Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
Vom Netzwerk:
Barras verschaffen, indem er Andrés Leben schützte? Um Barras gefügig zu machen
     – und seinen eigenen Ambitionen zu dienen?
    André schwitzte. Er war nun sicher, unvermutet in ein Netz aus Intrigen geraten zu sein, in dem jeder hoffte, ihn zu seiner
     Marionette machen zu können. Auf jeden Fall würde es klug sein, sich aus Paris fernzuhalten.
    André und der Offizier maßen einander noch immer mit Blicken.
    «In Ordnung», sagte André. «Ich fahre, sobald ich den Befehl dazu erhalte. Aber meine Bedingung ist: Der Osten bleibt ausgeschlossen.»
    Ein leichtes Lächeln umspielte Bonapartes Lippen. «Levallois, Sie gefallen mir. Sie würden noch versuchen, dem |433| Tod das Datum zu diktieren, an dem er Sie abholen darf. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann. Aber dafür schulden Sie
     mir dann einen Gefallen.»
    André verbeugte sich. «Ich schulde Ihnen schon zwei, General. Unter anderem mein Leben, wenn ich das richtig einschätze.»
    «Sie gefallen mir immer besser. Aber geben Sie acht: Irgendwann, vielleicht dann, wenn Sie es am wenigsten erwarten, werde
     ich diese beiden Gefallen von Ihnen zurückfordern.» Bonaparte streckte eine Hand aus. «Leben Sie wohl, Levallois.»
    Sie tauschten einen kräftigen Händedruck.
    «Leben auch Sie wohl, General.»
    ***
    «Ich gehe raus. Kommen Sie mit?», fragte Marie-Provence.
    Sie war überrascht, als das Kind nickte und nach ihrer Hand griff. Einige Zeit später hatten sie das graue Steinhaus verlassen,
     in dem sie einquartiert waren. Eine frische Brise schlug ihnen entgegen, beladen mit dem Geruch von Schlick. Marie-Provence
     befeuchtete ihre Lippen und lächelte. «Was für eine unglaubliche Luft! Schmecken Sie auch das Salz?»
    Charles antwortete nichts, öffnete aber den Mund und drehte das Gesicht in den Wind. Seine blonden Haare flatterten um seinen
     Schädel, seine Wangen und Lippen nahmen einen frischeren Farbton an. Auf einmal war Marie-Provence sehr glücklich, hier an
     der Küste zu stehen und nicht in irgendeiner Stadt jenseits der Grenze. Wind, Sonne und Meer – vielleicht war es genau das,
     was das Kind brauchte, um gesund zu werden. Wie gerne sie sich darüber mit Jomart unterhalten hätte. Sie seufzte, als sie
     an den lieben Arzt dachte, von dem sie sich nicht hatte verabschieden können. Der Druck von Kinderfingern riss sie aus ihren
     Gedanken.
    «Ist es weit bis zum Meer, Marie?»
    Marie-Provence sah auf das Kind hinunter. «Möchten Sie da hin?»
    |434| Charles nickte.
    «Dann werden wir es schaffen», meinte Marie-Provence.
    Sie machten sich auf den Weg. Es waren in der Tat nur ein paar hundert Schritte bis zum Wasser, doch für Charles war es eine
     außergewöhnliche Leistung, sie zurückzulegen. Es war ein Segen, dass man ihnen auf den schmalen Wegen Platz machte und Marie-Provence
     und das Kind sich nicht durch die Menschenmengen drängen mussten. Das Dorf, in dem Guy sie untergebracht hatte, bestand nur
     aus einer Handvoll Häuser und einer uralten Kapelle; man hatte es gewählt, weil es ganz in der Nähe von Moustoir lag, dem
     Hauptquartier der Chouans. Allerdings waren die Gebäude längst nicht dem Andrang gewachsen, dem sie ausgesetzt waren.
    Seit Tagen strömten unablässig Menschen in die Gegend zwischen Vannes und Carnac. Die bretonischen Chouans, benachrichtigt
     durch das Netz ihrer Spione, rüsteten sich, um an der Küste die Royalisten zu empfangen. Dabei zogen nicht nur die Frauen
     und Kinder der revoltierenden Bauern mit, sondern auch ihre Eltern, ihr Viehbestand und nicht selten ihr ganzer Haushalt.
     Ständig schoben sich neue, überladene Wagen über den Weg, sodass sich schon bald ein improvisiertes Zelt an das nächste reihte.
     Seltsam war, dass diese Massenbewegung nicht im völligen Chaos versank. Obwohl sie für Marie-Provence unsichtbar war, gab
     es eine Ordnung, die Familien und Habseligkeiten trennte, Schafherden aufteilte und jedem seinen Platz zuwies. Davon konnte
     sie sich wieder einmal überzeugen, als sie mit Charles an der Hand die kurze Dorfstraße hinunterlief.
    Ihr Spaziergang blieb nicht unbemerkt. Längst war bekannt, wer Charles war. Die Reaktionen der Menschen, denen sie begegneten,
     taten wohl: das verschmitzte Lächeln in den gegerbten Gesichtern der Fischer oder die Frauen, die sie im Vorbeigehen verstohlen
     segneten und ihnen hoffnungsvoll nachsahen. Das Kind anzusprechen oder gar Jubelrufe auszustoßen, war strengstens untersagt
     worden. Zwar hatten die Männer von Georges

Weitere Kostenlose Bücher