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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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meine Worte so zu achten, als hätte Sextus persönlich gesprochen.«
    Doroga übersetzte für Große Schultern, der seinen Speer mit dem einen Ende auf den Boden stellte und Isana stirnrunzelnd ansah. Schweigend starrten auch die anderen Eismenschen sie an.
    Auf eine Eingebung hin ließ Isana ihre Gefühle, die sie für gewöhnlich streng in ihrem Inneren einkapselte, aus sich herausströmen. Sie wandte sich Große Schultern zu. Irgendwie wusste sie, was sie sagte, war nicht so entscheidend. Wichtiger war, welche Absichten dahinter standen.
    »Ich weiß, es wurde viel Blut vergossen. Aber wir stehen jetzt einer neuen Bedrohung gegenüber, die für unsere beiden Völker tödlich enden könnte. Deshalb möchten wir Frieden schließen, damit wir diesen Feind bekämpfen können. Aber gleichzeitig ist es auch eine Möglichkeit, einen dauerhaften Frieden zu schaffen, wie er bereits zwischen uns und den Marat besteht.«
    Große Schultern starrte sie noch eine Minute wortlos an, während Doroga ihre Worte in seiner Sprache wiederholte. Der Eismensch sah zur Seite, als Doroga fertig war. Sie wechselten mehrfach Worte. Doroga nickte, und seine Miene wirkte ruhig.
    Große Schultern grunzte. Es gab wieder einen Schwall dieser verschlungenen Emotionen, zu schnell, zu dicht und zu stark, um sie einzeln zu erspüren. Dann drehten sich die Eismenschen wie ein Mann um, schlurften durch den Schnee davon und verschwanden in dem ersten Wäldchen außer Sicht.
    Isana seufzte und bemerkte, dass ihre Hände zitterten – aber nicht der Kälte wegen.
    »Na ja«, meinte Aria, »sie lehnen ab.«
    »Dessen bin ich mir nicht so sicher«, entgegnete Isana. »Doroga?«
    Doroga zuckte mit den Achseln. »Große Schultern glaubt dir. Aber sein Wort ist nicht das Wort aller Gadrim-ha. Er ist der jüngste seines Ranges und hat den geringsten Einfluss. Jetzt wird er sich mit den anderen Kriegerhäuptlingen besprechen.«
    »Sie hätten nicht auch einen ranghöheren Vertreter schicken können?«, fragte Aria.
    »Nein, denn sie haben eine Falle vermutet«, erwiderte Doroga. »Und dementsprechend haben sie sich verhalten.«
    »Wie lange?«, fragte Isana. »Wie lange dauert es, bis er zurückkehrt?«
    »So lange es eben dauert«, antwortete Doroga gelassen. »Man braucht schon etwas Geduld, wenn man mit den Gadrim-ha verhandelt.«
    »Uns läuft die Zeit davon«, sagte Isana leise.
    Doroga brummte. »Vielleicht hätte Sextus dann eher jemanden schicken sollen und nicht erst heute.« Er nickte ihnen zu, ging zu seinem Garganten Wanderer und zog sich rasch an dem Seil zum Sattel hoch. Dort hob er seinen Stock zum Gruß. »Ich gebe euren Legionares ein Zeichen, wenn sie zurückgekehrt sind.«
    »Danke«, antwortete Isana.
    Der Marat nickte ihnen zu und murmelte Wanderer etwas zu. Daraufhin drehte sich der Gargant um und trabte ruhig durch den Schnee auf der Fährte der Eismenschen davon.
    Isana schaute ihm hinterher und atmete tief durch. »Kommt«, sagte sie zu ihren Begleitern.
    Arias Blick ruhte auf den Bäumen, hinter denen die Fremden verschwunden waren. »Wohin?«
    »Zurück zur Mauer«, sagte Isana. »Da gibt es einige Fragen, auf die ich eine Antwort möchte.«

22

    Amara beugte sich nah zu ihrem Gemahl vor und flüsterte ihm genau ins Ohr: »Wir müssen reden.«
    Bernard nickte. Dann legte er die Hand auf den Boden, und Amara spürte ein leichtes Beben unter ihren Füßen, als er seinen Erdelementar Brutus rief, damit er ein Versteck schuf. Einige Sekunden später begann die Erde unter ihnen einfach zu zerfließen und rutschte unter ihren Sohlen auseinander. Sie sanken nach unten.
    Amara schauderte, als die Erdwände sie umschlossen. So musste es für eine Leiche aussehen, wenn sie ins Grab hinuntergelassen wurde. Im nächsten Moment war der Himmel verschwunden, da die Erde ein Dach über ihnen bildete. In der kleinen Kammer, die Bernard erschaffen hatte, herrschte vollständige Dunkelheit.
    »Hier können wir reden«, murmelte er. Er flüsterte, und doch klang es in Amaras Ohren nach tagelangem Schweigen fast wie Gebrüll.
    Sie erzählte ihm alles, was sie am Ende der Schlacht gesehen hatte.
    Bernard atmete schwer aus. »Fürstin Aquitania ist eine Besessene?«
    Amara schüttelte den Kopf, bis ihr einfiel, dass er die Geste in der Dunkelheit nicht sehen konnte. »Ich glaube nicht. Die Besessenen, die wir gesehen haben, bewegen sich wie wandelnde Leichen. Sie hatten nie einen Ausdruck im Gesicht. Sie waren auch nicht …« Niedergeschlagen seufzte

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