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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
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normalerweise keinen Tabak kaue. Es war nicht anders als bei den Besuchen im Heim, nur interessanter wegen der Bären. Es waren schätzungsweise acht oder zehn. Im Innern des Feuers tat sich auch so einiges: Kleine Dramen wurden aufgeführt, indem flammende Kammern geschaffen und dann wieder in einem prasselnden Funkengestöber zerstört wurden. Meine Phantasie lief auf Hochtouren. Ich blickte mich im Kreis der Bären um und fragte mich, was sie wohl sehen mochten. Einige hatten die Augen geschlossen. Obwohl sie sich zu einer Gemeinschaft versammelt hatten, schien jeder Geist seiner eigenen Wege zu gehen, als ob jeder Bär einsam vor seinem eigenen Feuer säße.
    Die Radkappe wurde herumgereicht, und wir nahmen einige Neubeeren. Ich weiß nicht, wie es Mutter hielt, aber ich tat so, als ob ich meine äße. Wallace jr. verzog das Gesicht und spuckte seine aus. Es wurde kälter, und wir waren – im Gegensatz zu den Bären – nicht mit Pelzen ausgestattet. Ich wäre gern nach Hause gegangen, Mutter jedoch nicht. Sie deutete hinauf in den Baldachin aus Laub, in dem sich Licht ausbreitete, und dann deutete sie auf sich selbst. Glaubte sie, Engel kämen aus der Höhe herabgeschwebt? Es war nur das Fernlicht eines nach Süden fahrenden Lastwagens, doch sie schien ungeheuer erfreut. Ich nahm ihre Hand in meine und spürte, wie sie immer kälter wurde.
     
    Wallace jr. weckte mich, indem er mir aufs Knie klopfte. Die Frühdämmerung war bereits vorbei, und seine Großmutter war auf dem Baumstamm zwischen uns sitzend gestorben. Das Feuer war zugeschüttet, die Bären waren verschwunden, und jemand kam krachend durchs Gehölz, ohne auf den Pfad zu achten. Es war Wallace. Zwei berittene Polizisten folgten dicht hinter ihm. Er trug ein weißes Hemd, und mir wurde bewußt, daß Sonntag morgen war. Hinter der Traurigkeit, als er von Mutters Tod erfuhr, war seine Verärgerung erkennbar.
    Die Polizisten schnupperten in die Luft und nickten. Der Bärengeruch war immer noch stark. Wallace und ich wickelten Mutter in den Bettüberwurf und machten uns mit ihrem Leichnam auf den Weg zurück zum Highway. Die Polizisten blieben zurück; sie zertraten die Asche des Bärenfeuers und schleuderten das Brennholz ins Gebüsch. Ein kleinmütiges Verhalten! Sie waren nicht anders als die Bären, jeder einsam und allein in seiner Uniform.
    Am Mittelstreifen stand Wallaces 98er Oldsmobile, dessen Radialreifen auf dem Gras eindrückt aussahen. Davor stand ein Polizeiauto mit einem Polizisten daneben, und dahinter ein Leichenwagen, ebenfalls ein Olds, Baujahr 98.
    »Das ist der erste uns zur Kenntnis gekommene Fall, daß sie alte Leute belästigt haben«, sagte der Polizist zu Wallace.
    »So hat es sich ganz und gar nicht abgespielt«, warf ich ein, doch niemand bat mich um eine Erklärung. Sie hatten ihre eigenen Methoden. Zwei Männer in Anzügen stiegen aus dem Leichenwagen und öffneten die rückwärtige Tür. Das war für mich der Moment, in dem Mutter aus diesem Leben schied. Nachdem wir sie hineingeschoben hatten, legte ich den Arm um den Jungen. Er zitterte, obwohl es gar nicht so kalt war. Das bringt der Tod manchmal so mit sich, besonders im Morgengrauen, wenn die Polizei herumwimmelt und das Gras naß ist, selbst wenn er als Freund kommt.
    Wir standen eine Zeitlang da und beobachteten die vorbeirauschenden Autos. »Es ist eine Gnade für sie«, sagte Wallace. Es ist erstaunlich, welch reger Verkehr um sechs Uhr zweiundzwanzig herrscht.
    Am Nachmittag begab ich mich wieder zu der Stelle auf dem Mittelstreifen und schnitt einige Äste als Brennholz ab, um das zu ersetzen, was die Polizisten weggeschleudert hatten. Am Abend sah ich das Feuer durch die Bäume.
    Zwei Nächte später ging ich wieder hin, nach der Beerdigung. Das Feuer brannte, und es war dieselbe Gruppe von Bären, wenn ich mich nicht täuschte. Ich blieb eine Weile bei ihnen sitzen, doch es schien sie nervös zu machen, also ging ich nach Hause. Ich hatte einige Neubeeren aus der Radkappe genommen, und am Sonntag ging ich mit dem Jungen zu Mutters Grab und legte sie in einem hübschen Muster darauf aus. Ich probierte noch mal eine, aber es ist sinnlos, man kann sie nicht essen.
    Es sei denn, man ist ein Bär.
     
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    Originaltitel: ›BEARS DISCOVER FIRE‹ • Copyright © 1990 by Davis Publications • Erstmals erschienen in ›Isaac Asimov’s Science Fiction Magazine‹, August 1990, mit freundlicher Genehmigung des Autors • Copyright © 1993 der deutschen Übersetzung

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