Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
knallte hin. Er grinste Minho, der sich im Laufen umdrehte, verlegen an. Thomas rappelte sich schnell auf und holte ihn ein. Was? , fragte er schließlich.
Er spürte ihr Lachen, ein verschwommenes Bild voller Farben. Es ist reichlich schräg, sagte sie. Als wärst du ein Fremder, aber ich weiß, dass du’s nicht bist.
Thomas spürte eine angenehme Kühle, obwohl er schwitzte. Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber wir sind Fremde. Ich hab dich gerade erst kennengelernt, schon vergessen?
Red keinen Quatsch, Tom. Ich glaube, jemand hat unsere Gehirne manipuliert, etwas eingebaut, damit wir dieses Telepathie-Ding können. Bevor wir herkamen. Und deshalb glaube ich, dass wir uns schon vorher gekannt haben.
Darüber hatte er auch schon nachgedacht. Wahrscheinlich hatte sie Recht. Er hoffte es jedenfalls – er mochte sie nämlich allmählich richtig gern. Unsere Gehirne manipuliert?, fragte er. Wie denn?
Ich weiß nicht – irgendeine Erinnerung, die ich nicht richtig zu fassen kriege. Ich glaube, wir haben irgendwas Wichtiges getan.
Thomas erinnerte sich, dass er immer eine Verbindung zu ihr gespürt hatte, seitdem sie auf der Lichtung aufgetaucht war. Er wollte nachhaken und hören, was sie sagen würde. Wovon redest du?
Ich wünschte, ich wüsste es. Ich denk nur so vor mich hin, vielleicht fällt dir ja was dazu ein.
Thomas dachte daran, was Gally, Ben und Alby über ihn gesagt hatten – ihr Verdacht, dass er irgendwie ihr Feind und nicht vertrauenswürdig war. Er dachte auch daran, was Teresa zu ihm gesagt hatte, beim ersten Mal – dass er und sie ihnen das alles auf irgendeine Weise angetan hätten.
Dieser Code muss irgendwas bedeuten , fügte sie hinzu. Und was ich auf meinen Arm geschrieben hab, auch – ANGST ist gut.
Vielleicht spielt es keine Rolle mehr , erwiderte er. Vielleicht finden wir einen Ausgang. Man weiß ja nie.
Thomas kniff beim Laufen die Augen einen Moment zu und versuchte sich zu konzentrieren. Wenn sie so miteinander redeten, schien in seinem Brustkorb ein Ballon voller Luft anzuschwellen, ein Gefühl, das er gleichzeitig irritierend und aufregend fand. Er öffnete schlagartig die Augen: Womöglich konnte sie seine Gedanken auch lesen, wenn er gar nicht versuchte mit ihr zu reden? Er wartete auf eine Antwort, aber es kam keine.
Bist du noch da? , fragte er.
Ja, aber ich krieg langsam Kopfschmerzen davon.
Thomas war erleichtert, dass das nicht nur ihm so ging. Mein Kopf tut auch weh.
Okay, sagte sie. Dann bis später.
Nein, warte! Er wollte nicht, dass sie ihn allein ließ. Durch sie verging die Zeit schneller. Das Laufen fiel ihm irgendwie leichter.
Tschüss, Tom. Ich melde mich, wenn wir was rausgefunden haben.
Teresa – und das, was du auf deinen Arm geschrieben hast?
Ein paar Sekunden vergingen. Keine Antwort.
Teresa?
Sie war weg. Es war, als wäre der Ballon in seinem Brustkorb geplatzt und hätte Gift in seinem Körper freigesetzt. Er hatte Bauchschmerzen und der Gedanke, den Rest des Tages laufen zu müssen, war plötzlich deprimierend.
Nach zwei weiteren Pausen verlangsamte Minho sein Tempo. Vor ihnen lag ein langer Gang, der in einer Mauer endete. Minho blieb stehen und setzte sich an das Ende der Sackgasse. Hier war der Efeu besonders dicht; alles wirkte grün und üppig, der harte, undurchdringliche Stein war völlig zugewuchert.
Thomas setzte sich neben Minho auf den Boden und sie machten sich über ihr bescheidenes Mittagessen aus belegten Broten und Obststücken her.
»Das war’s«, sagte Minho nach dem zweiten Bissen. »Wir sind den ganzen Abschnitt abgelaufen. Kein Ausgang, was für eine Überraschung.«
Das war für Thomas nichts Neues, aber es zu hören machte ihn noch niedergeschlagener. Ohne ein weiteres Wort – von ihm oder Minho – aß er auf und begann sich umzusehen. Er hatte keinen Schimmer, wonach er suchte.
Die nächsten Stunden untersuchten Minho und er den Boden, befühlten die Wände, kletterten an verschiedenen Stellen die Ranken hoch. Sie fanden nichts und Thomas verließ mehr und mehr der Mut. Das einzig Interessante war eins von den merkwürdigen Schildern mit der Aufschrift »Abteilung für nachepidemische Grundlagenforschung, Sonderexperimente Todeszone«. Minho würdigte es keines Blickes.
Sie aßen noch etwas und suchten weiter. Thomas war drauf und dran sich mit dem Unvermeidlichen abzufinden – dass es nichts zu finden gab. Als die Zeit kam, zu der sich sonst die Tore schlossen, fing er an
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