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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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großartigen antiken Rollschreibtischen steht, die genau die richtige gediegene Atmosphäre von altem Geld verbreiten. Wenn Klienten kommen und es hier von Bankiers nur so wimmelt, dann ist dieser Raum das erste, was sie zu Gesicht bekommen. Es sei denn, wir versuchen eine große Nummer an Land zu ziehen. In dem Fall schleusen wir den Betreffenden direkt durch den Privateingang auf der Rückseite und führen ihn am Küchenchef Charles und seiner edlen Küche vorbei. Charlie rennt weiter. Ich bin direkt hinter ihm. »Mach dir keine Sorgen«, ruft er mir zu. »Ich liebe dich trotzdem, selbst wenn Shep es nicht tut.«
    Am Nebenausgang tippen wir unseren Code in die Tastatur direkt neben der dicken Stahltür. Sie öffnet sich mit einem Klicken, und wir gelangen in einen kurzen Vorraum, an dessen anderem Ende sich eine Drehtür befindet. In unserem Wirtschaftszweig nennen wir so etwas eine Menschenfalle. Die Drehtür öffnet sich erst, wenn die Tür hinter uns geschlossen wird. Gibt es ein Problem, dann schließen sich beide, und man sitzt fest.
    Unbekümmert zieht Charlie die Metalltür hinter sich zu. Ein leises Zischen ertönt. Titaniumbolzen rasten ein. Danach ertönt ein lautes Klacken vor uns. Die magnetischen Schlösser geben die Drehtür frei. An beiden Enden des Raumes befinden sich Kameras, die so gut versteckt sind, daß nicht einmal wir wissen, wo sie sich befinden.
    »Komm schon«, fordert mich Charlie auf und stürmt weiter. Wir kreiseln durch die Drehtür und werden auf das von schmutzigem Schnee bedeckte Trottoir der Park Avenue gespuckt. Hinter uns verschwindet die bescheidene Ziegelfassade der Bank unverdächtig in der niedrigen Architektur. Aus genau diesem Grund wendet man sich überhaupt an eine Privatbank. Es ist wie eine amerikanische Version einer Schweizer Bank, wo man die Geheimnisse der Klienten sicher schützt. Deshalb ist auch das einzige Zeichen an der Vorderseite ein Messingschild, das speziell so entworfen wurde, daß man es übersieht. Greene & Greene, gegr. 1870 steht drauf. Obwohl nur sehr wenige Leute von Privatbanken auch nur gehört haben, sind sie näher, als man glaubt. Es ist das kleine, unauffällige Gebäude, an dem die Menschen jeden Tag vorübergehen. Das Haus ohne Werbung, bei dessen Anblick sich die Leute immer fragen: »Was ist da eigentlich drin?«
    Charlie springt über einen frisch geschippten Schneehaufen und tritt an die Straße. Ein kurzer Wink verschafft uns sofort ein Taxi, ein Gaspedal befördert uns in die City, und ein Blick von meinem Bruder bringt mich dazu, den Fahrer zu fragen: »Wie läuft’s denn so?«
    »Geht so«, antwortet der Cabbie. »Und selbst?«
    »Großartig«, erwidere ich und starre aus dem Fenster in den dunklen Himmel. Vor einer Stunde habe ich noch vierzig Millionen Dollar berührt. Und nun hocke ich im Fond eines verbeulten Taxis. Als wir über die Brooklyn Bridge fahren, werfe ich einen Blick über die Schulter. Die ganze City mit ihren Lichtern und ihrer beeindruckenden Skyline wird von dem Rückfenster eingefaßt. Je weiter wir fahren, desto kleiner wird das Bild. Als wir zu Hause ankommen, ist es verschwunden.
    Schließlich hält das Taxi vor einem Sandsteinhaus aus den zwanziger Jahren kurz hinter der Grenze zu Brooklyn Heights. Technisch gesehen liegt es im rauheren Viertel Red Hook, aber die Adresse lautet noch Brooklyn. Sicher, in der Treppe fehlen ein oder zwei Ziegelsteine, die Eisenstangen vor dem Fenster meiner Souterrainwohnung sind zerbrochen und rostig, doch die billige Miete erlaubt mir, in einer Gegend zu wohnen, die ich gern meine Heimat nenne. Plötzlich sehe ich, wer auf meiner Treppe wartet.
    Unsere Blicke treffen sich, und ich weiß, daß ich in der Klemme stecke.
    Charlie sieht meine Miene und folgt meinem Blick. »Meine Güte«, flüstert er. »Wie schön, dich zu kennen.«
3. Kapitel
    »Hier, bezahl du!« rufe ich und werfe Charlie meine Brieftasche zu. Gleichzeitig trete ich die Tür des Taxis weiter auf. Mein Bruder fischt einen Zwanzig-Dollar-Schein heraus, sagt dem Fahrer, er solle den Rest behalten, und hüpft aus dem Taxi. Die Show will er sich auf keinen Fall entgehen lassen.
    Noch während ich über das Eis schlittere, stammele ich schon eine Entschuldigung. »Beth, es tut mir so leid. Ich habe es vollkommen vergessen!«
    »Was vergessen?« Ihre Stimme ist so ruhig und freundlich, wie sie nur sein kann.
    »Unser Abendessen … ich habe dich doch eingeladen …«
    »Keine Sorge, ist schon alles erledigt.«

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