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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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leise.
    »Selbstverständlich.« Er straffte die Schultern. »Jeder an Bord würde das machen, Gnädigste. Zuerst waren wir ja nicht begeistert. Eine Frau an Bord vertreibt den Klabautermann und dann kommen die bösen Seegeister, heißt es. Aber Ihr seid eine Seele, die gute Seele an Bord. Da sind wir alle für.«
    Emilia schmunzelte. »Was für ein Kompliment. Ich würde doch den Klabautermann nicht verjagen.«
    »Ne, das ist wohl wahr. Aber es gibt so Schrapnelle von Kapitänsfrauen, die verjagen alles, selbst die letzte Schabe, von Bord. Aber Ihr seid anders. Wir sind alle recht froh, Euch zu haben, und deshalb wollen wir auch alle Euer Wohlbefinden und das vom lütten Kapitän auch.« Er zeigte mit seiner Pfeife auf ihren Bauch.
    »Oh«, sie wusste gar nicht, was sie sagen sollte, und ihr wurde ganz warm vor Erleichterung. »Ich weiß überhaupt nicht … hast du schon mal erlebt, dass ein Kind an Bord geboren wurde? Ist das schon vorgekommen?«
    »Ja doch. Passiert immer wieder, wenn der Kapitän sin Fru mitnimmt. Ist doch auch kein Problem.«
    »Nicht? Was brauche ich denn?«
    Er sah sie überrascht an, dann verstand er. »Für das Lütte? Windeln und Milch. Die werdet Ihr wohl haben.« Er lachte. »Mehr braucht das nicht, die erste Zeit. Wann kommt es denn?«
    »August oder September.«
    Er nickte. »Da sind wir ja schon lange wieder auf nördlicher Route und an der Küste. Keine Bange, wird schon alles gutgehen.«
    In dieser Nacht schlief sie zum ersten Mal wieder ohne große Sorgen ein. Auch wenn sie es Carl nicht hatte eingestehen wollen, so hatte sie sich doch viele Gedanken gemacht und Ängste gehegt. DemSmutje vertraute sie, er war so bodenständig. Einfach, aber ehrlich und beherzt. Ein wenig erinnerte er sie an Inken.
    »Piet?« Carl brüllte fast, als sie ihm sagte, dass der Smutje ihr beistehen würde. »Nein!«
    »Aber warum nicht, Carl?«, fragte sie verblüfft.
    »Ich lasse nicht zu, dass der Smutje dich sieht … so sieht. Du weißt schon.« Verschämt wandte er sich ab.
    »Aber der Arzt hätte sollen?« Emilia lachte auf. »Ich bitte dich, Carl. Piet ist mir vertraut. Dann sieht er mich eben … in den Wehen und vielleicht auch nackt. Aber er kann mir helfen, er weiß, was zu tun ist. Oder warst du schon einmal bei einer Geburt dabei?« Nun wurde sie auch lauter. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Wölsch die Kajütentür schnell wieder schloss. Sie hörte, wie er auch Julius abwimmelte, der den Tee servieren wollte.
    »Emma, lass uns nicht streiten, aber es geht ganz und gar nicht, dass jemand von der Mannschaft … nein.«
    Emilia biss sich auf die Lippen. Sie nahm ihr Schultertuch und stürmte nach oben an Deck. Es war das erste Mal, dass sie sich mit Carl gestritten hatte. Die Wut brannte in ihrem Bauch und ihr Gesicht glühte. Sie ging ans Heck, der kühle Südwind ließ sie frösteln. Die Dünung war hoch, das Meer hatte seine Farbe geändert. Das tiefe Blau war grau geworden. Am Himmel waren dicke Wolken aufgezogen.
    »Ihr solltet besser unter Deck gehen«, sagte Wölsch zu Emilia. »Ein Sturm zieht auf.«
    Emilia zögerte, sie wollte nicht weiter mit Carl streiten, aber seine Haltung erschien ihr dumm und eitel. Der Wind nahm zu, wurde immer kälter und die Wellen türmten sich vor dem Schiff auf.
    Carl kam an Deck, den Kragen des Macintosh hochgeschlagen, den Gürtel festgezogen.
    »Um Gottes willen«, rief er. »Geh nach unten, Emma. Ein Sturm am Kap ist schrecklich. Leg dich ins Bett und halte dich gut fest.«
    In diesem Moment war aller Ärger vergessen. Emilia lief zu ihmhin, umarmte und küsste ihn. »Pass auf dich auf!«, flehte sie, als sie die Sorge in seinen Augen erkannte.
    Der Hund hatte sich unter die Bank verzogen. Emilia setzte sich aufs Sofa, stemmte sich in die Ecke, denn inzwischen rollte das Schiff hin und her. Der Wind heulte in der Takelage und Eisregen prasselte auf das Deck. Julius kam in die Kajüte, schüttelte seinen Kopf, so dass die Tropfen flogen. Erst dann sah er Emilia und grinste verlegen.
    »Ich dachte, Ihr wärt in Eurer Kammer. Soll ich Euch einen Tee kochen?«, fragte er.
    »Ich glaube nicht, dass man bei diesem Wetter etwas trinken kann, ohne dass die Hälfte danebengeht. Schon das Einschenken dürfte schwierig sein.«
    »Die Südstürme am Kap sind berüchtigt.« Julius klammerte sich an der Tischkante fest.
    »Wie oft hast du das schon erlebt?«
    »Nur einmal bisher, auf der letzten Fahrt. Der Kapitän musste sich an Deck festbinden, damit er nicht

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