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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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von Bord gespült wird. Die See krachte immer wieder über das Schiff, ich war mir sicher, dass wir untergehen würden. Aber der Kapitän hat es gut gemeistert, und das wird er auch wieder.« Julius musste brüllen, um den Sturm zu übertönen.
    Emilia war zum ersten Mal wirklich angst und bange. Sie legte die Hand auf ihren Bauch, spürte das Kind.
    »Am besten geht Ihr in die Koje, Gnädigste!«
    Sie nickte, doch es war nicht so einfach, sich dem Rollen entgegenzustemmen. Schließlich schaffte sie es mit Hilfe des Stewards bis zu ihrer Kammer. Karamell war ihr gefolgt. Sie hatte die Ohren angelegt und die Rute zwischen die Beine geklemmt.
    »Meine Süße«, sagte Emilia und zog den Hund zu sich auf das Bett. Sie kroch unter die dicken Decken und stemmte sich gegen die Wand, mit der einen Hand klammerte sie sich an den Pfosten und die andere legte sie auf ihren Bauch. Die Bewegungen des Kindes beruhigten sie.
    Drei Stunden tobte der Sturm, dann legte sich der Wind etwas. Carl kam nach unten, um nach seiner Frau zu schauen.
    »Das Schlimmste ist überstanden«, sagte er und nahm einen großen Schluck aus dem Flachmann. »Zwei Segel sind gerissen, ansonsten scheinen wir ohne großen Schaden davongekommen zu sein.«
    Er küsste sie und drehte sich wieder um.
    »Bleibst du nicht?« Zu gerne hätte sie sich an ihn gekuschelt, seine Wärme und Nähe gespürt. Die Angst der vergangenen Stunden saß ihr noch tief in den Knochen.
    Carl schüttelte den Kopf. »Nein, ich teile mir die Wache mit Gleesberg. Wir wollen hoffen, dass sich das Wetter weiter beruhigt. Der schlimmste Teil der Fahrt liegt noch vor uns.«
    »Noch schlimmer?«, flüsterte Emilia, doch Carl hörte sie schon nicht mehr.
    Die Sonne wollte am nächsten Morgen gar nicht richtig aufgehen, der Himmel blieb von dichten Wolken bedeckt, die See schien zu kochen. Carl hatte die ganze Nacht am Ruder verbracht, er hatte tiefe Ringe unter den Augen.
    »Wie geht es dir?«, war jedoch seine erste Frage, als er die Kammer betrat.
    »Du Armer«, sagte Emilia und half ihm aus der Öljacke.
    »Eine Stunde Schlaf muss reichen.« Müde ließ er sich angekleidet auf das Bett sinken und schlief sofort ein.
    Emilia verbrachte den Tag in der Kajüte. Lesen oder nähen konnte sie kaum, so sehr rollte das Schiff. Julius hatte Mühe, das Essen zu servieren.
    »Der Smutje hat auf die Suppe verzichtet«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Ich hätte sie auch kaum vom Logis hierherbringen können.«
    Sie hatten eine kleine Pantry an der Kajüte, in der ein Petroleumkocher stand. Dort kochte der Steward den Tee und Kaffee oder wärmte Gerichte auf.
    »Mögt Ihr einen Kaffee?«, fragte er.
    »Mein Mann kann sicher gleich einen gebrauchen, wenn er aufsteht.«
    Julius lachte. »Das glaube ich nicht. Bei dem Wetter trinken der Kapitän und die Steuerleute Rum mit einem Schlückchen Tee. Das wärmt von innen.«
    Eine Woche lang hielt das schlechte Wetter an. Carl verzweifelte fast, denn sie machten kaum Fahrt. Jeden Morgen prüfte er ihre Position und verzog das Gesicht. Am Tag machten sie ein wenig Weg, doch in der Nacht trieb die Strömung sie wieder zurück.
    »Wir müssen weiter nach Süden«, sagte er sorgenvoll. »Aber zu dieser Jahreszeit ist das nicht ohne Risiko. Das Eis dehnt sich aus und wir dürfen auf keinen Fall in Packeis kommen.«
    Nun mussten zwei Mann Wache halten. Emilia tat der arme Tropf leid, meist war es einer der Paulsen-Brüder, der in den Ausguck musste, um nach Eisbergen Ausschau zu halten. Doch sie hatten Glück und konnten so das Kap weiträumig umfahren.
    Es wurde bitterkalt und Emilia zog sich sogar ein Paar dicke Wollsocken von Carl über die Stiefel. Sie trug alle drei Röcke übereinander, auch wenn sie allmählich nicht mehr alle Knöpfe schließen konnte. Zum Glück hatte Inken ihr eine Strickjacke und einen Janker eingepackt.
    Sie hatten die dicken Decken hervorgeholt und auch das Öfchen in dem kleinen Messingverschlag bullerte Tag und Nacht, doch gegen die eisige Kälte kam es kaum an.
    Endlich hellte es auf. Die Luft war dünn, aber klar, und Emilia meinte, das Eis riechen zu können. Sie waren in den Walfanggebieten, und mehr als einmal kreuzten sie den Weg eines Walfängers, über dem schwarzer Qualm lag, der nach Tran stank.
    Emilia war froh, endlich wieder an Deck zu können, auch wenn sie das Schultertuch noch über dem Mantel tragen und Fäustlinge anziehen musste. Karamell sprang um sie herum, flitzte bis zum Logis. Sie wusste, dass der

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