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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Schule besucht und gut abgeschlossen, aber ein Studium konnte mein Vater mir nicht bezahlen, anders als bei meinen Brüdern.«
    Emilia hörte den leisen Neid in seiner Stimme. »Was hättest du denn studieren wollen?«
    Carl zuckte mit den Schultern. »Ich hatte keine besondere Begabung. Physik hat mich schon immer fasziniert und Astronomie. Beides kann ich an Bord gut gebrauchen. Ich hatte Glück mit dem zweiten Kapitän, unter dem ich als Leichtmatrose angefangen habe. Erhat mich gefördert und mich ermuntert, die Offiziersschule zu besuchen und mein Kapitänspatent zu machen.«
    »Dann war das doch der richtige Weg für dich, denn in meinen Augen bist du Seemann mit Leib und Seele.«
    Wieder küsste er sie. »Ja, aber mit Leib und Seele bin ich auch Ehemann.«
    »Und das ist auch gut so«, sagte sie.
    Für das Weihnachtsfest, das sie ja ganz sicher auf See verbringen würden, hatte Emilia schon in Valparaiso eingekauft. Inzwischen kannte sie die Mannschaft gut und konnte für jeden eine passende Kleinigkeit erstehen.
    Für Carl hatte sie ein Hemd aus Alpakawolle erworben, das sowohl wärmte als auch wasserabweisend sein sollte. Außerdem hatte sie ihm einen neuen Tabakbeutel gekauft, denn seiner löste sich auf und der Tabak krümelte in seine Jackentasche.
    Wölsch liebte Gedichte, und so hatte sie ihm Heines »Buch der Lieder«, das sie zufällig bei einem Händler entdeckt hatte, gekauft.
    Gleesberg zeichnete gerne in seiner Freizeit. Oft sah Emilia ihn an Deck, wenn er Vögel beobachtete und sie zu Papier brachte. Ihm hatte sie feine Kohlestifte und Papier besorgt.
    Julius, der Steward, würde sich wieder über Naschwerk freuen.
    Piet war ihr fast zu einem väterlichen Freund geworden. Immerhin hatte er sie in einem ihrer intimsten Augenblicke begleitet. Für ihn hatte sie ein neues Arzneikästchen aus feinem Holz besorgt und dazu auch einige Tinkturen und Arzneien. Außerdem bekam auch er einen großen Beutel Tabak.
    Die Mannschaft wurde ebenfalls beschenkt. Für jeden hatte sie etwas besorgt, was seinen Neigungen entsprach.
    Nur für Ferdinand, der immer noch das Bett hüten musste und nur manchmal, wenn ein schöner Nachmittag war, in einem Stuhl an Deck getragen wurde, brauchte es etwas Besonderes zur Aufmunterung.
    Sie besuchte ihn jeden Tag und hatte festgestellt, dass er kaum lesen konnte. Deshalb hatte sie mit ihm geübt, und nun hatte er Gefallendaran gefunden. Sie würde ihm ihr Exemplar von »Moby Dick« schenken, damit konnte er sicher einige trübe Stunden vertreiben.
    Das zweite Weihnachtsfest an Bord war anders als das erste. Man war zusammengewachsen, kannte die kleinen Schwächen und Fehler der anderen, wusste aber die Stärken und die Gemeinschaft umso mehr zu schätzen.
    Selten gab es Streit an Bord und wenn, wurde er meist friedlich gelöst, was keine Selbstverständlichkeit war, wie Emilia aus den Erzählungen der Steuermänner erfahren hatte. Oft war es so, dass die höheren Ränge die niedrigen piesackten oder gar quälten. Carl hatte solche Quälereien über sich ergehen lassen müssen, als er Schiffsjunge gewesen war. Er sprach nicht gerne darüber, achtete aber sehr genau darauf, dass es auf seinem Schiff nicht zu groben Ungerechtigkeiten oder Strafen kam.
    Am Weihnachtsabend hatte der Smutje wieder ein ganz besonderes Mahl zubereitet. Es gab Krabbencocktail, dafür hatte der zweite Leichtmatrose zwei Tage lang mit dem Käscher über der Verschanzung gehangen.
    Eine der Sauen musste dran glauben. Der Smutje legte einen Teil in Essig und Rotwein ein, so dass es einen Sauerbraten ergab, der ganz zart und köstlich war. Als Nachtisch servierte er Apfelsinen und die letzten Bananen, die sie noch als grüne Büschel an Bord genommen hatten und die nun fast überreif waren. Danach gab es die Bescherung.
    Die Steuerleute hatten für Emilia Stoffe gekauft und für Lily ein silbernes Glöckchen. Carl bekam eine Flasche Portwein.
    Auch die Mannschaft durfte Bananen essen, so viel sie wollte.
    Nach dem Essen gingen sie nach vorn ins Logis und bescherten die Leute. Wie immer wurden sie mit dem Seemannsdank »Hipp, hipp, hurra!« belohnt. Danach holte McPhail seine Fidel, Paul Paulsen das Schifferklavier und sein Bruder eine Flöte hervor. Sie spielten Lieder und Shantys, die Mannschaft sang dazu.
    Extra für die Kapitänsfamilie sangen sie »Stille Nacht, Heilige Nacht«. Emilia war zu Tränen gerührt.
    Wie seltsam es doch war, dieses Weihnachtsfest unter dem Stern des Südens, das rauschende

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