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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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»Wenn es so weitergeht, sind wir erst in vier oder sechs Wochen an den Grenadinen. Dort können wir den Golfstrom nutzen. Aber es dauert mir alles zu lange.« Unruhig stapfte er über das Deck, ließ jeden Fetzen Segel setzen, den sie hatten, um auch die kleinste Brise mitzunehmen.
    Die beiden Paulsens konnten geschickt mit der Angel umgehen und fingen Schweinswale, Bonitos und andere Fische und bereicherten so den Speiseplan. Dann endlich kam Wind auf und mit ihm kamen die Regengüsse. Erleichtert dichteten sie alles an Bord ab, fingen jeden Tropfen auf, denn das Wasser auf dem Schiff war knapp und schal geworden.
    Emilia freute sich, dass sie Lily endlich wieder ausgiebig baden konnte. Auch sie selbst genoss ein heißes Bad in der Messingwanne in dem kleinen Badezimmer.
    Dennoch beunruhigte sie etwas. Ende Februar war sie sich sicher.
    »Wir werden ein weiteres Kind bekommen«, gestand sie eines Abends Carl, als sie einen letzten Gang über das Deck machten. Er blieb abrupt stehen.
    »Was?«
    »Du hast schon richtig gehört. Ich bin wieder schwanger.«
    »Jetzt schon?« Er seufzte auf.
    »Freust du dich denn nicht? Das ist doch schön, die Kinder können zusammen aufwachsen, haben einen Spielgefährten.«
    »Ja, ja.«
    Schweigend gingen sie weiter. Emilia spürte, dass der Gedanke an ein weiteres Kind Carl quälte.
    Er wird sich schon daran gewöhnen, dachte sie. Zu ändern war es eh nicht. Diesmal hatte sie keine Angst vor der Geburt, zumal das Kind ja erst im Herbst kommen würde. Wenn alles gutging, befanden sie sich dann gerade auf dem Weg nach Australien.
    Sie sprachen in den nächsten Tagen nicht mehr darüber, aber jede Nacht, wenn Carl nicht auf Wache war, legte er seine Hand vorsichtig auf Emilias noch flachen Bauch.
    Sie merkte jedoch, dass er sehr nachdenklich und schweigsam war.
    Ein Tölpel verirrte sich an Bord und wurde vom Smutje zu einer Suppe verarbeitet. »Besser der als eines meiner Hühner«, sagte er grinsend. Ferdinand hatte er als Hilfskoch eingesetzt, was dem Jungen nicht schmeckte. Lieber passte er auf Lily auf. Er spazierte mit ihr auf dem Arm über Deck, denn inzwischen konnte er sicher ohne Krücken gehen, doch zum Klettern in die Rahen reichte es noch nicht.
    Emilia war froh über die Entlastung. Fast jeden Abend kam ein Schauer nieder und so konnten sie auch große Wäsche machen. Jeder wusch und scheuerte seine Sachen, Leinen wurden kreuz und quer an den Stagen befestigt und die Sachen dort aufgehängt. Lily klatschte begeistert in die Hände und jauchzte, als sie die bunte und flatternde Kleidung sah. Doch dann fiel das Barometer wieder.
    »Wir sind zu dicht an der Küste. Es gibt ein paar kleine Inseln und Untiefen. Wenn jetzt ein Sturm aufzieht, haben wir schnell Land in Lee. Ich werde weiter nach draußen segeln«, beschloss Carl, obwohl sie nicht mehr fern von den Grenadinen waren.
    »Gehen wir dann direkt in den Golfstrom und nach Westen?«, fragte Wölsch.
    »Wir sollten darüber nachdenken. Aber wir müssen frische Lebensmittel aufnehmen, Obst und Gemüse haben wir kaum noch. Wenn wir Pech haben und zu lange für die Überfahrt brauchen, laufen wir Gefahr, dass jemand an Skorbut erkrankt. Außerdem will die Mannschaft ihre Post.«
    »Ja, ich auch.« Wölsch nickte. »Ich dachte nur, wenn wir uns eh nach Osten wenden …«
    »Könnte sein, dass wir Glück haben und uns der Wind und der Strom schnell über den Atlantik bringen. Ich habe es schon einmal in etwas mehr als vier Wochen geschafft. Aber da hatte ich vorher in Caracas frische Ware aufgenommen.«
    »Vier Wochen – verlockend. An die Lebensmittel habe ich gar nicht gedacht.«
    Carl grinste. »Deshalb bin ich ja auch der Kapitän und Ihr nur der erste Steuermann.«
    Seine Sorge, das wusste Emilia, galt vor allem aber ihr und Lily. Bisher hatte sie das Kind stillen können, doch allmählich versiegte ihre Milch. Lily aß gerne zerdrücktes und zerkleinertes Obst und Gemüse, aber sie hatten nur noch wenige Kartoffeln, einige schrumpelige Möhren und etwas Sellerie. All das begann nun in der feuchten Luft zu faulen und auch Emilia machte sich Gedanken um die Ernährung des Kindes. Haferschleim und Milchsuppe konnte sie ihr nicht geben. Auch Apfelmus hatten sie nicht. Das Kind gedieh und wuchs und schien bisher keinen Mangel zu haben, doch in den nächsten Wochen brauchten sie dringend frische Lebensmittel.
    Dennoch fürchtete Emilia sich vor dem Halt. Würde Post für sie bereitliegen? Wie hatten ihre Eltern auf die

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