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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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einen Narren. Allerdings kann ich Sie beruhigen: Die Luftfahrer-Kompanie wurde erschaffen,
     um im Hintergrund zu bleiben und von großer Höhe aus den Feind auszukundschaften. An Gefechten wird sie nicht teilnehmen,
     schon alleine deshalb nicht, weil ein Ballon die Armee viel zu viel Geld kostet, als dass man ihn auf diese Weise gefährden
     würde.»
    André nickte. Er schloss kurz die Augen. In seiner Erinnerung tanzte eine bekannte Handschrift über einen Briefbogen. «Meine
     zweite Bedingung ist folgende: Ich will nicht in den Osten geschickt werden», sagte er grimmig.
    Bonaparte konnte eine Geste der Verärgerung nicht unterdrücken. «Monsieur, Sie überschätzen Ihre Lage!»
    André runzelte die Stirn. «Ich verstehe nicht. Belgien ist erobert. Flandern und Maastricht gehören uns. Polen wurde von Russland,
     Preußen und Österreich einverleibt und existiert nicht mehr, ihre Eroberer sind satt und friedenswillig. Was soll die französische
     Armee noch im Osten?»
    Auf den Lippen des Offiziers blitzte das hungrige Lächeln auf, das André schon kannte. «Zum Beispiel die natürlichen Grenzen
     unserer Heimat wieder als Landesgrenzen |431| durchsetzen. Die Pyrenäen. Die Alpen. Und das linke Rheinufer.»
    André fragte spöttisch: «Das Gallien von Cäsar? Ist das Ihr Traum, General?»
    «Nein. Das sind die kleinlichen Visionen der convention», gab der Offizier kalt zurück.
    Auf einmal fröstelte André. Vor seinen Augen erschien die albtraumhafte Vorstellung einer endlosen, unüberschaubaren Abfolge
     von Schlachtplätzen. War das die Republik, die er sich immer ersehnt hatte? Ein eroberndes, blutrünstiges Monster, das alles
     niederwalzte, das sich ihm in den Weg stellte?
    «Ich ahne, Sie stellen nicht nur anderen Bedingungen, sondern auch sich selbst, Levallois», unterbrach der schlechtgekleidete
     Offizier seine Gedanken. «Doch Sie sollten sich nur solche Bedingungen stellen, die Sie auch erfüllen können. Ich schlage
     vor, dass Sie sich als Erstes vornehmen, Ihr Leben zu retten. Das ist angesichts Ihrer Situation schon Herausforderung genug.»
    André schlug den Blick nieder. Er nickte mit geballten Fäusten. Irgendwann würde er selbst wieder seine Ziele feststecken.
     Irgendwann. Er hob den Kopf wieder. «Darf ich fragen, weshalb Sie mich nicht im Gefängnis beließen, General? Wieso nehmen
     Sie mir die Geschichte ab, die ich zu Protokoll gegeben habe? Vielleicht habe ich ja wirklich wissentlich dazu beigetragen,
     den kleinen Capet zu befreien!»
    Bonaparte sah auf seine abgewetzten Stiefelspitzen. «Ach, Sie meinen diese abenteuerliche Geschichte von der Flucht mit dem
     Ballon? Das Ganze gilt doch längst als Witz in den Regierungskreisen. Der, der am lautesten darüber lacht, ist übrigens Barras.
     Außerdem: Wie sollte Ihre Anklage wohl lauten? Louis-Charles Capet ist bekanntlich in seiner Zelle an den Folgen seiner Krankheit
     gestorben und wurde in einem Massengrab beigesetzt. Drei Ärzte, die am Bett des Kindes standen, konnten das bezeugen. Sie
     alle haben schriftlich Zeugnis darüber abgelegt, ehe der Tod sie dahinraffte.»
    André starrte den Offizier an. «Tot? Alle drei Ärzte, die |432| Louis-Charles’ Tod bezeugten, sind gestorben? Gab es einen Unfall?»
    Der General zuckte mit keiner Wimper. «Nein. Sie alle sind verschiedenen Krankheiten erlegen. Innerhalb von fünf Tagen.»
    André spürte, wie er erbleichte. Sein Geist arbeitete fieberhaft. Barras oblag die Pflicht, die Ärzte rufen zu lassen. Hatten
     diese geahnt, dass das zu untersuchende Kind das falsche war? Hatte der Politiker sich ihrer deshalb entledigt? Marie-Provence
     hatte erwähnt, ihre Freundin Thérésia hätte den Politiker als korrupt und skrupellos bezeichnet. Wenn Barras vor solchen Mitteln
     nicht zurückscheute, so war auch Andrés Leben, der Zeuge war von Barras’ Versagen und dessen Karriere gefährden könnte, keinen
     Pfifferling mehr wert.
    Was aber spielte dieser Bonaparte für eine Rolle? War es wirklich Andrés technisches Können, das ihn begeisterte und das er
     für die Armee sichern wollte? Bis vor kurzem mochte es sich noch so verhalten haben. Doch würde der General deshalb jemanden,
     der des Hochverrates verdächtigt wurde, aus dem Gefängnis holen? Bonaparte hatte schließlich gesagt, in Meudon existiere bereits
     eine Truppe von Männern, die ebenso fähig war wie André, einen Ballon zu bauen und zu fliegen. Wollte dieser Bonaparte sich
     nicht vielleicht eher ein Druckmittel auf

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