Die Auswahl. Cassia und Ky
niemals wirklich allein: Das Terminal brummt im Hintergrund, es passt auf und beobachtet mich. Aber das ist in Ordnung, schließlich brauche ich es für das, was ich vorhabe. Ich will mir den Mikrochip ansehen, ohne dass mir dabei jemand über die Schulter schaut. Ich will mehr über Xander erfahren, bevor ich ihn heute Abend wiedersehe.
Als ich den Chip einführe, wird das Summen des Terminals lauter. Der Bildschirm leuchtet auf, und mein Herz klopft erwartungsvoll, auch wenn ich Xander so gut kenne. Welche Informationen hat die Gesellschaft ausgewählt? Was will sie mich über die Person wissen lassen, mit der ich den größten Teil meines Lebens verbringen werde?
Weiß ich wirklich alles über ihn, wie ich immer geglaubt habe, oder gibt es etwas, was ich nicht weiß?
»Cassia Reyes, die Gesellschaft freut sich, Ihnen Ihren idealen Partner vorzustellen.«
Ich lächele, als Xanders Gesicht auf dem Monitor erscheint, unmittelbar gefolgt von den aufgezeichneten Informationen. Es ist ein gutes Bild von ihm. Sein Lächeln ist wie immer, strahlend und ehrlich. Seine blauen Augen blicken freundlich. Ich studiere eingehend sein Gesicht, wobei ich so tue, als hätte ich es noch nie zuvor gesehen, nur in dem kurzen Augenblick am Abend zuvor beim Bankett. Ich betrachte seine Züge, den Schwung seiner Lippen. Er sieht wirklich gut aus! Ich hätte niemals zu träumen gewagt, dass er mein Partner sein könnte, aber jetzt, nachdem es passiert ist, ist mein Interesse geweckt. Ich bin fasziniert. Und ich fürchte mich ein wenig davor, wie es vielleicht unsere Freundschaft verändern wird. Aber eigentlich bin ich vor allem glücklich.
Doch als ich den Finger ausstrecke, um das Wort »Verhaltensregeln« zu berühren, wird Xanders Gesicht plötzlich dunkel und verschwindet allmählich. Der Monitor piept, und eine Stimme wiederholt: »Cassia Reyes, die Gesellschaft freut sich, Ihnen Ihren idealen Partner vorzustellen.«
Mir bleibt fast das Herz stehen, und ich traue meinen Augen kaum. Wieder erscheint ein Gesicht auf dem Monitor vor mir.
Aber es ist nicht Xander.
KAPITEL 4
» W
as?«
Völlig perplex berühre ich den Bildschirm und das Gesicht löst sich unter meinen Fingerspitzen auf, zerfällt in Millionen Pixel wie zu Staub. Worte erscheinen, aber bevor ich sie lesen kann, wird der Bildschirm wieder schwarz.
Schon wieder!
»Was soll das?«, frage ich mich laut.
Der Monitor bleibt schwarz. Genauso sieht es in meinem Herzen aus. Es ist tausendmal schlimmer als der leere Bildschirm, den ich gestern Abend gesehen habe. Da habe ich gewusst, was es zu bedeuten hat. Aber ich habe keine Ahnung, was es jetzt zu bedeuten hat. Ich habe noch nie gehört, dass
so etwas
passiert.
Ich verstehe das nicht. Die Gesellschaft macht keine Fehler.
Aber was kann es anderes sein? Niemand hat zwei Partner.
»Cassia?«, ruft Xander vor der Haustür.
»Ich komme!«, rufe ich, reiße den Mikrochip aus dem Steckplatz und schiebe ihn in meine Tasche. Ich hole tief Luft, und dann öffne ich die Tür.
***
»Also, von deinem Mikrochip habe ich erfahren, dass du gerne Fahrrad fährst«, sagt Xander förmlich, als ich die Tür hinter mir schließe und bringt mich damit, trotz alldem, was gerade passiert ist, zum Lachen. Ich hasse Radfahren von allen Sportarten am meisten, und das weiß er ganz genau. Wir streiten uns deswegen immer, denn ich finde es einfach nur unsinnig, auf etwas zu fahren, das nicht vorwärtskommt und dessen Räder sich einfach nur ewig drehen. Er weist mich dann immer darauf hin, dass ich es mag, auf dem Laufband zu rennen, was ja eigentlich fast das Gleiche ist. »Es ist anders«, sage ich zu ihm, aber ich kann nicht erklären, warum.
»Und, hast du den ganzen Tag damit verbracht, mein Gesicht auf dem Monitor anzustarren?«, fragt er. Er scherzt immer noch, aber auf einmal bleibt mir die Luft weg. Hat er auch
seinen
Mikrochip angesehen? Und war es
mein
Gesicht, das er gesehen hat?
»Natürlich nicht«, antworte ich in dem Versuch, ebenfalls scherzhaft zu klingen. »Heute ist Samstag. Du weißt, dass ich arbeiten musste.«
»Ich auch, aber ich habe mir trotzdem den Mikrochip angesehen. Ich bin alle deine Daten durchgegangen und habe sämtliche Verhaltensregeln gelesen.«
Seine Worte lassen mich aufatmen. Ich brauche mir also keine allzu großen Sorgen zu machen. Zwar stecke ich bis zum Hals im Schlamassel, und es läuft mir immer noch eiskalt den Rücken herunter, aber wenigstens kann ich aufatmen. Xander glaubt immer noch,
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