Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
gerade die anderen Hüter zu überzeugen versuchte. Er wusste, dass es gefährlich war. Der Gedanke, sich den Griewern zu stellen – statt vor ihnen wegzulaufen –, war absolut entsetzlich. Im allerbesten Fall würde nur einer von ihnen sterben – aber selbst darauf konnte man sich nicht verlassen. Vielleicht würden die Schöpfer die Biester einfach neu programmieren. Dann war alles offen.
Er versuchte nicht daran zu denken.
Teresa fand ihn schneller als erwartet und setzte sich ganz dicht neben ihn, obwohl auf der Bank reichlich Platz war. Ihre Schultern berührten sich und sie nahm seine Hand. Er drückte sie so fest, dass es ihr wehtun musste.
»Erzähl’s mir«, sagte sie.
Thomas berichtete ihr Wort für Wort, was er den Hütern erzählt hatte. Er fühlte sich schrecklich, als er bemerkte, wie Sorge – und Grauen – ihren Blick verfinsterte. »Es war einfach, über den Plan zu reden«, sagte er, als er fertig war. »Aber Newt meint, wir sollten es heute Nacht tun. Jetzt klingt das alles schon nicht mehr so gut.« Der Gedanke an Chuck und Teresa da draußen machte ihn krank – schließlich hatte er schon enge Bekanntschaft mit den Griewern gemacht. Er wollte seinen Freunden diese schreckliche Erfahrung ersparen. Aber er wusste, das war unmöglich.
»Wir schaffen das«, sagte sie leise.
Als er das hörte, machte er sich nur noch mehr Sorgen. »Scheiße, hab ich eine Angst.«
»Logisch – du bist ein Mensch! Natürlich hast du Angst.«
Thomas antwortete nicht und eine ganze Weile saßen sie einfach nur Händchen haltend da, ohne etwas zu sagen, weder laut noch in Gedanken. Er spürte einen flüchtigen Hauch von Frieden und versuchte ihn so lang wie möglich zu genießen.
Thomas war beinah traurig, als die Versammlung zu Ende ging. Newt kam aus dem Gehöft und damit war es vorbei mit der kurzen Erholungspause.
Der Hüter rannte humpelnd zu ihnen hinüber. Thomas merkte, dass er, ohne nachzudenken, Teresas Hand losgelassen hatte. Newt blieb stehen und schaute mit verschränkten Armen auf sie herunter. »Der Plan ist komplett verrückt, das wisst ihr, oder?« Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, aber es schien so etwas wie Triumph durchzuschimmern.
Thomas stand auf und merkte, wie seine Aufregung zunahm. »Also haben sie Ja gesagt?«
Newt nickte. »Alle. War gar nicht so schwer, wie ich angenommen hatte. Die Strünke wissen ja, was nachts passiert, wenn die Tore offen stehen. Durch das Labyrinth kommen wir nicht raus. Irgendwas müssen wir versuchen.« Er drehte sich zu den Hütern, die ihre Arbeiter um sich versammelten. »Jetzt müssen wir nur noch die anderen Lichter überzeugen.«
Thomas war klar, dass das viel schwieriger werden würde, als die Hüter auf seine Seite zu bringen.
»Glaubst du, dass sie mitmachen?«, fragte Teresa, die jetzt auch aufgestanden war.
»Alle bestimmt nicht«, sagte Newt mit frustriertem Blick. »Einige werden es drauf ankommen lassen und hierbleiben – todsicher.«
Dass einige beim Gedanken an eine Flucht kalte Füße bekommen würden, bezweifelte Thomas keine Sekunde. Gegen die Griewer zu kämpfen war ziemlich viel verlangt. »Was ist mit Alby?«
»Wer weiß?«, antwortete Newt, während er den Blick über die Lichtung zu den Hütern und ihren Arbeitsgruppen schweifen ließ. »Ich bin mir sicher, dass der Blödmann wirklich mehr Angst vor der Rückkehr nach Hause hat als vor den Griewern. Aber ich überrede ihn mitzukommen, keine Sorge.«
Thomas wünschte, er könnte sich an die Dinge erinnern, die Alby quälten. Aber da war nichts. »Wie willst du das denn hinkriegen?«
Newt lachte. »Ich denk mir irgend’nen Klonk aus. Ich erzähl ihm, wir bauen uns auf ’nem anderen Erdteil ein neues Leben auf, wo wir dann glücklich und zufrieden leben.«
Thomas zuckte die Achseln. »Vielleicht wird ja wirklich was draus. Ich habe Chuck nämlich versprochen, dass ich ihn nach Hause bringe. Dann muss ich nämlich auch ein Zuhause für ihn finden.«
»Na ja …«, murmelte Teresa. »Alles ist besser als das hier.«
Thomas schaute sich um und sah überall auf der Lichtung heftige Diskussionen ausbrechen. Die Hüter gaben ihr Bestes, ihre Leute davon zu überzeugen, dass sie ihr Glück versuchen und sich zum Griewerloch durchkämpfen mussten. Einige Lichter stürmten davon, aber die meisten hörten zu und dachten zumindest darüber nach.
»Und jetzt?«, fragte Teresa.
Newt atmete tief durch. »Rausfinden, wer mitkommt und wer hierbleibt.
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