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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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alarmiert. Sie gruben die fast vollständig verweste Leiche einer Frau aus, der man den Schädel zertrümmert hatte.
    Anton Keil erhielt die Nachricht von dem Fund der Leiche und ließ den Bauern vernehmen, dem das Feld gehörte. Der Mann sagte aus, dass die Tote die Frau eines Räuberanführers gewesen war, der einmal in seiner Scheune übernachtet hatte.
    Anton Keil schickte seinen Sekretär nach Wesel, wo noch immer die nach dem Daadener Überfall gefangenen Räuber saßen. Diepenbach hatte den Auftrag, jedem der dort inhaftierten Anführer den Mord auf den Kopf zuzusagen. Karl Heckmann und Augustin Overtüsch lachten den Sekretär aus. Adolph Weyers aber verteidigte sich und rief: »Ich weiß, die Tote ist die Frau vom Fetzer, Gertrud Stucks.«
    Jetzt ließ Anton Keil den Bauern Sebastian Trotzenberg nach Köln bringen und verhörte ihn selbst. Nach zwei Stunden erzählte der Bauer, was auf seinem Hof passiert war. Er flehte um Gnade und beteuerte, er habe die Leiche bei vorgehaltener Pistole begraben müssen.
    Ungestraft ließ der öffentliche Ankläger den Bauern nach Büttgen zurückkehren. Er sagte zu seinem Sekretär: »Diepenbach, der Fetzer ist der Gefährlichste von allen. Wenn wir den haben, dann gibt es bald keine Banden mehr.«
    Im April beging Mathias gemeinsam mit einigen Kumpanen acht Überfälle. Jedesmal wurden darauf Soldaten zusammengezogen und in den umliegenden Orten scharfe Kontrollen durchgeführt. Aber weil Mathias seine Bande nach jedem Überfall sofort in eine andere Gegend marschieren ließ, entkamen sie immer wieder den Verfolgern.
    Ende April befreite Johann sich und seine Frau mit Hilfe des Chlamony aus dem Gummersbacher Gefängnis. Er sandte dem Freund eine Nachricht nach Neuwied. Sofort verließ Mathias mit Christine die Herberge und traf den Straßburger an der Straße nach Henningen. Weil sie eine erneute Razzia im Haus des Belz befürchteten, zogen sie mit ihren Frauen und einigen Kumpanen nach Pützchen. Mitten in diesem kleinen Dorf bei Bonn fanden die Räuber in vier nebeneinander liegenden Häusern für ein paar Taler sicheren Unterschlupf. Wenn nicht gerade der alljährliche große Jahrmarkt in Pützchen war, lebten hier nur einige arme Leute, Fischer und Händler, die mit ihren Waren von Ort zu Ort zogen. Mathias hatte schon oft daran gedacht, den Hauptsitz der Bande nach Pützchen oder Porz zu verlegen, aber weil in beiden Dörfern nicht genügend Platz war, um eine Bande von dreißig bis vierzig Mann gefahrlos zu beherbergen, hatte er diesen Plan fallen gelassen.
    Doch für eine kleine Gruppe bot Pützchen einen sicheren Schutz, weil auch die Verfolger wussten, dass der Ort für einen Bandenunterschlupf zu klein war.

Mai 1800
    Vier Tage später kam ein Hehler aus Beuel, der ihnen von einem Haus in Niederpleis berichtete. Die Räuber hatten sich während der letzten April- und der ersten Maitage ausgeruht. Sofort beschlossen sie, den reichen Mann in Niederpleis um einiges zu erleichtern. Zwar trug Mathias eine Pistole, er hatte aber nur für zwei Schuss Blei und Pulver. Johann hatte seine Waffen bei der Verhaftung eingebüßt, und die drei Kumpane besaßen zusammen nur zwei Seilermesser. »Wir überraschen den Mann im Schlaf dazu brauchen wir keine Waffen!«, rief Mathias.
    Spät in der Nacht führte der Hehler aus Beuel die Gruppe nach Niederpleis. »Ich seh mir das Haus an«, raunte Mathias den Kumpanen zu. Johann flüsterte: »Wenn du Hilfe brauchst, dann schrei wie ein Kauz!«
    Mathias lief geduckt bis zu dem kleinen Hof, der abseits von den anderen Häusern in einer großen Wiese lag. Dann kroch er bis an die Außentür. Sie war aus dicker Eichenbohle. Die Wand neben der Tür bestand nur aus Holz und Lehm. Mathias schlich zu den Kumpanen zurück. »Durch die Tür schaffen wir’s nicht, aber durch die Wand.«
    Er stellte den Hehler und einen der beiden Kumpane als Wache auf Trotz seiner immer noch schmerzenden Hand wollte Johann mit in das Haus. Sie hoben eine Wagendeichsel aus ihrer Halterung. »Johann, du kommst gleich mit der Laterne hinter uns her!«, zischte Mathias. Dann gab er Schwarzschleuß ein Zeichen. Sie stießen mit dem Rennbaum in die Lehmwand. Nach einem Knall klaffte ein großes Loch in der Hauswand. Mathias stieg als Erster hindurch, ihm folgte Johann und zum Schluss Schwarzschleuß. Sie waren in der Küche, der Straßburger hob die Laterne, schlich auf Zehenspitzen zur Tür und öffnete sie. Sie horchten, es war still im Haus.
    Mathias und

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