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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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zu zittern. „Keinen Arzt! Es ist nichts.“
    „Unsinn“, erwiderte Eva. „Johanna, du siehst doch, wie schwer sie verletzt ist. Sie braucht Hilfe. Sag mir, was ich tun soll! Ich hole einen Arzt, aber du musst mir sagen, wo ich einen finden kann.“
    Isabella hielt noch immer Johannas Hand fest und starrte ihr dabei ins Gesicht. „Nein!“, wiederholte Johanna. „Sie will keinen Arzt.“
    Isabella nickte und lockerte ihren Griff. Ihre Lider begannen zu flattern und sie schloss die Augen. „Ich habe Durst.“
    „Das war Kurt“, stellte Johanna fest. Vorsichtig löste sie ihre Hand aus Isabellas und stand auf, um ein Glas Wasser zu holen.
    „Kurt?“, fragte Eva völlig fassungslos. „Was redest du da?“ Und als ihr keine der beiden Frauen antwortete, fragte sie wieder: „Was soll Kurt gewesen sein? Verdammt noch mal, redet mit mir!“
    Isabella richtete sich mühsam auf, um zu trinken, und sank dann wieder kraftlos ins Kissen zurück. Sie war leichenblass, ihr langes schwarzes Haar klebte ihr nass und schmutzig am Kopf. Johanna hatte ihr geholfen das Glas zu halten, während sie trank, trotzdem war ihr das Wasser auf beiden Seiten ihres geschwollenen Mundes wieder herausgelaufen. Sie zitterte jetzt am ganzen Körper. „Ich hatte Streit mit Dieter“, flüsterte sie. Eva rutschte auf Knien näher zu ihr heran, um sie besser verstehen zu können. Jetzt knieten beide Frauen vor dem Sofa an ihrer Seite. „Wir haben so gestritten … er hat auf dem Highway angehalten und mich aus dem Auto geworfen … ich habe mich geweigert, wieder einzusteigen … bin zur Mine gewandert … ich dachte mir, Kurt kann mich … wenn er mit der Arbeit fertig ist … mitnehmen … und … Kurt ... Kurt ...“ Ihr versagte endgültig die Stimme.
    „Kurt hat gesagt, kein Problem, ich bringe dich zurück“, sprang Johanna ein.
    Isabella nickte schwach und ihre Freundinnen warteten, bis sie weitersprechen konnte. „Es ging alles so schnell ... er hat mich gerufen … er wolle mir etwas zeigen … ich ging zu ihm ... oh Gott, Johanna … es tut mir so leid … ich wollte doch nicht …“
    Eva versuchte zu verstehen, was Isabella da sagte, dass Kurt sie misshandelt und vielleicht sogar vergewaltigt hatte. „Oh mein Gott!“, rief sie. „Das kann doch nicht wahr sein! Doch nicht Kurt.“
    Warum denn nicht? Wie blind bist du denn?, hätte Johanna am liebsten geschrien. Hast du denn nicht gesehen, wie er mich behandelt? Aber kein Laut kam über ihre Lippen. Sie war aufgewühlt, jeder Nerv in ihr zum Zerreißen gespannt, gleichzeitig war sie vollkommen ruhig, fast zufrieden und fühlte sich bestätigt. Seht ihr nun, was ich alles ertragen muss? Begreift ihr jetzt endlich?
    Isabella öffnete ihre Augen einen Spaltbreit. Sie würde sich nicht mehr lange wach halten können, sie war so müde, wollte nur noch schlafen. „Konnte ihn abschütteln …“, fuhr sie stockend mit ihrem Bericht fort. „Einen Hammer erwischt ... draufgehauen. Er hat geschrien. Wie ein Tier.“ Mit letzter Kraft riss sie die Augen auf und blickte ins Leere. „Er war wie ein Tier. Wie ein Tier. Nur weg von hier, ins Auto. Ich hab seine Hände gespürt. Seinen Atem. Sein Keuchen. Im Auto steckten die Schlüssel. Gott sei Dank. Ich bin einfach losgefahren. Bin hierher. Bitte, ihr müsst etwas tun. Er darf mir nichts mehr tun. Der Hammer ... bitte, ich brauche den Hammer ...“ Sie fiel in Ohnmacht – oder in tiefen Schlaf.
    Aber es gab auch nichts mehr, was die Frauen noch hätten wissen müssen.
    Eva war total durcheinander. „Was machen wir bloß?“, jammerte sie. „Was sollen wir nur tun? Sie braucht doch Hilfe. Sieh sie dir doch an.“
    Da herrschte Johanna sie an: „Ich bin Krankenschwester! Ich weiß schon, was zu tun ist. Es sieht schlimmer aus, als es ist.“
    „Bist du sicher?“
    „Ja, verdammt noch mal!“ Johanna war plötzlich wie ausgewechselt. Sie rannte hin und her, brachte Verbandszeug und noch mehr Wasser, säuberte und versorgte Isabellas Wunden, während sie ununterbrochen halblaut vor sich hin wetterte. Ihre Stimme klang hart und klar. Sie verfluchte Kurt, nannte Isabella ein dummes Luder und stieß wüste Drohungen aus. Nachdem sie mit Isabellas Wundversorgung fertig war, zog sie ihr die Decke bis unters Kinn und sagte zu Eva: „Sie braucht jetzt dringend Schlaf. Bleib bei ihr und pass auf sie auf.“ Damit ging sie nach hinten, in den abgetrennten Schlafbereich.
    „Was hast du vor?“, rief Eva ihr nach.
    „Ich kümmere mich um

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