisse machten, doch seine Augen verrieten ihn. »Aber ganz im Ernst: Viel Glück.«
»Danke, das geht uns echt ans Herz«, sagte Minho. »Bis bald, du Strunk.«
»Ja, bis bald«, murmelte Chuck, drehte sich um und ging.
Thomas überkam eine tiefe Traurigkeit – vielleicht würde er Chuck, Teresa und die anderen nie wiedersehen.
»Vergiss nicht, was ich dir versprochen habe!«, rief er Chuck hinterher. »Ich bring dich nach Hause!«
Chuck drehte sich um und hielt einen Daumen hoch, Tränen in den Augen.
Thomas streckte beide Daumen hoch, dann setzten er und Minho die Rucksäcke auf und liefen ins Labyrinth.
Thomas und Minho joggten ohne Unterbrechung, bis sie die halbe Strecke zur letzten Sackgasse von Abschnitt acht zurückgelegt hatten. Sie kamen gut voran – bei dem grauen Himmel war Thomas froh eine Armbanduhr zu haben – und es wurde ihnen schnell klar, dass sich die Wände seit gestern nicht bewegt hatten. Alles war genau gleich. Sie brauchten also keine Karte zu zeichnen oder Notizen zu machen. Sie mussten nur bis zum Ende laufen und dieselbe Strecke zurück und dabei auf Dinge achten, die ihnen vorher nicht aufgefallen waren – egal was. Minho genehmigte ihnen zwanzig Minuten Pause, dann machten sie weiter.
Sie liefen schweigend. Minho hatte Thomas beigebracht, dass Reden nur Energie verschwendet, also konzentrierte er sich ganz auf seine Schritte und seinen Atem. Regelmäßig. Gleichmäßig. Ein, aus. Ein, aus. Sie liefen tiefer und tiefer ins Labyrinth, nur von ihren Gedanken und dem Geräusch ihrer auf den harten Steinboden treffenden Füße begleitet.
Nach drei Stunden überraschte ihn Teresa, als sie in seinem Kopf von der Lichtung aus mit ihm sprach.
Wir machen Fortschritte – wir haben ein paar andere Wörter gefunden. Aber bis jetzt ergibt es keinen Sinn.
Zuerst wollte Thomas sie ignorieren, erneut leugnen, dass jemand die Fähigkeit besaß, in seine Gedanken, seine Privatsphäre einzudringen. Aber er wollte mit ihr sprechen.
Kannst du mich hören? , fragte er und stellte sich die Wörter vor, die er ihr auf telepathische Weise übermitteln wollte. Hoch konzentriert sagte er es noch mal. Kannst du mich hören?
Ja!, antwortete sie. Beim zweiten Mal ganz deutlich.
Thomas war geschockt. So geschockt, dass er fast stehen geblieben wäre. Es funktionierte!
Ich frag mich, warum wir das können , rief er in Gedanken. Die Unterhaltung fing an ihn anzustrengen – er bekam Kopfschmerzen davon.
Vielleicht waren wir ja ein Paar , sagte Teresa.
Thomas stolperte und
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