Die Ausgesetzten
nichts passieren konnte? Und wenn sich sowohl in der echten Truhe
als auch in der Markerversion Vorräte befanden, war es doch bestimmt nicht gefährlich, sie zu essen?
Jonas befürchtete schon, er könnte bei dem Gedanken an diese Möglichkeit anfangen zu sabbern.
Vielleicht enthielt die Truhe Waffen, mit denen sich nach Essbarem jagen ließ: Messer oder kompakte Pfeile und Bogen?
Womöglich passte er sich allmählich ein wenig zu gut an dieses Zeitalter an: Jetzt hoffte er schon auf Waffen statt auf Gold.
Der Markerjunge betrat das Indianerdorf mit dem Gehabe eines Kriegers, der nach einem großen Sieg zurückkehrt. Wenige Schritte
hinter ihm beschloss Jonassich die Truhe wenigstens beim Betreten des Dorfes wieder auf die Schulter zu hieven. Unmittelbar nach dem Markerjungen stolperte
er auf die Lichtung.
»O nein, Jonas, was ist passiert?«, stieß Andrea hervor.
Er sah an sich herab. Unter dem Riss in der Jeans war sein Knie von einer dicken Blutkruste überzogen. Von den Felsen hatte
er Kratzer an Armen und Händen. Er setzte ein Grinsen auf und hoffte, wie ein mitgenommener Actionheld am Ende eines Kinofilms
auszusehen. Wie Indiana Jones vielleicht. Oder Jason Bourne.
»Ich habe eine Schatztruhe gefunden«, erklärte er. »War nicht ganz leicht, an sie ranzukommen.«
Dabei hoffte er, Andrea und Katherine würden nicht bemerken, dass der Markerjunge nicht ganz so mitgenommen aussah.
»Glaubt ihr, John White hat vielleicht selbst ein bisschen im Kapergeschäft mitgemischt?«, fragte Jonas, um sie abzulenken.
»Und spanisches Gold gestohlen?«
»Nein, er doch nicht«, sagte Andrea, die erschrocken zusammengezuckt war. »Das kann nicht sein.«
Der Markerjunge stellte die Truhe vor John White auf den Boden. Jonas bemerkte überrascht, dass der echte Mann komplett mit
seinem Marker verschmolzen war: Beide Männer schliefen. Doch der zweite Markerjunge rüttelte ihn wach.
»Schnell, stell die echte Truhe dorthin, wo die Markertruhe steht«, sagte Andrea. »Damit mein Großvater sich nicht wundert,
wenn …«
Schnell?, dachte Jonas. Habt ihr eine Ahnung, wie schwer das Ding ist?
Trotzdem schaffte er es, die Truhe in etwa an der richtigen Stelle zu Boden plumpsen zu lassen. Sie vereinigte sich nicht
vollständig mit ihrem Marker, fügte sich nicht ein, wie ein Mensch es getan hätte.
Oder wie ein Mensch es tun sollte, dachte Jonas.
Katherine schob die Truhe zurecht, bis sie genau mit dem Marker übereinstimmte.
»Für alle Fälle«, murmelte sie. »Wenigstens das können wir tun, um die Zeit zu reparieren.«
Andrea ging in die Hocke und nahm die Position des Markerjungen ein. Dann begann sie ihren Großvater ebenfalls an der Schulter
zu rütteln.
»Wach auf«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Oh, bitte, wach auf!«
Jonas sah Katherine an, die den Kopf schüttelte.
»Er hat die ganze Zeit geschlafen«, sagte sie. »Für uns ist das von Vorteil … aber Andrea bricht es das Herz.«
Andrea rüttelte ihren Großvater immer heftiger.
»Du tust ihm noch weh, Andrea«, sagte Jonas streng.
Andrea hörte auf und sackte in sich zusammen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
»Warum wirkt denn nichts?«, jammerte sie. »Das Trockennahrungspellet hat mir nicht geschadet, also habe ich ihm auch eines
gegeben. Wasser habe ich ihn auch trinken lassen. Ich habe seine Wunde wieder gesäubert – eigentlich müsste er sich erholen!
Und wach sein!«
Katherine ging zu ihr und legte ihr behutsam den Arm um die Schulter.
He! Das hätte ich machen können!, schoss es Jonasdurch den Kopf. Er dachte an seinen anfänglichen Schwur, sich um sie zu kümmern. Ihm war nicht klar gewesen, wie kompliziert
das sein würde. Er war froh, dass wenigstens Katherine zu wissen schien, was zu tun war.
»Lass uns einfach zuschauen«, sagte sie sanft. »Und sehen, was passiert.«
Die Markerversion von John White war nun wach. Jonas stellte fest, dass es ihn wirklich mitnahm, in das Gesicht des alten
Mannes zu schauen, in dem die unheimlichen starren Augen wie aufgepfropft auf den geschlossenen Lidern saßen.
»Öffne sie«, flüsterten der Marker und der echte John White zusammen. Dann setzte sich der Marker auf und sein Oberkörper
löste sich vom echten Mann. Jonas zuckte zusammen. Auch das sah nicht richtig aus. Doch dann lenkte ihn die Beobachtung des
Markers zu sehr ab.
Dieser redete immer noch, auch wenn Jonas ihn nicht mehr verstand. Er gestikulierte und gab offensichtlich genaue
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