Die Befreier von Canea
kann.«
Marcus runzelte die Stirn. »Aha, ich glaube, ich verstehe. Varg kann uns nicht warnen, aber ihr.«
Sha zuckte zur Bestätigung mit den Ohren. »Unsere Ehre ist mit Gehorsam und Erfolg verbunden, gleichgültig, welche Mittel wir anwenden. Wir dienen. Wir gehorchen.«
»Wir dienen«, murmelten Nef und Koh. »Wir gehorchen.«
Wieder donnerte es, diesmal in erschreckender Nähe, und der Wind erhob sich zu Geheul. Doch unter dem Getöse des Sturms hörte Marcus einen anderen Laut, ein Klagen, tiefer und länger und gewaltiger als der Donner, ein Laut, den Marcus erst ein einziges Mal vor vielen Jahren vernommen hatte.
Es war der Schrei eines Leviathans, eines dieser Titanen der Meere, die leicht ein Schiff, und zwar sogar eins von der Größe der Treues Blut , in Kleinholz verwandeln konnten. Stürme rüttelten sie häufig wach, und in der aufgepeitschten See fiel es den Wasserhexern wesentlich schwerer, ihre Schiffe vor diesen Ungeheuern zu verbergen.
Aleraner und Canim würden in diesem Sturm sterben.
Marcus schluckte seine Angst hinunter, setzte sich mit dem Rücken zur Wand und schloss die Augen. Wenn die Jäger ihm etwas hätten antun wollen, so hätten sie damit längst angefangen. Deshalb konnte er sich in aller Ruhe Sorgen über die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit machen, dass ein wütender Leviathan die Treues Blut zerschmetterte und alle an Bord der Gnade des tosenden Meeres aussetzte.
Allerdings fand Marcus diese Vorstellung gar nicht so übel. Vermutlich hatte alles seine Vor- und Nachteile. Ein solcher Tod wäre zwar nicht weniger grausam, aber wenigstens nicht persönlich gemeint. Es gab weitaus schlimmere Todesarten.
Zum Beispiel könnte der Princeps ebenfalls herausfinden, was die Jäger aufgedeckt hatten: Valiar Marcus war keinesfalls ein einfacher Veteran und Zenturio in einer aleranischen Legion. Sondern er war genau das, was man ihm gerade unterstellt hatte, ein Spion, der unter falschem Namen seine Arbeit tat. Jedoch würden die Jäger kaum ahnen, dass er noch in Alera von den Todfeinden des Princeps eingeschleust worden war. Aber wenn jemand von den Leuten des Princeps oder, die Großen Elementare mochten es verhüten, Octavian selbst herausfand, dass hinter Valiar Marcus in Wirklichkeit Fidelias ex Kursori steckte, ein Diener derer von Aquitania und ein Verräter an der Krone, so würde er wohl als Krähenfutter enden.
Fidelias hatte den Dienst bei Fürst und Fürstin Aquitania quittiert. Und so betrachtete er seinen Abschiedsbrief als eine der mit Abstand deutlichsten Botschaften, die er je verschickt hatte – der einzige Makel daran war, dass er die kaltblütige Hohe Fürstin Aquitania Invidia nicht auch umgebracht hatte. Aber das würde keine Rolle spielen. Sobald man entdeckte, wer er war, hatte er sein Leben verwirkt. Das wusste Fidelias. Er hatte sich damit abgefunden. Nichts, was er tat, konnte den Umstand ungeschehen machen, dass er seinen Eid gegenüber der Krone gebrochen und sich mit Verrätern eingelassen hatte, die Gaius vom Thron stoßen wollten.
Eines Tages würde er für seine Verbrechen gekreuzigt werden.
Bis dahin aber wusste er, wer er war und was er zu tun hatte.
Valiar Marcus schloss die Augen und fiel fast augenblicklich in Schlaf, eine Fertigkeit, wie sie jeder erfahrene Soldat beherrschte.
3
Amara, die Gräfin von Calderon, wischte sich den Schweiß von der Stirn und betrachtete mit einer gewissen Zufriedenheit die Wolkendecke, die immer dünner wurde. Wieder einmal hatten die hiesigen Windelementare versucht, mit vereinten Kräften über das Volk des Calderon-Tals herzufallen und einen der gefährlichen Elementar-Orkane zu entfachen, vor denen die Wehrhöfer in den Steingebäuden Schutz suchen mussten. Und wieder einmal hatte sie erfolgreich einschreiten können, ehe der Sturm richtig losgebrochen war.
Eigentlich war es nicht besonders anstrengend, ein solches Unwetter zu verhindern, solange sie nur rechtzeitig damit begann. Es musste schon einiges geschehen, ehe ein Sturm genug Gewalt entwickelte, um die Menschen unter der Obhut ihres Gemahls zu bedrohen, und wenn sie gleich zu Anfang einschritt, konnte sie ihn ganz verhindern. Das hatte sie selbst überrascht.
Dabei hätte es sie gar nicht wundern sollen. Es war stets leichter, etwas zu zerstören als etwas zu erschaffen. Da brauchte man nur ihre Treue zum Ersten Fürsten zu betrachten. Oder ihr Vertrauen und ihre Zuneigung zu Fidelias, ihrem Mentor.
Die bitteren Gedanken riefen stillen
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