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Die Bank im Park

Die Bank im Park

Titel: Die Bank im Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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worden, und sagte zum Marquis de Bréguérac: »Das kann ich nicht glauben.«
    »Was könnt Ihr nicht glauben?«
    »Das, was hier steht.«
    »Und was steht da? Ich kenne, wie gesagt, den Inhalt des Briefes nicht.«
    »Der Dauphin lädt mich zum Hofball ein.«
    Das konnte nun auch der Marquis de Bréguérac nicht glauben, und so stieß er denn hervor: »Zu was lädt der Dauphin ein?«
    »Zum Hofball.«
    Der Marquis fiel völlig aus der Rolle.
    »Unmöglich!«
    »Bitte, überzeugt Euch selbst«, sagte Chartier und überließ dem anderen den Brief.
    »Unmöglich!« stieß der edle Marquis dann noch einmal kopfschüttelnd hervor, obwohl ihm der Text des Briefes keine andere Möglichkeit gelassen hatte, als das zu glauben, was von Chartier gesagt worden war.
    Warum das Ganze unmöglich war, das ging aus der Frage hervor, die der Edelmann an den Dichter richtete: »Was wolltet Ihr denn anziehen?«
    Darauf fand Chartier nicht gleich eine Antwort, und für den Marquis war alles klar.
    »Ihr dürft der Einladung keine Folge leisten«, sagte er. »Das ist die einzige Lösung, auch in Euren Augen, glaube ich. Ihr könnt ja Eure Krankheit vorschützen. Am besten wird sein, ich sage selbst dem Dauphin Bescheid. Ja, das tue ich, ich verspreche es Euch.«
    Sein ganzer Stolz bäumte sich in Alain Chartier auf.
    »Nein!« sagte er mit fester Stimme.
    »Was nein?« fragte überrascht der Marquis.
    »Ich nehme die Einladung an!«
    »Ihr nehmt …«
    Der Marquis verstummte.
    Dann fielen ihm die Damen ein, die am Hofball teilnehmen würden, und entsetzt rief er: »Wozu denn? Ihr werdet nicht zu einem einzigen Tanz kommen!«
    »Zu einem vielleicht doch.«
    »Impossible! Mit wem?«
    »Mit Ihrer Königlichen Hoheit.«
    Verblüfft, ja geschlagen schwieg der Marquis. Gewiß, das war durchaus möglich, der exzentrischen Dauphine mußte man alles zutrauen, gerade im Zusammenhang mit diesem Dichter hier. Bewies das nicht der Vorfall im Bois de Boulogne?
    Eine letzte Hoffnung hegte der Marquis, der inzwischen den Brief an Chartier zurückgegeben hatte.
    »Die Einladung gilt ja«, sagte er, auf den Brief in Chartiers Hand zeigend, »schon für den heutigen Tag.«
    »Ich weiß«, nickte der Dichter. »So steht's, deutlich genug geschrieben, auf dem Papier.«
    »Der Dauphin konnte, als er dieser Laune nachgab, nicht ahnen, was sich schon sehr bald ereignen würde. Verschwörer trachteten ihm nach dem Leben.«
    »Die finsteren Pläne konnten, wie ich annehme, abgewendet werden, sonst stündet Ihr nicht hier und würdet mir von ihnen berichten.«
    »In der heutigen Nacht erst setzten unsere Gegenschläge ein.«
    »Und ich wiederhole: Die Gegenschläge waren, nehme ich an, von Erfolg gekrönt.«
    »Aber der Dauphin hat jetzt trotzdem noch etwas anderes im Kopf als Hofbälle. Das will ich sagen.«
    »Ihr meint, die Veranstaltung fällt aus?«
    »Ganz sicher!«
    »Sollte dem so sein, werde ich es früh genug am Einlaß des Schlosses erfahren.«
    Zorn bemächtigte sich des Kommandanten der Garde.
    »Ihr bleibt also stur?«
    »Stur? Was heißt das denn? Ich kenne dieses Wort nicht.«
    »Es stammt aus dem Deutschen. Ich hörte es oft während eines Aufenthalts in Trier am Rhein. Es trifft genau Euer Verhalten.«
    »Liegt Trier nicht an der Mosel?« antwortete Chartier in unverkennbarem Spott.
    Der Marquis errötete.
    »Kann sein«, meinte er wegwerfend. »Ob Rhein oder Mosel, das ist egal. Ein Wasserlauf war's, auf dem wir mit dem Schiff gefahren sind. Entscheidend ist etwas anderes, nämlich eben die Tatsache, daß Ihr, wie gesagt, stur bleiben wollt.«
    »Langsam verstehe ich, was das Wort zum Ausdruck bringen will.«
    »Was denn?«
    »Beharrlichkeit.«
    »Nein, nein!« rief der Kommandant. »Der Unterschied ist groß! Beharrlichkeit ist etwas Positives! Sturheit, wie das Substantiv im Deutschen heißt, ist etwas Negatives!«
    »Und Ihr meint also, es wäre etwas Negatives, wenn ich der Einladung des Dauphin Folge leisten würde?«
    »Ja.«
    Ein neuer Hustenanfall erschütterte plötzlich Chartiers Körper. Blut wurde am Mund wieder sichtbar. Der Dichter mußte sich aufs zerwühlte Bett setzen.
    Als der Anfall vorüber war, sagte der Marquis: »Seht Euch doch an, Ihr könnt Euch nicht einmal mehr auf den Beinen halten und wollt zu einem Ball gehen; das ist lächerlich!«
    »Ich kenne das«, antwortete Chartier mit schwacher Stimme. »Es wechselt ab. Kurz darauf kann es sein, daß ich mich wieder erstaunlich kräftig fühle. Auf eine solche Phase hoffe ich

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