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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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ihn abzulenken, brachte der Smutje den Papageien ins Logis. Der Schiffsjunge liebte den Vogel.
    »Wird er je wieder laufen können?«, fragte Emilia besorgt.
    »Der Bruch scheint gut zu verheilen, was mit den Muskeln ist, kann man erst später sagen«, seufzte Piet. »Ich fürchte, in die Wanten wird er so bald nicht mehr klettern, wenn überhaupt.«
    Sie hatten Glück, trafen die östliche Strömung, die um das Kap herumführte. Von Eisbergen blieben sie verschont. Auch wenn die Fahrt in dieser Richtung leichter war, blieb die See doch rau.
    »Um Weihnachten herum werden wir wieder im Atlantik sein«, meinte Carl und studierte die Karten.
    »Das sind ja nur noch zwei Wochen«, sagte Emilia überrascht.
    »Ja. Und von da an geht es nordwärts und nach Hause. Wenn alles gutgeht, sind wir schon im Mai dort.«
    Sie saßen zusammen mit Gleesberg in der Kajüte, Wölsch hatte die erste Nachtwache übernommen.
    »Wie geht es dann weiter, Kapitän?«, fragte der zweite Steuermann.
    »Das Schiff muss geschrappt und gestrichen werden, bevor wir wieder in See stechen.«
    »Ja, es hat ganz schön Algen angesetzt und man merkt, dass wir dadurch schon langsamer werden. Die Top-Rah hat beim Sturm auchetwas abbekommen, auch wenn der Zimmermann meint, dass sie noch hält.«
    »Die ›Lessing‹ muss ins Dock, da beißt die Maus keinen Faden ab«, bestätigte Carl.
    »Welche Werft wirst du wählen?«, fragte Emilia leise.
    Carl zuckte mit den Schultern. »Das werden wir sehen, wenn wir da sind.«
    »Wenn Ihr nach Australien geht«, sagte Gleesberg, »bin ich dabei und Wölsch auch, hat er gesagt.«
    »Ich muss erst schauen, ob ich eine Order bekomme. Nur auf gut Glück sechs Monate oder mehr zu segeln wäre eine Idiotie.«
    »Der Smutje würde auch mitgehen. Und die Paulsens.«
    Carl grinste. »Habt Ihr alle schon gefragt?«
    Gleesberg nickte eifrig. »Das Land und auch die See dort würden uns locken. Genau wie Sumatra. Man hört die wunderlichsten Sachen aus diesen Ländern.«
    »Reis wäre wahrscheinlich eine gute Order. Ich hatte dem Agenten geschrieben, dass er Angebote prüfen solle. Vielleicht liegt in St. Vincent schon Antwort vor.«
    »Und Passagiere? Aussiedler?«, wollte Emilia wissen. »Wäre das nicht auch eine Möglichkeit?«
    Er schaute sie nachdenklich an. »Nur, wenn ich gar keine andere Order bekommen würde. Und gar nicht, wenn du und die Kleine mit an Bord seid.«
    »Nun, das werden wir ja sein. Warum spricht das dagegen?«
    »Weil diese Leute … sehr einfach sind und die Strecke nach Australien sehr lang werden kann. Ich möchte dir das nicht zumuten.«
    Emilia lachte auf. »Ach, Carl. Das kann gar nicht so schlimm werden.« Sie bückte sich, nahm einen der Welpen auf den Schoß und kraulte ihn. »Passagiere zahlen die Fahrt im Voraus, es wäre eine sichere Fracht, zumindest dorthin.«
    »Wir müssten das Unterdeck umbauen, das Zwischendeck erweitern. Stell dir das nicht so einfach vor. Menschen kann man nicht ohne weiteres unterbringen. Wir bräuchten ausreichende Wasservorräteund Proviant.« Er schüttelte den Kopf. »Und das Risiko, dass Krankheiten ausbrechen, ist auch viel größer. Die ›Lessing‹ ist kein Passagierschiff, Liebes.«
    »Das weiß ich. Und natürlich hast du recht – Krankheiten an Bord wären schrecklich.«
    Gleesberg und Carl nahmen sich die Karten und besprachen die verschiedenen Routen, die nach Australien und Sumatra führten.
    »Es wird also Australien?«, fragte Emilia, als sie später in der Koje lagen.
    »Je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass unsere Chancen dort unten besser sind als in Europa. Zumindest für mich als Kapitän mit eigener Flagge. Ich könnte zwischen Afrika, Indien und Indonesien pendeln, die Philippinen und auch China ansteuern. Die Meere dort sind nicht ungefährlich, es gibt viele kleine Inseln, Riffs, die man kaum sieht, und Strömungen, die wechseln. Aber die Strecken sind insgesamt kürzer. Wir könnten uns in Australien niederlassen.«
    »Niederlassen?«, fragte Emilia entsetzt. »Ich will bei dir an Bord bleiben.«
    Carl lacht leise und nahm sie fest in seine Arme. »Das weiß ich, Liebes«, sagte er und küsste sie. »Ich bin ja auch froh, dich auf dem Schiff zu haben. Aber irgendwann wird Lily zur Schule gehen müssen. Mein Kind soll eine vernünftige Ausbildung erhalten. Bildung ist in meiner Familie schon immer wichtig gewesen.« Er seufzte. »Ich war ungefähr in Ferdinands Alter, als ich Schiffsjunge wurde. Ich hatte die

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