Die Auswahl. Cassia und Ky
müssen. Hier,
das
ist für Sie.« Sie zieht einen anderen Mikrochip aus einem Seitenfach ihrer Tasche. »Ich habe ihn persönlich überprüft. Alles in Ordnung.«
»Danke.«
Nachdem ich den neuen Mikrochip in meine Tasche gesteckt habe, sagen wir einen Moment lang beide nichts. Ich lasse meinen Blick über den Rasen, die Metallbänke und den kleinen Betonbrunnen in der Mitte der Grünfläche wandern, der alle paar Sekunden silbrige Wasserstrahlen in die Luft schleudert. Dann schaue ich die Frau neben mir an und versuche, einen Blick auf das Abzeichen auf ihrer Hemdtasche zu erhaschen. Ich weiß, dass sie eine Funktionärin ist, weil sie eine weiße Uniform trägt, aber ich habe keine Ahnung, welche Behörde der Gesellschaft sie repräsentiert.
»Ich gehöre zur Paarungsbehörde und bin befugt, mich um Fehlfunktionen zu kümmern«, erklärt sie, als sie meinen Blick bemerkt. »Glücklicherweise haben wir nicht viel zu tun. Da die Paarung für die Gesellschaft so wichtig ist, ist sie sehr gut organisiert.«
Ihre Worte erinnern mich an einen Absatz in den offiziellen Paarungsunterlagen.
Die Paarung verfolgt zwei Ziele: Unserer Gesellschaft möglichst gesunde Bürger zu garantieren und den interessierten Bürgern die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Familienleben zu bieten. Für die Gesellschaft ist es von größter Wichtigkeit, dass die Partner so optimal zusammenpassen wie möglich.
»Ich habe noch nie von einem Fehler wie diesem gehört.«
»Ich befürchte, das passiert ab und zu. Allerdings nicht oft.« Sie schweigt einen Augenblick lang und stellt mir dann die Frage, die ich nicht hören will.
»Haben Sie die andere Person erkannt, die Sie gesehen haben?«
Plötzlich und unerklärlicherweise bin ich versucht zu lügen. Ich möchte sagen, dass ich keine Ahnung habe, wer das war, und dass ich das Gesicht vorher noch nie gesehen habe. Wieder schaue ich hinüber zu dem Springbrunnen und beobachte, wie der Wasserstrahl aufsteigt und fällt, und ich weiß, dass mein Zögern mich verrät. Also antworte ich.
»Ja.«
»Können Sie mir seinen Namen nennen?«
Natürlich weiß sie alles, also bleibt mir nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen. »Ja. Ky Markham. Das ist ja das Merkwürdige. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fehler passiert, und dann ausgerechnet mit jemanden, den ich ebenfalls kenne ….«
»Ist nahezu gleich null«, pflichtet sie mir bei. »Das ist wahr. Wir fragen uns, ob der Fehler absichtlich gemacht worden ist, irgendeine Art von Scherz. Wenn wir die Person finden, werden wir sie natürlich schwer bestrafen. Es war grausam, so etwas zu tun. Nicht nur, weil es Sie erschreckt und verwirrt hat, sondern auch wegen Ky.«
»Weiß er davon?«
»Nein. Er hat keine Ahnung. Dabei war es besonders grausam, ihn für diesen Streich zu missbrauchen. Das liegt an dem, was er ist.«
»Was ist er denn?«
Ky Markham war in unser Viertel gezogen, als wir zehn Jahre alt waren. Er ist gutaussehend und ruhig. Sehr still. Er ist kein Unruhestifter. Ich sehe ihn nicht mehr so oft wie früher. Im letzten Jahr hat er schon sehr früh eine feste Arbeitsstelle erhalten und geht seitdem nicht mehr gemeinsam mit den anderen Jugendlichen unseres Viertels in die Schule.
Die Funktionärin beugt sich etwas näher zu mir, obwohl keiner da ist, der uns hören könnte. Das Licht der Straßenlaterne über uns scheint auf uns hinunter, heiß, und ich rutsche ein wenig auf meinem Platz herum. »Diese Information ist vertraulich, aber Ky Markham könnte niemals Ihr Partner werden. Er wird niemals der Partner von irgendjemandem sein.«
»Dann hat er also beschlossen, Single zu bleiben.« Ich verstehe nicht genau, warum diese Information vertraulich ist. Viele Leute an unserer Schule haben sich entschieden, Single zu sein. Es gibt sogar einen Absatz dazu in den offiziellen Paarungsunterlagen:
Bitte überlegen Sie gewissenhaft, ob Sie ein guter Kandidat für die Paarung sind. Denken Sie daran, dass Singles für die Gesellschaft ebenso wichtig sind. Wie Sie wissen, ist das gegenwärtige Oberhaupt der Gesellschaft Single. Sowohl verheiratete als auch alleinlebende Bürger führen in unserer Gesellschaft ein erfülltes Dasein. Jedoch ist es nur denjenigen erlaubt, Kinder zu bekommen, die sich für die Paarung entschieden haben.
Sie beugt sich noch näher zu mir. »Nein. Er ist kein Single. Ky Markham ist eine Aberration.«
Ky Markham ist eine Aberration?
Aberrationen leben unter uns, sie sind nicht
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