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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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sich aufrichten und Tarsh die Spitze der Waffe an die Kehle drücken.
    »Keine Bewegung!«, donnerte Varg in befehlsgewohntem Ton, und seine Stimme hallte von den Steinen wider und durch den ganzen Hafen. Tatsächlich verfielen alle in Reglosigkeit, alle Krieger, einer sogar mitten in der Bewegung, mit der er seine Waffe schleudern wollte. Es sah aus, als wären sie durch einen plötzlichen Temperatursturz eingefroren.
    Tavi hatte bereits innegehalten, noch bevor Varg gesprochen hatte. Seine Schwertspitze bohrte sich einen Viertelzoll tief in Tarshs Kehle. Ein dünnes Rinnsal Blut sickerte hervor und lief über den glänzenden Stahl des Gladius . Tarsh verharrte reglos. Das Schwert fiel ihm aus der Pfotenhand und landete klirrend auf dem Boden.
    Ohne den Blick von Tarsh abzuwenden, nickte Tavi Varg zu. »Ich weiß die Höflichkeit zu schätzen.«
    »Gewiss, Gadara «, knurrte Varg.
    Tarshs Ohren zuckten vor Schreck, und er riss die Augen auf.
    »Hör mir gut zu, Rudelmeister«, sagte Tavi leise – so leise, dass es die anderen Canim-Krieger nicht hörten, hoffte er. »Varg hat mich zu seinem Gadara ernannt, und ich habe entsprechend gehandelt. Ich werde nicht zulassen, dass du sein Ehrgefühl ausnutzt, um seinen Ruf zu beschmutzen.« Er kniff die Augen zusammen. »Sein Ruf soll makellos sein, wenn ich Varg töte. Hast du mich verstanden?«
    Tarsh wirkte noch einige Sekunden lang schockiert, ehe seine Lippen an einer Seite der Schnauze bebten und er kurz die Zähne fletschte.
    Tavi stampfte auf die Pfote, die er mit dem Gladius durchbohrt hatte.
    Tarsh brauchte einige Augenblicke, bis er wieder Luft bekam.
    »Ich habe dir eine Frage gestellt«, sagte Tavi.
    Tarsh fletschte jetzt ernsthaft die Reißzähne. »Ich habe dich verstanden.«
    »Gut«, erwiderte Tavi, bückte sich und zog den Gladius aus dem Stein und aus Tarshs unglücklichem Fuß. Dann nahm er dem Cane mit dem goldfarbenen Fell die Klinge von der Kehle und trat rasch zwei Schritte zurück. Er hob die Stimme und sagte: »Jetzt heb dein Schwert auf.«
    Tarsh starrte Tavi an.
    »Hast du mit deinem Ohr auch dein Gehör verloren?«, fragte Tavi scharf. »Heb dein Schwert auf.«
    Der Cane fauchte und nahm seine Waffe – und bemühte sich dabei, wie Tavi auffiel, den verletzten Fuß nicht zu belasten.
    »Aus Respekt vor Lararl, der seinerseits von Varg respektiert wird, habe ich dich nicht gleich getötet«, sagte Tavi. »Stattdessen lasse ich dir die Wahl. Benimm dich ehrenhaft Varg gegenüber, so wie es Lararl von dir erwarten würde, oder stelle dich mir hier und jetzt vor all deinen Kriegern und kämpfe mit mir bis zum Tod. Und nachdem ich dich getötet habe, stelle ich deinen Nachfolger vor die gleiche Entscheidung.«
    Tarshs Augen glitzerten. »Was veranlasst dich zu der Annahme, du wärst meiner Aufmerksamkeit würdig, aleranischer Abschaum?«
    Tavi streckte einladend die Schwerter aus. »Ich habe die Größe eines halb erwachsenen Welpen, Tarsh. Deine Reichweite ist doppelt so groß wie meine, und du bist dreimal so schwer. Du bist um ein Mehrfaches stärker als ich, und du kämpfst auf heimischem Boden mit deinen Männern im Rücken. Abgesehen von dem kleinen Loch in deinem Fuß hast du alle Vorteile auf deiner Seite. Sicherlich hätte nur ein Feigling von sagenhaften Ausmaßen Angst vor einem Kampf mit mir .«
    Aus den Reihen der Krieger ließ sich hustendes Knurren vernehmen, was einem aleranischen Lachen entsprach. Jedenfalls schätzte Tavi es so ein. Am lautesten lachte der verwundete Cane am Boden, derjenige, den Tavi besiegt hatte.
    Tarshs Blick schweifte von einem Krieger zum anderen, und er legte die Ohren leicht an.
    Tavi konnte seinem Gedankengang ohne Schwierigkeiten folgen. Einen Moment zuvor hätte Tarsh seinen Männern vielleicht noch befehlen können, Tavi zu töten wie irgendein Tier. Jetzt jedoch hatte sich die Lage grundlegend gewandelt. Varg hatte Tavi als Gadara bezeichnet, als respektierten Feind, ein Wort, das unter den Wolfskriegern in höherem Ansehen stand als »Freund«. Außerdem hatte Tavi eine persönliche Herausforderung ausgesprochen und damit die Angelegenheit in eine Sache Mann gegen Mann verwandelt. Am schwersten jedoch wog, dass Tavi die Tugenden an den Tag gelegt hatte, die bei den Canim-Kriegern besonders hoch geschätzt wurden: Mut, Selbstvertrauen und, das Allerwichtigste, Geschicklichkeit in der Kunst des Kampfes.
    »Überleg es dir gut, Tarsh«, knurrte Varg, dessen Belustigung man kaum übersehen konnte. »Das

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