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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hatte allerdings weniger Schwierigkeiten mit der Größe der Stufen. Er neigte den Kopf leicht Tavi zu, der die Geste ganz genau gleich erwiderte. Wie ein Mann wandten sie sich den auf dem Anleger versammelten Kriegern zu.
    Es herrschte Stille.
    Niemand rührte sich.
    Tavi rang mit sich. Sollte er etwas sagen, um das Eis zu brechen? In seiner Zeit an der Akademie, wo er auch zum Kursor ausgebildet worden war, hatte er viel über Diplomatie und Protokoll gelernt. So hätte er jetzt mehrere Möglichkeiten gewusst, was er tun könnte. Einen Augenblick lang dachte er darüber nach, dann entschied er sich zugunsten einer Lektion, die ihm sein Onkel Bernard auf dem Wehrhof beigebracht hatte: Ein Mann würde sich nur in den seltensten Fällen zum Narren machen, wenn er einfach den Mund hielt.
    Also schwieg Tavi und wartete.
    Einen Moment später hörte man Schritte, und ein Läufer näherte sich. Es handelte sich um einen jungen erwachsenen Cane, der schlank und schnell war und beinahe rannte wie ein Pferd, wobei sein eigenartiger Mantel hinter ihm im Wind flatterte. Sein Fell hatte eine seltsame Farbe, wie er sie bei einem Wolfskrieger noch nie gesehen hatte, ein blasses Goldbraun, das an den Spitzen von Ohren und Schwanz weiß wurde. Er lief in großen Sätzen bis zum Ende des Anlegers, bot einem der Krieger die Kehle dar und knurrte auf Canisch: »Es ist geschehen wie vereinbart.«
    Der betreffende Krieger zuckte zur Bestätigung mit den Ohren und trat vor. Er stellte sich vor Varg und blieb in einem Abstand vor ihm stehen, der vermutlich ungefähr der Reichweite des Schwertes entsprach.
    »Varg«, knurrte der fremde Cane. »Du bist hier nicht willkommen. Geh.«
    Varg kniff die Augen zusammen, und seine Nasenlöcher bebten. »Tarsh«, fauchte er, voller Verachtung in der Stimme. »Hat Lararl seinen Verstand im Schnee verloren, dass er dich hier zum Rudelmeister gemacht hat?«
    Tarsh hob eine Pfotenhand und zog seine Mantelkapuze zurück. Darunter kam ebenfalls goldfarbenes Fell zum Vorschein. Auf seiner Schnauze waren große Narben, eine davon quer über die schwarze Haut der Nasenspitze. Ihm fehlte ein halbes Ohr, und wie Tavi nun bemerkte, trug er statt eines Schwertes eine Axt an der Hüfte, die auf der anderen Seite der Klinge mit einem tückischen Dorn gespickt war.
    »Hüte deine Zunge, Varg«, fauchte er zurück. »Ein Wort von mir, und dein Blut fließt ins Meer.«
    »Falls dir jemand zuhört«, entgegnete Varg. »Ich verhandle nicht mit aasfressenden Schnauzenleckern wie dir, Tarsh. Du wirst deinen Männern Befehl geben, meine Leute in den Hafen zu lassen. Ich werde dir mein Wort geben, dass wir den Frieden wahren. Wir gehen hier an Land und schlagen unsere Lager vor eurer Stadt auf, damit ihr euch sicher fühlen könnt. Außerdem wirst du mir einen Kurier zur Verfügung stellen, damit ich Lararl von unserer Anwesenheit in Kenntnis setzen kann. Dann kann er jemanden schicken, der die Statur hat, mit uns zu verhandeln.«
    Tarsh fletschte die Reißzähne. »Wir sind hier nicht in Narash, Baumläufer. Hier hast du gar nichts zu befehlen.«
    »Ich bin Gadara von Lararl, Tarsh«, knurrte Varg. »Und jeder Krieger in eurem Gebiet weiß das. Lararl wird jedem die Kehle herausreißen, der ihn um das Vergnügen bringt, mein Blut persönlich zu vergießen.«
    Tarsh fauchte: »Natürlich werde ich Lararl einen Boten schicken. Aber mehr nicht. Du kannst hier auf die Antwort warten. Deine Schiffe bleiben so lange dort, wo sie sind.«
    »Unannehmbar!«
    Tarsh lachte bellend. »Du wirst es schon annehmen, Varg. Hier bin ich der Rudelmeister.«
    »Es gibt Sturm«, sagte Varg. »Viele meiner Schiffe sind beschädigt. Wenn sie nicht in den Schutz des Hafens dürfen, werden sinnlos Leben geopfert.«
    »Was kümmert das Shuar, Affe aus Narash? Meine Krieger haben ihre Befehle. Wenn deine Schiffe versuchen, in die Förde einzulaufen, werden wir sie versenken.«
    Varg zeigte seine Reißzähne. »Nennst du das shuaranische Gastfreundschaft? Shuaranische Ehre?«
    »Wenn dir das nicht genügt«, schlug Tarsh spöttisch vor, »such dir doch etwas anderes.«
    Varg kniff die Augen noch enger zusammen. »Wäre ich nicht durch Ehrenbund dazu verpflichtet, meine Kämpfe mit Lararl und nicht mit seinen Rudelmeistern auszutragen, würde ich dir jetzt an die Kehle gehen.«
    Tarshs höhnisches Zähnefletschen wirkte noch selbstzufriedener. »Wenn man alt und schwach wird, versteckt man sich gern hinter solchen Ausreden.«
    Varg antwortete nicht,

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